Philosophie





Zu Hans-Peter Dürrs Philosophie

   


Philosophie der Physik

   





D i s k u s s i o n


 Beitrag 0-220
Einsteins Verhältnis zur Philosophie

 
 

 
Einstein und die Philosophie

 
 
Wert und Problematik der Philosopie — und des Arbeitens der Philosophen — hat meiner Ansicht nach besonders treffend Einstein erkannt:


Einstein zur Philosophie (Zitate):
 
Ist nicht die ganze Philosopie wie in Honig geschrieben? Es schaut wunderbar aus, wenn man es betrachtet, aber wenn man ein zweites Mal hinschaut, ist alles weg.
 
Die Philosophie gleicht einer Mutter, die alle übrigen Wissenschaften geboren und ausgestattet hat. Man darf sie in ihrer Nacktheit und Armut daher nicht geringschätzen, sondern muss hoffen, dass etwas von ihrem Don-Quixote-Ideal auch in ihren Kindern lebendig bleibe, damit sie nicht in Banausentum verkommen.
 
... Oft und gewiss nicht ohne Berechtigung ist gesagt worden, dass der Naturwissenschaftler ein schlechter Philosoph sei. Warum also sollte es nicht auch für den Physiker das Richtigste sein, das Philosophieren den Philosophen zu überlassen?
 
... In einer Zeit, in welcher die Physiker über ein festes, nicht angezweifeltes System von Fundamentalbegriffen zu verfügen glaubten, mag dies wohl so gewesen sein, nicht aber in einer Zeit, in welcher das Fundament der Physik problematisch geworden ist, wie gegenwärtig [1936].
 
In solcher Zeit des durch die Erfahrung erzwungenen Suchens nach einer neuen, solideren Basis kann der Physiker die kritische Betrachtung der Grundlagen nicht einfach der Philosophie überlassen, weil nur er selbst am besten weiß und fühlt, wo ihn der Schuh drückt.
 


Einstein — obgleich stets ein besonders pragmatisch denkender und handelnder Physiker — nahm die Philosophie ernst:
     
  • Schon als 13-jähriger las er Kants Kritk der reinen Vernunft.
     
  • Früh schon befasste er sich eingehend mit den Werken von Ernst Mach und Henri Poincaré.
     
  • Während seiner Zeit in Berlin war Einstein Mitglied eines Philosophenkreises, in dem eifrig diskutiert und gelesen wurde. Noch Jahre später rezipierte er mit Begeisterung Spinoza.
     
  • Auch wies Einstein mehrfach darauf hin, dass Philosophie eingefahrene Vorurteile zu erkennen, wenn nicht sogar zu überwinden hilft.

 
 
Einstein über Wissenschaft und Kunst

 
Auf Bitte eines Zeitschriftenherausgebers zur Modernen Kunst schrieb Einstein:


Einstein (Jan 1921):
 
Wo die Welt aufhört, Schauplatz des persönlichen Hoffens, Wünschens und Wollens zu sein, wo wir uns ihr als freie Geschöpfe bewundernd, fragend, schauend gegenüberstellen, da treten wir ins Reich der Kunst und Wissenschaft ein.
     
  • Wird das Geschaute und Erlebte in der Sprache der Logik nachgebildet, so treiben wir Wissenschaft,
     
  • wird es durch Formen vermittelt, deren Zusammenhänge dem bewussten Denken unzugänglich, doch intuitiv als sinnvoll erkannt sind, so treiben wir Kunst.

Beiden gemeinsam ist die liebevolle Hingabe an das Überpersönliche, Willensferne.
 


 
Quelle: Rüdiger Vaas: Jenseits von Einsteins Universum (2016), S. 411-427.


 

 Beitrag 0-77
Hans-Peter Dürrs Verständnis von Wirklichkeit, Realität, Raum und Zeit

 
 

 
Hans-Peter Dürrs Verständnis von

Wirklichkeit, Realität, Raum und Zeit

 


Dürr (S. 22-23):
 
Die experimentellen Befunde der modernen Physik haben uns zu einer überraschenden Einsicht gezwungen:
 
Alles, was wir durch indirekte Beobachtungen oder durch Abstraktion unserer Wahrnehmungen als Wirklichkeit betrachten und in der Naturwissenschaft als (stoffliche) Realität beschreiben, darf in dieser Form nicht mit der eigentlichen Wirklichkeit — was auch immer wir uns darunter vorstellen wollen — verwechselt werden.
 


 
Sie, Herr Dürr, sprechen davon, dass es im Grunde keine "Zeit" gibt, nur "Gestaltveränderung".

Aber wie soll man sich Veränderung vorstellen ohne jede Ahnung von so etwas wie Zeit?

 


Dürrs Antwort darauf (S. 116-118):
 
Man kann "Zeit" sagen oder man kann "Veränderung" sagen. Beide Begriffe drücken gleiches aus, und beide eigentlich falsch, da wir dazu Substantive verwenden. Substantive sind Begriffe, die sich auf etwas beziehen, das ist, also existiert.
 
Aber ich muss etwas weiter ausholen: Ich habe vielfach davon gesprochen, dass in der Quantenphysik das Primat der Materie durch eine allgemeine "Ver­bundenheit" (oder Ähnliches) ersetzt werden muss, wofür ich u.A. auch die Bezeichnung "Gestaltveränderung" gewählt habe.
 
Verbundenheit aber kann — für unsere Erfahrung grundverschieden — räumlich und zeitlich sein. Wir verwenden daher für den zeitlichen Fall besser den Ausdruck "Veränderung".
 
Ihre Frage, auf den räumlichen Fall bezogen, würde dann lauten: Wie soll man sich Verbundenheit vorstellen ohne auch nur eine Ahnung von Raum zu haben?
 
Hierauf zu antworten erscheint leichter: Im Begriff der Verbundenheit steckt schon eine "Mehrheit" (mehr als eins), die den Raum aufspannt.
 
Der Raum kann eindimensional sein, wie eine Linie, zweidimensional wie eine Fläche usw. (Die 1-dimenionalen Räume lieben wir besonders, weil sie eine eindeutige Anordnung aller Existierenden ermöglichen, etwa im Sinne von kleiner und größer, schlechter und besser.)
 
Der Raum ist nur Konstrukt unseres wachen Bewusstseins.
 
Wenn wir jetzt das Substantiv "Verbundenheit" durch das Verb "verbinden" oder "binden" ersetzen, so tritt die Vorstellung des Raumes ganz zurück.
 
Veränderung (als zeitliche Verbundenheit) ist noch eine Stufe tiefer als die räumliche angelegt. Die Zeit nämlich ist gleich in doppelter Hinsicht ein Konstrukt:
  • Erstens zerren wir sie auf die gleiche Stufe wie den leblosen Raum,
  • und zweitens interpretieren wir sie dann auch — wie den Raum — ontologisch [ als etwas "Seiendes" ].

Die Zeit ist nicht die Schnur, auf der wir Perle um Perle anreihen. Es ist ein Nacheinander von Perlen, das die Schur nur imitiert.
 
"Ändern" [ Veränderung ] verbleibt als ein "durch alles hindurch fließen" ohne begriffen zu werden. Oder deutend und substantivisch verzerrt ausgedrückt:
 
 
Gestaltveränderung ist eine Urerfahrung,

die das Grundwesen unserer Wirklichkeit, zu wirken, widerspiegelt.

 


 
 
Quelle: Die Seitenzahlen beziehen sich auf das Büchlein Hans-Peter Dürr: Auch die Wissenschaft spricht nur in Gleichnissen, Herder (2004)


 

 Beitrag 0-79
Wie es zum Unterschied zwischen dieser oder jener Realität und der Wirklichkeit kommt

 
 

 
Genaueres zum Unterschied zwischen

Realität und Wirklichkeit

 
 
Hans-Peter Dürr — Quantenphysiker und Philosoph — schreibt:
 
Es ist grob unzulässig und falsch, unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit mit der Wirklichkeit schlechthin gleichzusetzen.

 
 
Er erklärt das anhand eines Gleichnisses:
 
Wenn wird denken — auch, wenn wir als Wissenschaftler denken — dann ist es so, als würden wir einen Fleischwolf verwenden:
 
Wir stopfen oben die Wirklichkeit hinein, drehen an einem Hebel mit dem Effekt, dass alles klitzeklein zerhackt und dann die ganze Masse durch eine vorher gewählte Lochscheibe gepresst wird. Was herauskommt sind verschiedenartige Würstchen und Nudeln.
 
Naiv schließen wir dann daraus, die Wirklichkeit bestünde aus eben diesen Würstchen oder Nudeln oder was auch immer, je nachdem, welche Lochscheibe (d.h. welche Modellierung der Wirklichkeit) wir oder unsere Sinne gewählt haben.
 
Das stimmt aber gar nicht, wenn wir das Endprodukt mit den ursprünglich oben Hineingestopften vergleichen: Das Ergebnis unserer Beobachtung — das wir dann als Realität verstehen — ist ganz wesentlich ein Produkt der speziellen Art des Beobachtungsprozesses und der gewählten Erkenntnisstruktur (d.h. der jeweils gewählten Lochscheibe, die dann ja die Form der "Würstchen" bestimmt).
 
Was wir sehen und erkennen, ist  k e i n  getreues Abbild der dahinter verborgenen Wirklichkeit.

 
 
Dies sich klar machend, hat die moderne Physik erkannt:

 
Es gibt — entgegen allem Anschein — überhaupt nichts stofflich Existierendes:
 
Es gibt nur Wandel, d.h. ständige Veränderung durch laufend eintretende Ereignisse,
die ihrerseits wieder die Wahrscheinlichkeit verändern, dass durch sie möglich gewordene weitere Ereignisse tatsächlich eintreten.

 
 
Vorsicht aber: Wir missverstehen in diesem Zusammenhang die Bedeutung von "Wandel" und "Veränderung", wenn wir sie ontologisch beschreiben als "A hat sich über die Zeit hinweg in B verwandelt". Denn es gibt im Grunde weder A noch B noch Zeit, sondern nur "Gestaltveränderung" (Metamorphose).
 
 
Was sich da verändert, sind einzig und allein Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von Ereignissen, die eben solche Wahrscheinlichkeiten neu festsetzen.
 
