Interessantes zu Theoretischer Physik

Quanten, Computer, Quantencomputer

Hin zum Quanten-Computer

Schon seit etwa 1980 versuchen Physiker, miteinander verschränkte Quanten auch als Werkzeug für Daten­verar­bei­tung zu nutzen.

So instabil der Zustand verschränkter Quanten auch ist, er hat die Physiker — inzwischen aber auch Unternehmen mit viel Geld, wie etwa Google — nicht davon abhalten können, darüber nachzuden­ken, wie man solche Zustände nutzen könnte, vermarktbare Produkte zu erhalten. Und hierbei werden nun zunehmend Fortschritte erzielt (siehe auch hier und hier).

Insbesondere zur Verarbeitung und zum abhörsicheren Versenden von Information eröffnen die Eigen­arten verschränkter Quantenzustände ganz ungeahnte Möglichkeiten. Welche Perspektiven sich hier ergeben und wie sich Rechenvorschriften ändern müssen, quantenmechanische Informationsverarbei­tung möglich zu machen, untersucht eine neue Wissenschaft, die man heute Quanteninformatik nennt.

Die größte Hoffnung der Quantenphysiker und Quanteninformatiker besteht darin, eines Tages Quanten-Computer bauen zu können. Sie könnten um Größenordnungen leistungsfähiger sein als herkömmliche Rechner.

Um das einzusehen, muss man sich vor Augen führen, wie Information im Rechner dargestellt und ver­arbeitet wird: Heute wird sie dort dargestellt als Folge von Speicherzellen, deren jede genau zweier Zustände fähig ist (also genau ein Bit darstellen kann). Auf einer CD oder DVD etwa, sind das Stellen auf einer Polycarbonat-Scheibe, die entlang einer spiralförmigen Spur angeordnet sind und glatt oder Grube sind (zur Darstellung von 0 oder 1).

Information — codiert als Folge von Werten o oder 1 — wird demnach in Materie eingeprägt nach dem Prinzip der Keilschrift. Allerdings hat man inzwischen gelernt, diese verdinglichte Information nicht nur zu speichern und zu lesen, sondern auch zu modifizieren (d.h. in andere Information umzuwandeln).

Dies geschieht über Prozesse, deren Schritte mit bestimmten gedanklichen Operationen übereinstimmen (Verknüpfung boolscher oder ganzzahliger Werte).

Genau deswegen nennen wir die entsprechenden Geräte Rechner (bzw. Computer).

Diese Operationen im Gerät zu implementieren nutzt man heute (noch) i.W. die Gesetze der klassischen Physik.

Es ist aber absehbar, dass sich in Zukunft auch die Gesetze der Quantenphysik hierfür werden nutzen lassen. Hierzu müsste man zunächst Variable vom Typ Bit ersetzen durch Variable vom Typ QBit, denn die könnten nicht nur zwei Zustände haben, sondern weit mehr (im Prinzip, nicht aber aus praktischer Sicht, sogar unendlich viele). Genauer:

Der Zustand z(a,b) eines Quantenobjekts (= einer Variablen von Typ QBit) ist Linearkombination

a z1 + b z2   (a und b komplexe Zahlen)

zweier Basiszustände z1 und z2.

Da zwei komplexe Zahle vier reelen Zahlen entsprechen, da die aber nach den Regeln der Quanten­mechanik eine bestimmte Gleichung zu Null machen müssen, gibt es ein reel-3-dimensionales Kontinuum solcher Zustände. Praktisch nutzbar aber ist nur eine diskrete Anzahl von ihnen (Hard­ware, muss sie ja schließlich klar voneinander unterscheiden können).

Aber schon wenn man für jede dieser drei Zahlen nur zwei Werte (physikalische Äquivalenzklassen) akzeptieren würde, könnte ein solches QBit schon  2 • 2 • 2 = 8  logische Zustände annehmen.