Und so gibt es z.B. auch kein teilchenartiges Elektron, das sich auf einer bestimmten Bahn von einem Raumpunkt zu einem anderen bewegen würde. Es gibt nur eine Verknüpfung elektron-artiger Ereignisse, welche wir — unserer gedanklichen "Lochscheibe" wegen — auffassen als spontanes Auf- und Abtauchen eines Elektrons an bestimmten Stellen mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten.
 
 
Die Logistik dieses Phänomens ist einem eigenartigen Ozean von Wahrscheinlichkeitswellen anvertraut. Der wiederum ist kein Energiefeld, sondern mehr ein über
die ganze Welt hinweg ausgedehntes, nicht an den 3-dimensionalen Raum gebundenes, grenzenloses Informationsfeld , das Beziehungsintensität misst, welche korrespondiert mit der Wahrscheinlichkeit, mit der Ereignisse eintreten.
 
Dieses komplexe Ineinander ist schwer vorstellbar, denn die ganze komplizierte Wellenstruktur dieses "Ozeans" ist eine Überlagerung gegeneinander nicht abgrenzbarer Wellen, deren jede durch ein eingetretenes Ereignis ausgelöst wurde, ganz so wie Wasserwellen entstehen, wenn ein Stein ins Wasser geworfen wird oder Felsen im Meer zu zerschellender Brandung führen.
 
Die möglichen Prozesse (= Folgen aufeinander aufbauender Ereignisse) sind durch bestimmte Symmetrien eingeengt, die sich phänomenologisch in Erhaltungssätzen äußern (etwa in denen, die sagen, dass Gesamtenergie und Gesamtladung stets Null sein müssen).
 
 
Da die Wahrscheinlichkeit, mit der spezifische Ereignisse eintreten, in aller Regel weder 0 noch 1 ist, wissen wir nun, dass das Naturgeschehen keinem mechanis­tischen Uhrwerk entspricht, sondern mehr den Charakter einer fortwährenden kreativen Entfaltung hat: Die Welt wird sozusagen stängig neu erschaffen und gestaltet.
 
Dies also ist gemeint, wenn die Quantenphysik sagt, die Zukunft sei prinzipiell offen und unbestimmt.
 
 
Mit der Nichtexsistenz von lokalisierbaren, abtrennbaren Objekten gibt es auch keine Möglichkeit mehr, von Teilen im Sinne von "Bestandteilen" zu sprechen. Die Welt ist ein nicht auftrennbares Ganzes — ein Kosmos, der alles mit allem unauflösbar verbindet.
 
 
 
Quelle: Kapitel 1 aus Hans-Peter Dürr: Auch die Wissenschaft spricht nur in Gleichnissen, Herder (2004)


 

 Beitrag 0-80
Können Chaostheorie und Quantenphysik uns das Geheimnis des Lebens begründen?

 
 

 
Wie uns Chaostheorie und Quantenphysik
 
das Geheimnis des Lebens erklärbar machen

 
 
— eine Erkenntnis von Hans-Peter Dürr —

 
Dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik entsprechen passiert stets das Wahrheinlichere wahrscheinlicher. Da Zufall eher Unordnung denn sinnvolle Ordnung schafft, müsste die Summe aller Passierchen deswegen langfristig totale Unordnung schaffen. Wie also kann es dann dennoch zu Emergenz, speziell zu Leben kommen?
 
Diese Frage zu beantworten müssen wir nach Mechanismen suchen, die umgekehrt vom Wahrscheinlichen zum Unwahrscheinlichen führen — und hin zum Kreativen.
 
Das Schlüsselwort für den Weg dorthin heißt Instabilität.
 
 
Dürr erklärt das am Beispiel mechanischer Pendel:
 
    Ein Pendel — man denke an das Pendel einer großen Schrankuhr — ist ein Gewicht festgemacht am Ende eines Stabes, der an seinem anderen Ende frei bewegbar aufgehängt ist. Wer das Pendel hochhebt, so dass das Gewicht senkrecht über dem Aufhängepunkt des Pendels steht, und dann löslässt, wird feststellen, dass nich vorhersagbar ist, nach welcher Seite es fallen wird — wie bei einer Schiffsschaukel, die am oberen Überschlagspunkt angekommen dort in ihrer Bewegung ganz langsam wird und sich dann aber doch entscheiden muss, da der Lage dort oben keinerlei Stabilität innewohnt.
     
    Wohin das Pendel (oder die Schiffsschaukel) dann fällt, hängt davon ab, wie genau beim Stillstehen der Punkt senkrecht über dem Aufhängepunkt erreicht wurde. Je genauer er erreicht wurde, desto größeren Einfluss nehmen aus der Umgebung kommende Kräfte auf die Emtscheidung, wohin das Pendel fallen wird. Zum Beispiel die gravitative Anziehung, die ich als Nächststehender auf das Pendel in Richtung auf mich hin ausübe. Doch auch alles andere im Raum, in dieser Stadt, auf dieser Erde, ja im gesamten Weltall  k a n n  von Bedeutung werden.
     
     
    Das heißt: Am obersten Schwingungspunkt angekommen wird das System praktisch nicht mehr prognostizierbar, da es mit dem gesamten Universum kommuniziert. Das Pendel erreicht dort prinzipiell unbegrenzte Sensibilität und reagiert so auf selbst noch die feinsten äußeren Einflüsse.
     
    Dies ist der Chaospunkt des Pendels, der einer Wetterlage gleicht,bei der schon der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Taifun auslösen kann.
     
     
    Mehr noch: Selbst diese Freiheit ist noch denkbar dürftig im Vergleich mit ähnlichen, denn sie lässt sich leicht bis ins Unendliche hin erweitern, wenn wir in den Pendelstab ein, zwei, oder viele naehezu reibungslos arbeitende Kugelgelenke einbauen. Der Pendel wird dann zu einem Mehrfach-Pendel (zu etwas, das wir heute einen Chaos-Pendel nennen). Seine Bewegungen sind erratisch und prinzipiell nicht mehr berechenbar [da die daraus resultierenden Gleichungen aufgrund zahlreicher Singularitäten nicht mehr integrierbar sind].
     
    Dennoch spiegelt solch chaotische Bewegung keineswegs totale Beliebigkeit oder den reinen Zufall wider, sondern ein hochkomplexes Zusammenspiel von Kräften.

Dürr argumentiert:
    Das Lebendige gleicht im Grunde einem solchen Superchaos, denn im Gegensatz zum Unlebendigen, das in der Nähe von Gleichgewichtslagen angesiedelt ist, basiert das Lebendige i.W. auf   I n s t a b i l i t ä t e n  . Sie führen zu einer beliebig sensiblen Offenheit, die alles Verbindende und alle embryonal denkbaren Möglichkeiten von Emergenz ausloten kann und — genügend Zeit gegeben — auch wirklich ausloten wird.

 
Fassen wir zusammen: Mit nur einem einzigen Sensibilitäts/Instabilitäts-Punkt ist ein Pendel noch recht unlebendig. Dies aber wird anders, wenn wir Arretierungen herausziehen und so dem Pendel zunehmend mehr Freiheitsgrade — und damit   S e n s i b i l i t ä t s p u n k t e   — geben.
 
Aber all das ist noch klassische Physik, sozusagen ein "determinisches" Chaos, allein bestimmt durch in ihrer Extremität nicht begrenzte Sensibilitäten, die sich letzlich nicht mehr kontrollieren lassen. Viele Biologen hoffen, dass diese chaotische Offenheit ausreicht, höhere Entwicklungsstufen zu erreichen, d.h. Emergenzen zu bewirken, die Leben erklären könnten.
 
Dürr teilt diese Meinung nicht, denn er erkennt, dass es sich hier nicht um ein unkorreliertes Nebeneinander, sondern um ein höchst korreliertes Ineinander handelt.
 
Im Rahmen der Quantenphysik lässt sich in der Tat streng demonstrieren, dass bei den meisten Systemen unseres Alltags sich über eine Ausmittelung all der Billionen mal Billionen » Passierchen « mit hoher Genauigkeit die Verhältnisse der uns gewohnten Realität ergeben (der Realität also, wie klassische Physik sie uns durchaus zutreffend beschreibt).
 
 
 
Dürr sieht die lebendige Natur als das Ergebnis eines Plussummenspiels: Höhere Differenzierung ermöglicht höhere Flexibilität und bessere Anpassungsfähigkeit an sich ständig ändernde äußere Bedingungen und Umstände.
 
Gesellschaften mit zentralisierter oder gar totaler Herrschaft entwickeln im Gegensatz dazu mächtige, ja sogar übermächtige Aktionspotentiale. Die aber bieten nur kurzfristig Überlebensvorteile, da sie längerfristig an ihrer Einfalt, Starrheit und Unlebendigkeit zerbrechen.
 
Sehen wir hin: In knapp 4 Milliarden Jahren ist das Unwahrscheinlichste, das passieren konnte, tatsächlich passiert — und zwar deswegen, weil es immer wieder aus der Hoffnug gespeist wird, die ihre Begründung im potentiell Möglichen und der Allverbundenheit aller Quanten im Universum hat. Gut 3 Milliarden jahre haben wir als Mitspieler dieses Spiels erfolgreich miterlebt und gemeistert: Differenzierung durch Destabilisierung — aber immer verbunden mit einem kooperativen Zusammenspiel der Instabilitäten
 
entsprechend dem Paradigma des Lebendigen,
 
d a s   L e b e n   l e b e n d i g e r   w e r d e n   z u   l a s s e n  

 
 
Entscheidend ist, dass
  • sich immer wieder erfolgreiche Strukturen in die nächste Zeitschicht hinüber retten können
     
  • und durch Zufuhr von Energie immer wieder neue Chaospunkte entstehen: Bifurkationspunkte, die Möglichkeiten schaffen, welche hinsichtlich des ihnen innewohnenden Schöpfungspotentials prinzipiell unbegrenzt sind.

Nur die Regeln des Zusammenspiels — ob das destruktive Gegeneinander der Nullsumme oder das konstruktive Miteinander der Plussumme vorherrschen soll — scheinen dem Zufall überlassen zu sein.
 
 
 
Quelle: Kapitel 2 aus Hans-Peter Dürr: Auch die Wissenschaft spricht nur in Gleichnissen, Herder (2004)

 
Note: Der Begriff des "Passierchen" wird nur von Dürr benutzt: Gemeint ist jede Veränderung die eintritt, wenn eine einzige unzerlegbare Energieportion sich in Wirkung auflöst (d.h. ein Wirkungsquantum in Sinne Max Plancks erzeugt: eine Portion Wirkung wie es sie noch geringer nicht geben kann).

 
 
Dürrs Argumenatation scheint mir gut nachvollziehbar. Sie ist dennoch weit davon entfernt, uns verstehbar zu machen, warum in vielen biologischen Individuen eine Seele wohnt — mindestens aber der Drang, sich um die Überlebensfähigkeit direkter Nachkommen zu sorgen, solange die noch nicht für sich selbst sorgen können.
 
Und warum können z.B. Hunde echte Freundschaft für Menschen empfinden (und umgekehrt)? Oder Elephanten tief betroffen sein vom Tod eines ihrer Kälber?

 

 Beitrag 0-374
Wer über Grenzen der Wissenschaft hinausdenkt, muss noch lange kein Esoteriker sein

 
 

 
Warum Hans-Peter Dürr

zu Unrecht der Esoterik verdächtigt wurde

 
 
Mit großem Erstaunen stelle ich imer wieder fest, dass selbst viele Naturwissenschaftler, ja sogar so ehemalige Physiker, den inzwischen verstorbenen Hans-Peter Dürr als Esoteriker einordnen. So wie ich ihn durch seine Schriften und Vorträge kenne, war er das auf keinen Fall:
 
Er hat sich lediglich die Freiheit genommen, immer wieder auch über Zusammenhänge nachzudenken, welche die Physik bisher noch so gut wie gar nicht verstanden hat.
 
Ganz besonders über das Zusammenwirken von Geist und Materie in der gesamten Natur hat Dürr sich Gedanken gemacht und dabei auch fernöstliche Philosophie mit unter die Lupe genommen.
 
Dürr — ein Schüler Heisenbergs — war Quantenphysiker und als solcher schrieb er einmal:

 
 
Ich habe als Physiker 50 Jahre lang — mein ganzes Forscherleben — damit verbracht zu fragen, was eigentlich hinter der Materie steckt.
 
Des Endergebnis ist ganz einfach:
 
Es gibt keine Materie!

 
 
Viele haben ihm dieses Aussage übel genommen, da sie nicht verstanden, was er damit sagen wollte:
 
Sie haben nicht verstanden, dass aus Sicht der Quantenphysik auch jedes Stück Materie sich seinem wahren Wesen nach als Summe von Feldanregungen im Felde der 4 physikalischen Gründkräfte darstellt — als nichts weiter sonst.
 
Quantenphysiker aber wissen: Was Laien als die charakteristischen Merkmale von Materie ansehen — nämlich sichtbar und anfassbar zu sein — sind Eigenschaften, die einzig und allein unser Gehirn uns vorgaukelt, indem es
  • in unser Auge fallendes Licht zum Eindruck » Farbe « macht
  • und uns den Widerstand bewusst macht, mit dem die physikalischen Grundkräfte sämtliche Elementarteilchen, welche man als Fermionen einordnet, auf Abstand zueinander halten,
so dass sich dann aus unserer makroskopischen Sicht heraus gewisse Wellenpakete als gut sichtbare, handfeste materielle Objekte im umgangssprachlichen Sinne darstellen.
 
 
Die eigentliche Ursache dafür, dass Dürr von vielen der Esoterik verdächtigt wurde, war dann aber vor allem, dass er seinen Zuhörern immer wieder klar zu machen suchte, dass Wellenpakete ebenso wenig genau von einander abgrenzbar sind, wie Wellen im Ozean es sind: Sie gehen fließend ineinander über und interferieren mit einander selbst noch dort, wo sie nur extrem schwach präsent sind — letztlich also im gesamten Universum (!). Dass diese Erkenntnis der Quantenphysiker für viele Menschen sich als Esoterk darstellt, liegt einfach nur daran, dass
  • sie für Laien wenig nachvollziehbar erscheint (Wer kann sich schon so ohne weiteres vorstellen, dass sich ein Baum und ein darin willentlich hin und her bewegendes Eichhörnen als Wellenpakete addieren?)
  • und Wissenschaftlern sehr wohl bewusst ist, dass die Physik noch weit davon entfernt ist, zu verstehen, wie aus Feldanregungen Geist emergiert und der einem der Wellenpakete (dem Einhörnchen) befehlen kann, sich relativ zum anderen (dem Baum und seinen Ästen) sehr schnell zu bewegen.
Nachdem wir aber definitv wissen, dass aus Materie Geist — menschliches Bewusstsein etwa — emergiert, sollten wir uns nicht scheuen, darüber nachzudenken, wie es dazu kommt und welche Konsequenzen sich daraus für die versteckte Verflechtung sämtlicher auf unserer Welt existierender Lebewesen ergibt.
 
Für Dürr war das selbstverständlich — für so manche seiner Zuhörer aber nicht, da sie offenbar der Meinung waren, dass Esoteriker sein müsse, wer die Natur selbst dort noch zu interpretieren wagt, wo Physik sie noch viel zu wenig versteht.
 
 
Wissenschaftler wie Dürr — solche, die über den Tellerrand dessen hinausdenken, was sich als schon abgerundetes physikalisches Wissen darstellt — sind selten und daher besonders wertvoll. Sie sind die wirklichen Pioniere der Wissenschaft. Wer geneigt ist, z.B. auch Rupert Sheldrake oder Thomas Görnitz als der Esoterik nahestehend einzuordnen, sollte sich dessen bewusst sein. Keiner von beiden hat diese Herabwürdigung seiner Lebensleistung verdient.
 
Weder Dürr, noch Görnitz, und auch nicht Sheldrake sollte man nach dem beurteilen, was Leute, die sie als Esoteriker oder "Parawissenschaftler" brandmarken wollen, über sie schreiben.
 
Dürr, Görnitz und ganz besonders Sheldrake — aber vielleicht sogar alle Wissenschaftler, die den Mut haben, weiter als andere zu denken — kann wirklich nur zutreffend beurteilen, wer vorurteilslos gelesen und gehört hat, was sie selbst schrieben oder in Vorträgen gesagt haben.
 
Wissenschaftler unterscheiden sich von Esoterikern stets nur darin, wie logisch, präzise und vorurteilslos sie argumentieren, auf keinen Fall aber durch den Gegenstand ihrer Argumentation.


 

  Beitrag 2039-67
Gibt es eine kollektive Seele — eine Seele des Universums?

 
 

Heisenberg ( und Dürr ) sehen eine "Seele des Universums"



Wolfgang Pauli hat Werner Heisenberg mal gefragt: "Glaubst du eigentlich an einen persönlichen Gott?"

Worauf Heisenberg antwortete: "Darf ich die Frage auch anders formulieren? Sie würde dann lauten:


Kann man der zentralen Ordnung der Dinge oder des Geschehens — an der ja nicht zu zweifeln ist — so unmittelbar gegenüber treten,
mit ihr so in Verbindung treten, wie dies bei der Seele eines anderen Menschen möglich ist?


Ich verwende hier ausdrücklich das so schwer deutbare Wort Seele, um nicht missverstanden zu werden.

Wenn du so frägst, würde ich mit Ja antworten."


Pauli frägt nach: "Du meinst also, dass dir die zentrale Ordnung mit der gleichen Intensität gegenwärtig sein kann wie die Seele eines anderen Menschen?"

Und Heisenberg sagt: "Vielleicht".


Dürr, angesprochen auf diese Stelle aus Heisenberg: Der Teil und das Ganze 1969, S. 67 der Taschenbuchausgabe von 1997, sagt spontan:

Zitat von Dürr:
 
So würde ich es auch sehen. Das ist eine Beziehungsstruktur, die aber nicht als Wechselwirkung gedeutet werden darf, sondern aus  V e r b u n d e n h e i t  kommt. Das ist sozusagen die Stelle in uns drin, welche die ursprüngliche Verbundenheit wahrnimmt, sie noch wirklich erlebt.

Wenn mein Ich zurückkehrt in diese Verbundenheit, dann wird das mir unverwechselbare Eigene aufgelöst, aber nicht das Erlebende. ...
Die körperliche Getrenntheit zweier Personen muss ja nicht bedeuten, dass auch die zugehörigen Seelen getrennt sind.
 


Quelle: Dürr & Österreicher: Wir erleben mehr als wir begreifen, S. 151, 152.

 

  Beitrag 2039-68
Individuen als Schaumkronen im Meer

 
 

Sind Menschen nur in ihrem Körper ausschließlich Individuum?



Dürr vergleicht Individuen gerne mit Schaumkronen im Meer (ein Vergleich, den ich sehr schön finde):

Sie formen sich aus Teilen des Meeres, erhalten individuelle Form, existieren als unterscheidbare Objekte (eben als Individuen) nur kurz, verlieren dann diese Individualität, existieren aber doch weiter als Teil des Meeres (meistens als Teilmenge aller das Meer darstellenden Wasseratome, hin und wieder aber auch verteilt in neuen Schaumkronen).


Zitat von Dürr:
 
Ich selber als Unverwechselbarer, mir Eigener, kehre nie wieder zurück: Die Schaumkrone einer Welle kehrt nicht als Schaumkrone einer einzigen Welle wieder, sondern verteilt auf viele, zusammen mit dem Schaum von anderen.

So würde ich vermuten, dass wir alle in gewissem Grade zurückkehren, aber nicht in der ursprünglichen Form, [nicht im alten unverwechselbaren Ich].

Den Vorsprung, den einer ... an Weisheit den anderen voraus hat, wird er nicht allein für sich selbst verwenden können, sondern es ist alles ein Beitrag an die verborgene große Weisheit, die alles Neue trägt und nährt.
 


Hier geht mir Dürr entschieden zu weit. Wie nämlich soll in der Menge von Atomen, zu denen z.B. ein Mensch Jahre nach seinem Tod geworden ist, irgend etwas an Weisheit überlebt haben können?

Fakt scheint: Was ein Individuum an Weisheit ansammelt, kann als solche doch nur in seiner Form existieren. Aber gerade sie geht doch komplett verloren ...
Dann jedenfalls, wenn solche Weisheit nicht rechtzeitig weitergereicht wurde ...