Mit einem System von nur 10 Quantenobjekten wären so 810 = 1 073 741 824 Bit darstellbar (was, verglichen mit heutiger Speichertechnologie, einer Vergrößerung der Speicherkapazität um immerhin den Faktor 410 = 1 048 576 entspräche, denn 10 Speicherzellen vom Typ Bit können nur 210 = 1024 Bit darstellen).


Nun gibt es da aber ein Problem:

Irgendwann will man das Ergebnis ja auch auslesen, und jene Messung würde den Zustand der das QBit implementierenden Speicherzelle kollabieren lassen, also nur mit bestimmter Wahrscheinlichkeit bestimmte Werte liefern. Somit scheint nichts gewonnen, denn die Information über den Zustand liegt ja nicht in den Messwerten selbst, sondern in der Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens als Messwert. Die aber lässt sich mit Hilfe einer einzigen Messung ja gar nicht entdecken. Man müsste also an vielen gleichen Exemplaren dieselbe Messung vornehmen und aus der Statistik der Messergebnisse das Ergebnis auslesen. Wie aber soll man erreichen, dass die Unsicherheiten, die ja prinzipiell bei jedem statistischen Schluss auftreten, unter jede Schranke fallen? Und würde nicht die dazu notwendige Redundanz den Vorteil der höheren Speicherkapazität wieder zunichte machen?

Hier kommt nun aber der zweite Vorteil der Quantenmechanik zum Tragen, die Tatsache nämlich, dass in ihr alle Prozesse durch Operationen auf Zuständen beschrieben werden können (Honerkamp S. 322-328):

In einer Überlagerung von Zuständen verändert jede physikalische Operation sie alle absolut gleichzeitig. Die Kunst besteht nun darin, Überlagerungen von Zuständen zu finden, deren gleichzeitige Prozessierung für den gewünschten Rechenvorgang relevant ist.

Aber wie konstruiert man solche Operatoren? Nun: Jede noch so komplizierte Rechnung bzw. Verarbeitung von Information lässt sich als Folge einiger weniger Grundoperationen darstellen, die über sog. Gatter implementierbar sind. Die Gatter eines klassischen Rechners sind sehr wenige:

Quantengatter implementieren ähnlich einfache Prozessschritte (Operationen).


Hier nun kommt die Quanteninformatik mit ins Spiel:

Um ein bestimmtes mathematisches Problem
mit Hilfe eines gegebenen Netzwerks von Quantengattern zu lösen,

muss ein Algorithmus gefunden werden,
der seine Lösung als Folge durch Quantengatter implementierter Operationen darstellt.


Um einfach Aufgaben, wie etwa die Addition zweier Zahlen, auzuführen, hat man entsprechende Gattern­Netze schon gefunden. Zudem sind schon erste Algorithmen entdeckt, die uns erlauben, mit Hilfe geeig­neter Quantengatter-Netze so manche Aufgabe weit schneller zu lösen als mit herkömmlichen Rech­nern, so etwa die Aufgabe, die Primzahlzerlegung extrem großer ganzer Zahlen zu finden:

Heutige Rechner benötigen etwa 40 Tage, eine Zahl mit 130 Dezimalstellen in ihre Primfaktoren zu zer­legen, für eine Zahl mit nur doppelt so vielen Stellen würden sie fast 1 Mio Jahre rechnen müssen, denn:

Zudem gilt: Die Quantenmechanik erlaubt noch ganz andere, weit einfachere Verschlüsselungsverfahren als solche, deren Sicherheit darauf beruht, dass die Zerlegung großer Zahlen in ihre Primfaktoren extrem viel Rechenaufwand erfordert. Sie haben zudem den Vorteil, dass jeder unberechtigte Versuch, die Daten zu entschlüsseln, sofort entdeckt und jeder Fehlversuch die Daten zerstören würde.

Demzufolge ist das Gebiet der Quantenkrytographie auch schon sehr weit fortgeschritten. Gut ver­markt­bare Produkte zu haben, wird nicht mehr lange dauern.


Quelle: Josef Honerkamp: Die Entdeckung des Unvorstellbaren (Spektrum-Verlag, 2010), S. 346-356)

Siehe auch: [ZV] 2013 und eher Skeptisches.



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