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Biologe Rupert Sheldrake den Verdacht hat, dass all unsere Erinnerungen nicht in unserem Gehirn abgelegt sind, sondern stattdessen in einem kollektiven, im ganzen Universum existierenden "morphogenetischen" Feld, und zwar in einer Codierung, die spezifisch zum Gehirn ist, das Erinnerungen dort ablegt. Solche Erinnerungen — so Sheldrakes These — könnten dann jedem Gehirn zugänglich sein, welches dem, das dort Erinnerungen abgelegt hat, hinreichend ähnlich ist (also Erinnerungen hinreichend ähnlich codiert).

Was der Zellbiologe Bruce Lipton über unsere biologische Identität sagt, scheint Sheldrakes These zu stützen.


Quelle des Zitats oben: Dürr & Oesterreicher: Wir erleben mehr als wir verstehen, S. 156,157
 

 Beitrag 0-525
Philosophen: Einige Meister und ein Lehrling

 
 

 
Bekannte Philosophen

— über absolut geniale und ihr pures Gegenteil —

 
 
  Welche Philosophen waren die am erfolgreichsten? Ich weiß es nicht.
 
  Sagen aber kann ich, welche mir — einem Informatiker, der mit Logik umzugehen weiß — am meisten imponieren.
 
  Hierzu gehören auf jeden Fall folgende ( da einige ihrer Erkenntnisse bis heute nichts an Wert verloren und sogar durch Naturwissenschaft bestätigt wurden ):
       
    • Parmenides
       
    • Leukipp mit seinem Schüler Demokrit
       
    • Platon
       
    • Aristoteles
       
    • Kant
       
    • Karl Jaspers

     
    Jaspers verstand besser als jeder von uns das wahre Wesen der Philosophie und ihrer Ergebnisse.
     
    Sehr deutlich wird das klar am Denken der Religionsphilosophen Meister Eckart (etwa 1300 n.Chr.) und Karl Rahner (um 1950).
     
     
     
    Beschämend finde ich, wie wenig Brauchbares nun schon seit Jahrzehnten die deutsche Hochschulphilosophie produziert.
     
    Markus Gabriel etwa, obgleich bereits 11 Jahre lang Inhaber eines Lehrstuhls für Erkenntnisphilosophie, hat sich noch nicht mal eine brauchbare Definition des Begriffes der Existenz einfallen lassen. Er gehört immer noch zu denen, die persönliche Meinung mit Philosophie verwechseln. Selbst als Verwalter wertvollen philosophischen Gedankengutes ist er kaum zu gebrauchen, da er zwar viel gelesen hat, all das auch zitieren kann (so scheint mir jedenfalls), es seinem wahren Wert nach aber gar nicht erkennt.
     
    Er behauptet explitzit mit seinem sog. Neuen Realismus sämtliche älteren Philosophen korrigieren zu können und zu müssen.
     
    Peter Strasser (Hochschullehrer für Philosophie aus Österreich, Kulturpreisträger) ordnet Gabriels sog. "Sinnfeld-Ontologie" ein als "ontologisches Larifari" — meiner Ansicht nach völlig zu Recht.
     
     
     
    Erwähnenswert ist noch: Philosophie scheint sich um 3 Schwerpunkte zu gruppieren:
       
    • Natur verstehen
       
    • Ethik
       
    • Religion (= Sinn des Lebens)

     
    All meine Urteile oben beziehen sich nur auf Philosophie zum ersten und letzten dieser 3 Schwerpunkte: Über Ethik habe ich bisher kaum was gelesen (wohl deswegen, weil ich mehr an Logik und Naturwissenschaft interessiert bin).


     

 Beitrag 0-531
Was die Physik unser Ich nennen könnte

 
 

 
Was die Physik unser Ich nennen könnte

 
 
Was man aus Sicht der Naturwissenschaft als unser Ich sehen könnte, ist der Teil unseres Bewusstsein, der vor allem nicht-algorithmisch denkt und insbesondere auch über sich selbst nachdenken kann.
 
Damit ist klar: Jeder geistig gesunde Mensch hat ein solches Ich.
 
    Die interessante Frage, die sich stellt, ist nun aber die Frage, ob diese Art von Seele (unser Ich also) den Tod unseres Gehirn überlebt — und wenn ja, für wie lange. Es gibt nur wenige Wissenschaftler, die sich ernsthaft auf die Suche nach einer Antwort gemacht haben. Viele von ihnen kommen zur These: Ja, das könnte durchaus der Fall sein.
     
    Die Beobachtungen allerdings, die ihnen diese Meinung nahelegen, deuten — soweit mir bekannt — alle darauf hin, dass unser Ich — wenn es denn wirklich den Tod unseres Körpers überleben kann – sich über die Zeit hinweg verflüchtigt wie Gasgeruch in ansonsten reiner Luft.
     
    Aus physikalischer Sicht heraus könnte es sich dabei wohl am ehesten um in unserem Gehirn erzeugte, langwellige elektromagnetische Wellen handeln, deren jede sich über unsere Schädeldecke hinaus als Kugeloberfläche ins All hinaus ausbreitet, um sich dort dann einzeln und weitgehend unabhängig von einander irgendwann mit anderen Quanten zu vereinen — die eine oder andere davon vielleicht erst in Milliarden von Jahren.

 
Wer sich als Naturwissenschaftler solche (von der Quantenphysik ja durchaus nahegelegte) Gedanken macht, sollte aber nicht verschweigen, dass dieser Sachverhalt noch keineswegs klärt, ob es auch ein Ich im religiösen Sinne gibt: ein Ich, das nicht an physikalisch Existierendes gebunden ist und das Christen etwa als ihre Seele bezeichnen.
 
Es ist wichtig, sich den Unterschied zwischen den Begriffen Geist, Psyche und Seele (in diesem Sinne) klar zu machen:
 
Jeder Mensch besteht aus Körper und Geist. Letzterer gedeiht oder verkümmert in dem Teil des Menschen, den wir als seine Seele bzw. seine Psyche bezeichnen. Wie Körper und Psyche funktionieren und zusammenwirken, ist Gegenstand von Neurologie, Psychologie und Medizin, nur ansatzweise auch Biologie.
 
Religionen gehen davon aus, dass jeder Mensch über seine Psyche hinaus auch noch eine Seele (nun aber im religiösen Sinne) hat und die besonders wichtig sei, da sie sein eigentliches, über den Tod hinaus existierendes Ich darstellt.
 
Fazit also:
 
    Das Psychische ist sozusagen der Teil allen Seelischen, für dessen Existenz wir Beweise haben und der deswegen wissenschaftlicher Untersuchung gerade noch zugänglich ist.
     
    Wie weit über ihn hinaus Seelisches auch als etwas sogar noch physikalisch Existentes über unseren körperlichen Tod hinaus existiert — bzw. existieren kann —, ist nicht erforschbar.

     
    Das oben vorgebrachte physikalische Argument scheint Beweis dafür zu sein, dass der Tod unseres Gehirns Anfang unseres entgültigen Sterbens ist im selben Sinne, wie das Abschneiden einer Blume, um sie dann in eine Vase zu stellen, der Beginn ihres unwiderruflichen Absterbens ist.


 

 Beitrag 0-527
Wie sich Wissenschaft mit Philosophie und Religion vergleicht

 
 

 
Wissenschaft vs Philosophie und Religion

 
 
Im Philosophie-Unterricht erfährt man, zu welchem Ergebnis das Philosophieren von Personen geführt hat, die schon lange tot sind. Genauer: Man erfährt, welcher Meinung sie waren und auf welchem gedanklichen Wege sie versucht haben, ihre Meinung zu begründen.
 
In allen anderen Schulfächern lernt man, was Wissenschaft derzeit als wahr erkannt zu haben glaubt. Es ist dann aber zunächst nur wahr in der Realität, in der wir leben. Ob es in Wirklichkeit wahr ist, wissen wir nicht, da Menschen — ebenso wie auch alle anderen biologischen Wesen — kein modellunabhängiges Verständnis der Wirklichkeit haben. Es ist dies eines der zentralsten Ergebnisse der Philosophie. Besonders deutlich haben es formuliert:
     
  • Parmenides (ca. 500 v.Chr.)
     
  • Kant
     
  • Niels Bohr (der Anfang des 20. Jahrhunderts führende Quantenphysiker) und
     
  • Steven Hawking (ein erst 2018 verstorbener, weltweit bekannter Astrophysiker)

 
Nie vergessen sollte man:
 
Eine philosophische Meinung verliert ihren Wert, sobald es Naturwissenschaft gelang, sie zu widerlegen. Markus Gabriel etwa, der sich derzeit (ab 2010 etwa) am lautstarksten zu Wort meldende deutsche Professor für Philosophie argumentiert, als habe er das noch nicht begriffen. Seine Philosophie ist, wo er glaubt, Beweise präsentieren zu können, Pseudophilosophie, zum anderen Teil aber einfach nur Meinungsäußerung (statt echter Philosophie).
 
Religionsphilosophie ist ein Teil der Philosophie, dessen Ergebnisse Naturwissenschaft weder widerlegen noch bestätigen kann. Daran sollte jeder denken, der andere ihrer religiösen Überzeugung wegen zu kritisieren versucht.

 

 Beitrag 0-523
Wo und wie Naturwissenschaft schon recht alte philosophische Erkenntnisse bestätigt

 
 

 
Sternstunden der Philosophie

 
 
Ich verstehe darunter philosophische Einsichten — erahnte, tiefe Wahrheit — die z.T. schon 2500 Jahre alt ist, von der Naturwissenschaft (Quantenphysik, Kosmologie, Tiefenpsychologie) nun aber neue Bestätigung erfährt:
     
  • 1. —  die Atomtheorie (im Sinne von Leukipp und seinem Schüler Demokrit etwa 500 v.Chr.) wird voll bestätigt durch die Quantenfeldtheorie:
              Sie erkennt die Atome jener Philosophen als QuBits.
     
  • 2. —  den Unterschied zwischen Realität und Wirklichkeit (über den schon Platon und Lukrez sprachen),
     
  • 3. —  die auf Platon und seinen Lehrer Sokrates zurückgehende Theorie einer unsterblichen Seele
     
  • 4. —  die vom Phsychologen Carl Gustav Jung in die Welt gesetzte Theorie an der Wurzel der menschlichen Phsyche gegebenen archetypischen Vorstellungen,
              die man — ohne dass er sie so genannt hätte — auch schon bei Meister Eckhart, einem Religionsphilosophen der Mystik (etwa 1300 n.Chr.) vorfindet.

 
Jedes dieser so ganz erstaunlichen Ergebnisse der Philosophie werte ich als Beispiel von Wahrheit, zu der Menschen in jahrhunderte langem Abstand auf völlig unterschiedlichen Wegen gelangt sind.
 
Berücksichtigt man das, wird man den Eindruck nicht los, dass Religionsphilosophie — auch die des Christentums — nur Fortschritte im Tempo ganz besonders langsamer Schnecken macht.

 
 
Wie Naturwissenschaft die oben genannten philosophischen Ergebnisse zu deuten weiß:

 

 Beitrag 0-509
Was ist — und welchen Wert hat — Philosophie?

 
 

 
Was ist und welchen Wert hat (echte) Philosophie?


Gebhard Greiter:
 
Dass Gott all seinen Geschöpfen, denen er die Fähigkeit gab, sich etwas bewusst zu machen, damit auch die Fähigkeit gab zu philosophieren — d.h. sich ihre Realität selbst auszubauen und zu gestalten — empfinde ich als ein ganz besonders schönes Geschenk unseres Schöpfers.
 



 

 Beitrag 0-451
Metaphysik und Philosophie

 
 

 
Metaphysik als Philosophie

 
 
Metaphysik kann man als den Versuch definieren, eine Theorie des Weltganzen zu entwickeln. Sie soll beschreiben, wie die Welt wirklich ist (im Gegensatz dazu, wie sie uns vorkommt).
 
Auf diese Weise — so schreibt Markus Gabriel — habe die Metaphysik die Welt gewissermaßen erst erfunden: Wir meinen damit alles, was wirklich der Fall ist: die Wirklichkeit.
 
Um herauszufinden, wie die Welt wirklich ist, muss man alles Menschengemachte davon abziehen (es also zunächst mal identifizieren).
 
Die Postmoderne — die Markus Gabriel jetzt durch das Zeitalter des Neuen Realismus zu ersetzen gedenkt — hat den Standpunkt vertreten, dass es die Dinge nur gibt, wie sie uns erscheinen. Dahinter, so argumentiert sie, gäbe es nichts mehr: keine Wirklichkeit.
 
 
Die Postmoderne, so Gabriel, sei eine Variante der Metaphysik und als solche nur eine besonders allgemeine Form des Konstruktivismus.
 
Der Konstruktivismus nämliche basiert auf der Annahme, dass es überhaupt keine Tatsachen an sich gäbe, da wir sie als Tatsachen einfach nur durch unsere vielfältigen Diskurse (auch die wissenschaftlicher Art) konstruieren.
 
Wichtiger Gewährsmann dieser nun schon 2500 Jahre alten Denktradition ist Immanuel Kant. Er behauptet, dass wir die Welt, wie sie wirklich ist, nicht erkennen können: Was auch immer wir erkennen, sei irgendwie auch von Menschen gemacht.
 
 
 
Quelle: Markus Gabriel: Warum es die Welt nicht gibt, Ullstein 2013, S. 10-11


 

 Beitrag 0-446
Philosophie — Was man darunter versteht

 
 

 
Was ist Philosophie?

 
 
Der deutsche Philosoph Karl Jaspers erklärt das so:

Karl Jaspers (1971):
 
Was Philosophie sei und welchen Wert sie hat, ist umstritten:
     
  • Man erwartet von ihr außerordentliche Aufschlüsse oder lässt sie als gegenstandsloses Denken beiseite.
     
  • Man sieht sie mit Scheu als das bedeutende Bemühen ungewöhnlicher Menschen oder verachtet sie als überflüssiges Grübeln von Träumern.
     
  • Man hält sie für eine Sache, die jedermann angeht und daher im Grunde einfach und verstehbar sein müsse, oder man hält sie für so schwierig, dass es hoffnungslos sei, sich mit ihr zu beschäftigen.

Was unter den Namen Philosophie auftritt, liefert in der Tat Beispiele für all diese entgegengesetzten Beurteilungen.
 
Für einen wissenschaftsgläubigen Menschen ist das Schlimmste, dass die Philosophie gar keine allgemeingültigen Ergebnisse hat, etwas, das man wissen und damit besitzen kann.
 
Während jede Wissenschaft auf ihrem Gebiet zwingend gewisse, dann allgemein anerkannte Erkenntnisse gewonnen hat, hat die Philosophie dies trotz aller Bemühungen der Jahrtausende nicht erreicht. Es ist nicht zu leugnen: In der Philosophie gibt es keine Einmütigkeit des endgültig Erkannten. Was aus zwingenden Gründen von jedermann anerkannt wird, ist wissenschaftliche Erkenntnis geworden, ist nicht mehr Philosophie, sondern bezieht sich auf ein besonderes Gebiet des Erkennbaren.
 
 
Das philosophische Denken hat auch nicht — wie die Wissenschaften — den Charakter eines Fortschrittsprozesses: Wir sind gewiss viel weiter als Hippokrates, der griechische Arzt. Wir können aber kaum sagen, dass wir weiter seien als Plato. Nur im Material wissenschaftlicher Erkenntnisse, die er benutzt, sind wir weiter. Im Philosophieren selbst aber sind wir vielleicht noch kaum wieder bei ihm angelangt.
 
 
Dass jede Gestalt der Philosphie, unterschieden von den Wissenschaften, der einmütigen Anerkennung aller entbehrt, das muss in der Natur ihrer Sache liegen. Die Art der in ihr zu gewinnenden Gewissheit ist nicht die wissenschaftliche, also die gleiche für jeden Verstand, sondern ist Vergewisserung, bei deren Gelingen das ganze Wesen des Menschen mitspricht.
 
In der Philosophie handelt es sich um das Ganze des Seins, das den Menschen angeht, um Wahrheit, die, wo sie aufleuchtet, tiefer ergreift als jede wissenschaftliche Erkenntnis.
 
Ausgearbeitete Philosophie orientiert sich am durch die Wissenschaften gesammelten Wissen, aber der Sinn der Philosophie hat einen anderen Ursprung: Philosophie tritt auf, wo Menschen wach werden.
 
Philosophisches Denken muss jederzeit ursprünglich sein. Jeder Mensch muss es selber nachvollziehen.
 
 
Wunderschönes Zeichen dafür, dass der Mensch als solcher ursprünglich philosophiert, sind die Fragen der Kinder:
 
Man erzählt ihnen von Realitäten, erklärt die Frage, wie die Sonne sich bewege und warum es doch eigentlich die Erde ist, die sich dreht, und kommt auch auf die Kugelgestalt der Erde zu sprechen. ... » Ach, das ist ja gar nicht wahr. « sagt das Mädchen und stampft mit dem Fuß auf den Boden. » Die Erde steht doch fest. Ich glaube doch nur, was sich sehe. «
 
Darauf die Mutter: » Dann glaubst du auch nicht an den lieben Gott, denn den kannst du ja auch nicht sehen. « — Das Mädchen stutzt und sagt dann sehr entschieden: » Wenn er nicht wäre, dann wäre doch gar nichts da, auch ich nicht! «
 
Dieses Kind wurde ergriffen von dem Erstaunen des Daseins: es ist nicht durch sich selbst. Und es begriff den Unterschied des Fragens: ob es um einen Gegenstand in der Welt geht oder um das Sein und unser Dasein als Ganzes.
 


 
Quelle: Karl Jaspers: Einführung in die Philosophie, 12 Radiovorträge, Rohwohlt


 

 Beitrag 0-450
Was ist Ziel der Philosophie?

 
 

 
Was ist Ziel der Philosophie?



Gebhard Greiter (2019):
 
Die Welt zu verstehen, ist auch für Philosophen ein viel zu ehrgeiziges Ziel.
 
Es kann nur darum gehen, sich klar zu machen, wie man selbst (als Person oder als mehr oder weniger große Gemeinschaft Gleichgesinnter) die Welt versteht.
 
Dass dem so ist, liegt daran, dass die Wirklichkeit zu kennen und zu verstehen, uns ganz grundsätzlich nicht gelingen kann. Wir können nur darüber diskutieren, wie sie auf uns wirkt und so Realität um uns herum erzeugt (= unser Modell vermeintlicher Wirklichkeit).
 
Ein bekannter Physiker, Steven Hawking, schrieb:
 
Wir haben kein modellunabhängiges Verständnis der Wirklichkeit.

 
Er hat damit nur wiederholt, was vor ihm schon andere so sahen: Niels Bohr, Kant, ja sogar schon der griechische Philosoph Parmenides ( geb. 515 v.Chr. ), der schrieb:
 
» Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen:
 
Die Welt ist nur Meinung. «
 
 
Philosophie ist das Sich-präsent-machen und das ständige Hinterfragen dieser Meinung.

 



Auf  Philo Quer  liest man:
 
Philosophieren bezeichnet das Bemühen, präzise nachzudenken und dieses Nachdenken mit seinen Ergebnissen der Kritik durch andere auszusetzen.
 
Das alles in der Hoffnung, zu vertretbaren und vielleicht sogar hilfreichen Einsichten zu gelangen.

 



 

 Beitrag 0-19
Philosophie — überflüssig?

 
 

 
Philosophie — was nützt sie uns?

 
Hierzu sagt Betrand Russel:
 
 
Der Wert der Philosophie besteht in ihrem Einfluß auf das Leben derer, die sich mit ihr beschäftigen.

Sie bringt Einheit und System in die Wissenschaften und prüft die Gründe unserer Überzeugungen  u n d  Vorurteile.

 
 
Quelle: Bertrand Russell: The Problems of Philosophy (1912)

 

  Beitrag 1896-52
Unsere Welt — auch die der Physik — ist nur unser Bild von der Wirklichkeit

 
 

Schon erstaunlich, wie Physiker und Philosphen zum selben Ergebnis kommen:

Zitat von N. Bohr:

 
Die Physik kann nicht ergründen, wie die Natur funktioniert.

Aufgabe der Physik ist lediglich, zu untersuchen, wie die Natur sich uns zeigt.

 

Zitat von I. Kant:
 
Es gibt die Dinge der Erscheinungen und die Dinge an sich.

Wir kennen die Dinge nur so, wie sie auf uns wirken.


 

Mehr zu Kants Philosophe ...

 

Interessant auch: Weit vor den beiden vertrat diese Meinung auch schon Parmenides (geboren um 530 v.Chr.). Er schrieb:

Zitat von Parmenides:

 
Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen;
die Welt ist nur Meinung ...

 


Und genau das bestätigt uns im 20. Jahrhundert die Quantenphysik.



Steven Hawking (1993):

  Es hat keinen Zweck, sich auf die Wirklichkeit zu berufen, da wir kein modellunabhängiges Konzept der Wirklichkeit besitzen.

Nach meiner Meinung ist der unausgesprochene Glaube an eine modellunabhängige Wirklichkeit der tiefere Grund für die Schwierigkeiten, die Wissenschaftsphilosophen mit der Quantenmechanik und dem Unbestimmtheitsprinzip haben.

Quelle: Mein Standpunkt


 

 Beitrag 0-452
Religion — Wie Markus Gabriel sie erklärt

 
 

 
Religion — Wie Markus Gabriel sie erklärt

 
 
Ohne die Religion wäre es niemals zur Metaphysik, ohne die Metaphysik niemals zur Wissenschaft und ohne die Wissenschaft niemals zur Mehrzahl aller Erkenntnisse gekommen, die wir heute formulieren können.
 
Was sich in diesem Prozess ereignet, ist nicht einfach nur als Aufklärung einzuordnen:

 
Die Moderne ist nicht durch einen Abbau von Religion gekennzeichnet, sondern durch eine Erweiterung unseres Freiheitsverständnisses:
 
Es ist dem Menschen in der Moderne aufgegangen, dass dass er Geist ist und dass dieser Geist eine Geschichte hat.

 
 
Diese Dimension war ihm vorher verborgen oder nur ansatzweise zugänglich.
 
Deswegen darf man die Anerkennung des Geistes und seiner Geschichte auch nicht als prä-modern oder gar als Rückschritt denunzieren. Schon Religion beruht auf einer Anerkennung des Geistes.
 
 
Natürlich gibt es unsinnige Formen von Religion, bloßen Aberglauben und manipulative Sekten. Es gibt aber auch defiziente Formen der Wissenschaft, wissenschaftlichen Irrtum, ohne den es keinen wissenschaftlichen Fortschritt gäbe.
 
Nur weil eine menschliche Haltung davon bedroht ist, Pathologien auszubilden, folgt daraus nicht, dass man sie abschaffen sollte.
 
Denn die Eliminierung des Geistes wäre selbst Geist in seiner schlechtesten Form — Geist in der Form seiner eigenen Verleugnung.
 
Die Frage, ob es Gott gibt, muss man daher sehr viel umsichtiger angehen, als plumpe Sekten oder Neoatheisten es tun.

 
Wer sich mit der Gottesfrage unabhängig von der Geschichtlichkeit des Geistes befasst,
 
verfehlt die Frage eigentlich schon.

 
In der Religion geht es um den Menschen und um seine Verortung in einen Sinnzusammenhang.

 
 
 
Quelle: Markus Gabriel: Warum es die Welt nicht gibt, Ullstein 2013, S. 212-213

 

 Beitrag 0-486
Poesie und Philosophie

 
 

 
Poesie und Philosophie

 
 
Aus Schiraz stammt der persische Dichter Saadi (wahrscheinlich 1219-1292), der in Akkon Kreuzfahrern in die Hände gefallen und von ihnen versklavt worden war.
 
Von ihm stammen die fabelhaften Verse, welche die Eingangshalle des UNO-Hauptquartiers in New York schmücken:
 
 
    Die Adamssöhne sind ja alle Brüder,
     
    aus einem Stoff wie eines Leibes Glieder.
     
    Hat Krankheit nur ein einz'ges Glied erfasst,
     
    so bleibt den andern weder Ruh noch Rast.
     
    Wenn andrer Schmerz dich nicht im Herzen brennet,
     
    verdienst du nicht, dass man noch Mensch dich nennet.

     
     
     
    Nachdichtung von Karl Heinrich Graf, 1846


 

 Beitrag 0-521
Was es bedeutet, erfolgreich zu denken

 
 

 
Was es bedeutet, erfogreich zu denken

 
 
Erfolgreich zu denken bedeutet mindestens zweierlei:
     
  • erstens: herausragende Denkergebnisse unserer Vorfahen richtig zu würdigen (etwa die, großer Philosophen),
     
  • und zweitens: selbst Denkergebnisse zu produzieren, welche auch dann noch von Wert sein werden, wenn wir schon verstorben sind.

Warum nennt der US-amerikanische Philosoph Searle Markus Gabriel "den derzeit besten deutschen Philosophen", obgleich der doch in wenigstens erster Hinsicht versagt (und stattdessen — stolz wie ein Gockel auf dem Mist — ein Zeiltalter des "Neuen Realismus" ausruft, welches gleich mehrere der bisher größten Philosophen unserer Welt zu korrigieren gedenkt?
 
Kein Wunder: Searle und Gabriel denken beide, sie wüssten es besser als alle Philosophen vor ihnen.
 


Michael Hampe erklärt uns in der SZ vom 19.05.2010 :
 
John Searle, berühmter Philosophieprofessor an der Universität von Kalifornien in Berkeley, löst seit über zwanzig Jahren das Leib-Seele-Problem und erregt damit immer wieder Aufsehen. Dies geschieht nicht in mühsamen Argumentationen mit in Jahrzehnten entwickelter Gelehrsamkeit. Searle ist vielmehr seit zwei Dekaden gestisch in der Verkündung einer wissenschaftlichen Sensation erstarrt.
 
Berühmt geworden mit den "Speech-Acts" von 1969, proklamiert er seit seinem Buch "Minds, Brain and Science" (1984) die philosophische Revolution. So auch in seinem neuesten Werk: "Geist".
 
In dieser "allgemeinen Einführung in die Philosophie des Geistes" will Searle nachweisen, dass "die berühmtesten und einflussreichsten Theorien alle falsch sind". Er will zeigen, wie Bewusstsein, Intentionalität, Willensfreiheit und andere geistige Phänomene "tatsächlich funktionieren".
 
Dabei geht er so vor: "Meine philosophische Methode besteht darin, die Geschichte eines Problems zu vergessen ... und nur die Tatsachen zu konstatieren."
 


Was aber, wenn wir die objektiv gegebenen Tatsachen gar nicht kennen — die Welt also gar nicht so sehen und begreifen, wie sie ist?
 
 
War nicht eben das die so wertvolle Einsicht von Parmenides, Platon, Kant und anderen?


 

 Beitrag 0-524
Wie sich Religionen mit physikalischen Weltmodellen vergleichen

 
 

 
Beispiele archetypischer Erfahrung

im Sinne von Carl Gustav Jungs Tiefenpsychologie

 
 
Unter archetypischem Wissen (kurz: Archetypen) versteht man nach Jung in unserem Unterbewusstsein — im Urgrund unserer Psyche — schlummernde Gedanken, die wahrscheinlich auf dem langen Weg der Evolution hin zu uns entstanden sind und nun immer weiter vererbt, uns gelegentlich bewusst werden, ohne dass wir in einem solchen Fall sagen könnten, woher wir dieses deutlich gefühlte, aber wenig greifbare Wissen denn nun eigentlich haben.
 
Als das vielleicht schönste Beispiel dieser Art sehe ich die Tatsache, dass der griechische Philosoph Parmenides etwa 500 v.Chr. schreiben konnte:
 
 
» Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen:
 
Die Welt ist nur Meinung. «

 
 
Es gibt inzwischen viele Beobachtungen der Wissenschaft, z.B. auch der Quantenphysik, die beweisen, dass Parmenides hiermit recht hatte. Wie aber konnte er selbst zu dieser Meinung kommen, da es all diese Beobachtungen damals ja noch gar nicht gab?
 
Die Atomtheorie von Leukipp, präzisiert durch seinen Schüler Demokrit (auch etwa 500 v.Chr.), ist ein ähnlich merkwürdiger Fall. Durch Wissenschaft bestätigt wurde sie erst um 1900, und wie wir heute wissen, sind die damals entdeckten Atome noch keineswegs die kleinsten "Teilchen", aus denen alles aus Energie Bestehende sich zusammensetzt. Die Tatsache aber, dass es sie als nicht weiter teilbar gibt — wie wir heute wissen als QuBits — ist unbestreitbar richtig im Modell der Quantenphysik.
 
 
Nochmals also:
 
Woher hat unsere Psyche archetypisches Urwissen?

 
 
Die Antwort scheint naheliegend: Es könnte sich ergeben haben als Summe unglaublich vieler kleiner, über viele Generationen hinweg gesammelter Beobachtungen, die vor allem das Unterbewusstsein der Gehirne unserer Vorfahren gemacht haben dürfte — ursprünglich sogar ohne sie in Worte fassen zukönnen.
 
Die Mehrzahl dieser Beobachtungen dürften von sehr flüchtiger Natur gewesen sein — gut vergleichbar mit z.B. der, die jemand macht, wenn er, in einem Boot auf ruhigem Meer treibend, eigentlich an gar nichts denkend, aus den Augenwinkeln heraus irgendwo ganz kurz den Rücken eines großen Fisches auftauchen und wieder verschwinden sieht noch bevor er genauer hinsehen kann. Je häufiger ihm das passiert, desto konkreter wird die Vorstellung werden, zu der sein bewusstes, aber auch sein unterbewusstes Denken die Beobachtung extrapoliert und Sinn machend konkretisiert.
 
 
In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, ob nicht auch die Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes (wie christliche Kirchen sie kennen) auf eben diese Weise entstanden sein könnte aus der den Menschen irgendwie über ihre lange Entwicklungsgeschichte hinweg bewusst werdenenden Tatsache, dass es genau 3 Dinge zu geben scheint, die schon immer existieren:
     
  • die Welt,
     
  • Geist darin
     
  • und Energie, die ständiges Geschehen bewirkt (und so auch Zeit generiert).

 
Moderne Physik würde konkreter sprechen von
     
  • mathematischen Gesetzen (als immer und überall regierender Geist),
     
  • der Energie des Vakuums (als Grundstoff all dessen, was physikalisch existiert) und
     
  • und Quantenfluktuation (als ein immer und überall aktiver Prozess, der tatsächlich nie aufhört, Neues zu schaffen — aber nichts, was seinem Zustand nach ewig Bestand hat).

Durch religiös orientiertes Philosophieren könnte daraus geworden sein die Idee von Gottes Dreifaltigkeit:
     
  • dem Vater (als dem Schöpfer von Allem),
     
  • dem Sohn (als demjenigen, der des Vaters Willen umsetzt und verkündet) und
     
  • dem Heiligen Geist (der unser Denken leitet, uns belebt und so bewirkt, dass alles, was ist, sich fortentwickelt).

Mir gefällt diese Idee besonders gut, da sie uns klar macht, was Religion eigentlich ist: Sie ist nicht mehr und nicht weniger als
 
 
Eine uns die unbekannte Wirklichkeit interpretierende,
 
durch viele von uns als hilfreich erkannte, sinngebene Ausmalung unserer Realität.

 
|
 
So gesehen ist jede Religion ihrem Zweck nach gut vergleichbar mit physikalischen Modellen unserer Welt: Was jene im Bereich der Naturwissenschft sind, sind Religionen im Bereich der Philosophie.
 
Was diese beiden großen Modell-Familien (= Bilder unserer Welt) unterscheidet, ist einzig und allein die Qualität der "Farbe", aus der sie bestehen: starke Überzeugung einerseits bzw. durch logisches Schließen gewonnene Erkenntnis andererseits.
 
Im übrigen sei erinnert an Steven Hawkings Aussage:
 
 
Wir haben kein modell-unabhängiges Verständnis der Wirklichkeit (!).

 
 
Und so müssen wir uns auch nicht darüber wundern, dass Gottes Existenz weder beweisbar, noch widerlegbar ist.
 
Was aber wenn der Menscheit Wissen um ihn archetypische Qualität hat?


 

 Beitrag 0-528
Warum jeder eben doch nur in seiner eigenen Welt lebt

 
 

 
Wie sich Realitäten in uns unbekannte Wirklichkeit (den Kosmos) einbetten

 
Jedes denkende Wesen lebt in einem nicht allzu klaren, persönlichen Spigelbild eines kleinen Teiles der Wirklichkeit
 
Spiegel in diesem Sinne ist das Gehirn des Lebewsens

 
 
Wisse: Es gibt einen Unterschied zwischen Realität und Wirklichkeit:
 
Die Wirklichkeit kennen wir nur über von ihr erzeugte Signale, die unsere Sinne empfangen. Unser Gehirn erzeugt daraus unsere Vorstellung, wie die Wirklichkeit denn wohl sein müsse. Nennen wir es: Unser Modell der Wirklichkeit.
 
Man nennt es die Realität, in der wir leben. Wir synchronisieren es (teilweise) mit der Realität, in der andere leben, indem wir mit ihnen kommunizieren.
 
Hat man nun aber zwei biologische Wesen, Menschen etwa (oder z.B. einen Mensch und seinen Hund), so kann deren Modell der Wirklichkeit nicht genau das gleiche sein sein, da ihrer beider Sinne ja so gut wie nie genau dieselbe Menge von Signalen aufgefangen haben (und auch nicht alle Gehirne gleich leistungsfähig sind).
 
Da wir mit unserem jeweiligen gedanklichen Bild der Wirklichkeit nun aber selbst auch ein Teil der Wirklichkeit sind, ist jede Realität, in der einer von uns lebt, nur kleiner Teil der Wirklichkeit insgesamt: Unser oft subjektiv geprägtes Bild (= Verständnis) des Teiles der Wirklichkeit, der mit uns — direkt oder indirekt — kommuniziert. Empirie und alles rationale Denken eines Gehirns kann sich direkt stets nur auf eines dieser Modelle beziehen: auf das von diesem Gehirn selbst erzeugte.
 
Steven Hawking hat das so ausgedrückt:
 
Wir haben kein modellunabhängiges Verständnis der Wirklichkeit.
 
Konsequenz daraus:
 
Weite Teile der Wirklichkeit sind uns empirisch nicht einsehbar.
 
Über sie können wir nur spekulieren. Sie haben auf jeden Fall auch eine geistige Dimension.


 

 Beitrag 0-530
Woher das Böse kommt

 
 

 
Das Böse – woher es kommt



Albert Camus (Nobelpreisträger für Literatur, Religionskritiker, 1947):
 
Das Böse in der Welt geht fast immer von Unwissenheit aus, und der gute Wille kann ebenso viel Schaden anrichten wie die Bosheit, wenn er nicht aufgeklärt ist.
 
Die Menschen sind eher gut als böse, und eigentlich geht es gar nicht um diese Frage. Die sind nur mehr oder weniger unwissend, und das nennt man dann Tugend oder Laster, wobei das hoffnungsloseste Laster das der Unwissenheit ist, die alles zu wissen vermeint und sich deshalb das Recht nimmt, sogar zu töten:
 
Die Seele des Mörders [bzw. religiösen Fanatikers] ist blind, und es gibt keine wirkliche Güte oder wahre Liebe ohne größtmögliche Klarsichtigkeit.
 


 
Quelle: Albert Camus: Die Pest, Rowohlt, 92. Auflage (2020), S. 150


 

 Beitrag 0-533
Wo fehlendes Qualitätsbewusstsein

 
 

 
Wo fehlendes Qualitätsbewusstsein

die gesamte Zunft deutscher Hochschulphilosophen blamiert

 
 
Philosophische Freiheit ist der einzige, durch keinerlei Gesetze geregelte Freiraum, den wir haben: Freiheit des philosophischen Denkens.
 
Wahr ist aber auch:
    Man kann in diesen Raum — selbst als Professor für Philosophie — jeden nur denkbare Blödsinn erzählen.
     
    Einer, den sein US-amerikanischer Kollege John Searle den "derzeit besten Philosophen Deutschlands" nennt, macht von eben dieser Freiheit ganz ungeniert Gebrauch, was ihn zum bisher wohl erfogreichsten Selbstvermarkter in dieser ganzen Branche macht.
     
    Es gibt halt zu viele Kollegen, die ihm stumm abkaufen, was er so alles als "Forschungsergebnis" einordnet.
     
    Muss man sich da wundern, dass Steven Hawking (ein inzwischen verstorbener renommierter Physiker) der Meinung war: "Philosophy is dead. Philosophers have not kept up with modern developments in science. Particularly physics. Scientists have become the bearers of the torch of discovery in our quest for knowledge."?
     
    Gegen Ende des Reports Is Philosophy dead? liest man:
     
    Professor Crane argued "academic philosophy is in crisis and no longer really hospitable to the idea of challenging everything, not least because the need to be published in a few top journals “encourages incredible conformism around a very narrow range of ideas".
     
    Professor Newberger took a similar line, reflecting that she had "only managed to maintain my enthusiasm for philosophy by staying away from philosophers".

Ich, Gebhard Greiter, sehe es ebenso, denn wie z.B. die Qualität angeblich philosophischer Argumentation in Markus Gabriels Buch Warum es die Welt nicht gibt (2013) zeigt, scheint selbst im akademischen Bereich nicht mehr klar zu sein, wo statt zu philosophieren nur noch Selbstvermarktung um jeden Preis stattfindet.
 
Natürlich gründet sich diese meine Meinung nicht auf den fragwürdigen Wahrheitswert von Gabriels Denkergebnis, sondern vielmehr auf die fehlende Qualität seiner Argumentation hin zu diesem Denkergebnis. Welche — eines Wissenschaftlers ganz unwürdigen — gravierenden Mängel Gabriels Herleitung seiner Meinung enthält findet sich ausführlich erklärt hinter Links in Zur Güte von Markus Gabriels erkenntnistheoretischer Argumentation und zudem in mehreren anderen Blogposts.
 
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Vergleicht man Gabriels Argumentieren mit dem wirklich überlegten von Kant oder Jaspers, so wird schnell klar: Markus Gabriel scheint bisher noch gar nicht verstanden zu haben, welche Qualität Denken zukommen muss, damit man es zu Recht
     
  • als Philosophie einerseits
     
  • und/oder Wissenschaft andererseits

anerkennen kann.
 
Gabriel mag Heidegger ausführlich gelesen haben. Karl Jaspers Einführung in die Philosophie (1996) aber hat er ganz sicher nicht gelesen. Er wüsste sonst nämlich, welche Qualität philosophisches Denken als solches auszeichnet und von wissenschaftlicher Argumentation abgrenzt.
 
Zudem sollte sich Gabriel — in seiner Eigenschaft als Inhaber eines Lehrstuhls für Erkenntnistheorie — zunächst mal einen wohldefnierten Existenzbegriff zurechtlegen. Sollte ihm das irgendwann gelingen, wird er schnell erkennen, wie er sich mit seiner Argumentation in Sachen » Warum es die Welt nicht gibt « einfach nur blamiert hat.
 
Dass keiner von Gabriels deutschen Kollegen und ehemaligen Lehrern es wagt, ihn auf die ganz unakzeptable Qualität seiner Argumentation hinzuweisen, scheint mir kein gutes Zeichen zu sein.
 
Hawkings Meinung, Philosophie sei tot, teile ich nicht. Deutsche Hochschulphilosophie aber ist derzeit wirklich nicht ernst zu nehmen.

 

  Beitrag 2028-1
Philosophie — was man darunter versteht

 
 

Philosophie — Definition und Abgrenzung


Philosophie ist
  • die meist (aber nicht notwendigerweise) zweckfreie Suche nach zusätzlichem Wissen
  • ohne dabei anerkannte Gesetze der Logik zu ignorieren.

Zu einer Karikatur von Philosophie kommt es dort, wo man Gesetze der Logik ignoriert und — aus Dummheit oder mit dem Ziel bewusster Täuschung anderer — dennoch für sich in Anspruch nimmt, logisch zu argumentieren.

Wo man mit den Mitteln der Informatik nach Wissen sucht, geschieht das i.A. zweckgebunden und unter Hinnahme gut abschätzbarer Ungenauigkeiten. Sie hinzunehmen dient dem Ziel, trotz begrenzter Ressourcen zu einem praktisch verwertbaren Ergebnis zu kommen.

 

  Beitrag 2028-7
-

 
 
Irena aus 2028-4:
Grtgrt aus 2028-1:
 
Zu einer Karikatur von Philosophie kommt es dort, wo man Gesetze der Logik ignoriert und — aus Dummheit oder mit dem Ziel bewusster Täuschung anderer — dennoch für sich in Anspruch nimmt, logisch zu argumentieren.

Offen gesagt, es schwebt mir eine andere Karikatur vor. Ich weiß nicht wie hier in Deutschland, aber in dem Umfeld, wo ich aufgewachsen bin, hatte man etwas abfällig als Philosoph den Menschen genannt, der gern viel redet aber im Grunde nichts sagt. Es ist für mich geblieben als Karikatur an einen Philosophen: viel redet, nichts aussagt.
 


Diese andere Karrikatur sehe ich schon auch — sie ist aber Spezialfall dessen, was ich sage. Wo nämlich viel geredet wird ohne etwas auszusagen, findet sich ja auch keinerlei Logik (die Rede dient ja dann sogar genau dem Zweck, dem Zuhörer die Logik nur vorzugauckeln). Ich nenne so was Biertischpolitik, Verschleierungspolitik, oder im Extremfall auch Betrugsversuch.

Erst wer das Ausmaß, in dem eine Rede Logik enthält, genau erkannt hat, wird wissen, welchen Wert die Rede hat.

 

  Beitrag 2028-26
Philosophie — meine zweite, eher emotionale Definition

 
 
Irena in 2028-20:
 
Ein guter Logiker ist keinesfalls ein Philosoph. Daher die Frage: Was ist genau die Philosophie? bleibt unbeantwortet.


Hi Irena,

da gebe ich dir recht. Aber vielleicht könnte man sagen:


Philosophie ist die gezielte Anwendung des menschlichen Verstandes hin zum Ziel, Antworten auf Fragen zu finden,

die dieser Verstand sich stellt,  o h n e  über die Freude nachvollziehbaren Verstehens hinaus weitere Belohnung zu erwarten.



Gruß, grtgrt

PS: Verstehen nenne ich genau dann nachvollziehbar, wenn die Argumentation, die zum Verständnis führt, anderen mitteilbar ist und ihnen hilft, schneller zur gleichen Einsicht zu kommen.
 

  Beitrag 2028-29
Philosophie und eine Philosophie sind etwas deutlich Verschiedenes

 
 
Emmins in 2028-27:
 
Eine Reduktion auf Ansprüche von Logik hat zwar Tradition innerhalb der Philosophie, aber welcher heute lebende Philosoph würde noch ernsthaft behaupten wollen, es gäbe z.B. nur logisch-analytische Philosophie (selbst wenn er oder sie sich für dafür entschieden (!) hätte)?

Man kann also immer nur sagen: "Ich verstehe Philosophie als eine Wissenschaft, die...."
oder noch plausibler: "Ich beziehe mich mit meinen Verständnis von Philosophie auf den XYZ-Zweig der Philosophie....".


Hallo Emmins,

man sollte nicht übersehen, dass » Philosophie « etwas ganz anderes ist als » eine Philosophie «.

Genauer:
  • Unter » Philosophie « verstehe ich tatsächlich nur das logisch analysierende Nachdenken über welchen Gegenstand auch immer.
  • Alles andere wäre mehr nur » eine Philosophie « (d.h. eine Menge von Grundsätzen und Prinzipien, die dem Zweck dienen, bestimmte Handlungsweisen als erwünscht oder nicht erwünscht, im Extremfall auch als gut oder böse, einstufen zu können).


Der Unterschied besteht darin, dass Philosophie im klassischen Sinne sich keinem bestimmten Zweck unterordnet, wohingegen jede konkrete Philosophie — so objektiv sie sich auch geben mag — etwas durchaus zweckgebunden Konstruiertes darstellt. Und natürlich gibt es da auch Mischformen ...


Gruß, grtgrt
 

 Beitrag 0-35
Realität ist eher nur selten Wirklichkeit

 
 

Schon Platons Höhlengleichnis hat versucht, zu erklären:

 
 
Realität ist etwas durch unseren Verstand Konstruiertes (etwas Subjektives).
 
Erst Wirklichkeit ist das objektiv Vorhandene: das tatsächlich Wirkende.

 
 
 
Realität ist keineswegs immer Wirklichkeit
 
Quelle: Christoph Hubig, FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur

 
 
 
Beispiele dafür, dass die Realität — als ein durch unser Gehirn gemaltes Bild der Wirklichkeit — hin und wieder ganz schön weit vom Wirklichen entfernt sein kann, finden sich im Video Realität ist oft nur Illusion.
 
 
 
Realität entsteht durch erst  I n t e r p r e t a t i o n  und dann  E x t r a p o l a t i o n  von Information,
 
die unsere Sinne empfangen und dem Gehirn zuleiten.

 
 
Sie ist nicht selten stark subjektiv geprägt, da wir oft nur erkennen, was wir erwarten.

 
Man kann es auch so ausdrücken:

 
Aller Sinn, den wir der Welt unterstellen, entsteht in uns selbst.
 
Die Wirklichkeit ist wie eine weiße Leinwand.
Wir bemalen sie selbst, und das so entstandene Bild ist die Realität, in der wir leben.

 
 
 
Und so hält jeder Mensch die Realität, in der er und andere leben, für am genauesten beschrieben durch
 
die Menge aller Aussagen, welche er selbst als wahr erachtet.

 
 
 
Warnung:
 
Leider benutzen selbst Wissenschaftler ein und dieselben Begriffe nicht immer in ein und derselben Bedeutung. Und so kommt es, dass, was oben » Realität « bzw. » Wirklichkeit « genannt wird, von Helmut Hille als » geistige Wirklichkeit « bzw. » außergeistige Realität « bezeichnet wird.
 
Selbst Philosophen (z.B. hier) verwenden oft das Wort "Wirklichkeit", wo sie über Realität sprechen. Das kann, wie etwa bei Markus Gabriel, recht verwirrend sein.
 
Solch unterschiedlicher Sprachgebrauch hat zur Folge, dass man schon wirklich sehr genau zuhören muss, um zu wissen, was Anton Zeilinger meint, wenn er sagt, Wirklichkeit und Information seien dasselbe, es sei aber Wirklichkeit doch nicht einfach  n u r  Information [siehe die Diskussion im Video "Information und Wirklichkeit" ab Minute 31:00 bis zum Schluss].
 
Insbesondere ist nicht klar, ob Helmut Hille Zeilinger richtig versteht.
 
Zeilinger jedenfalls denkt wie Niels Bohr, der ebenfalls unterschied zwischen
  • dem, was die Natur ist (und wie sie funktioniert)
  • dem, wie sie sich uns zeigt (Information im Sinne Zeilingers) und
  • dem, was unser Gehirn aus dieser Information macht: Unsere Realität.

 
Interessante Ergänzung:
 
Was für eine Person zur Realität wird, lässt sich sogar manipulieren. Dies zeigt ein Ergebnis Schweizer Neurologen aus 2002: Sie konnten bei einer Patientin gezielt sog. Out-of-Body-Erfahrungen hervorgerufen.
 
 
 
Hier noch eine ganz besonders interessante Frage:

 
 
Ist Geist der Wirklichkeit zuzurechnen?

 
Wenn Biologen — oder gelegentlich auch Quantenphysiker — von » Geist « sprechen, meinen sie damit etwas, das es definitiv gibt, das aber doch durch keinerlei Messgerät erfasst werden kann. Hieraus folgt: Auch Geist könnte einfach nur etwas durch unseren Verstand Konstruiertes sein.
 
Mathematische Gesetzmäßigkeiten aber sind eindeutig der  W i r k l i c h k e i t  (und NUR ihr) zuzuordnen: Sie nämlich existierten schon lange bevor es in unserem Universum Menschen oder andere biologische Wesen gab.
 
Alles Existierende scheint letztlich Energie in unterschiedlichster Form zu sein, diese Form allerdings wandelt sich — gesteuert durch mathematische Gesetze — ständig (ebenso wie die Form der Wellen im Ozean sich ständig wandelt).
 
FRAGE also: Besteht Wirklichkeit vielleicht NUR aus Energie und mathematischen Gesetzen?
 
Görnitz argumentiert: Alles Reale ist einfach nur Bedeutung. Die Wirklichkeit ist Geist.
 
 
Quantenphysiker sagen gelegentlich, alles in der Welt sei durch Information durch Form erzwingende Information mathematischer Art — gesteuerte Energie. Die Form aber ist ständig im Fluss.
 
 
Wäre Geist der Wirklichkeit zuzurechnen, könnte auch Energie nur Realität sein.
 
Im umgekehrten Fall aber wäre Geist nur Teil unseres Bildes der Wirklichkeit, der Energie also.
 
Das wiederum kann man nicht so recht glauben, obgleich es doch so scheint, als ob Bewusstsein – von Geist kaum zu unterscheiden – aus Energie emergiert.

 

 
 
 
Auf jeden Fall ist erstaunlich, wie Physiker und Philosophen nun schon 2600 Jahre lang
 
ständig neu zum selben Ergebnis kommen:
 
 
Zitat von N. Bohr:

 
Die Physik kann nicht ergründen, wie die Natur funktioniert.

Aufgabe der Physik ist lediglich, zu untersuchen, wie die Natur sich uns zeigt.

 

Zitat von I. Kant:
 
Es gibt die Dinge der Erscheinungen und die Dinge an sich.

Wir kennen die Dinge nur so, wie sie auf uns wirken.


 

Mehr zu Kants Philosophe ...

 

Und hier der Grund, warum wir recht oft zu unterschiedlicher Meinung kommen:

Zitat von Nietsche:

 
Jedes Sehen ist perspektivisches Sehen.

 


Und genau das bestätigt uns im 20. Jahrhundert die Quantenphysik.

Lange vor Kant und Bohr vertrat diese Meinung auch schon Parmenides (geboren um 530 v.Chr.). Er schrieb:

Zitat von Parmenides:

 
Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen;
die Welt ist nur Meinung ...

 


Und genau das bestätigt uns im 20. Jahrhundert die Quantenphysik.



Steven Hawking (1993):

  Es hat keinen Zweck, sich auf die Wirklichkeit zu berufen, da wir kein modellunabhängiges Konzept der Wirklichkeit besitzen.

Nach meiner Meinung ist der unausgesprochene Glaube an eine modellunabhängige Wirklichkeit der tiefere Grund für die Schwierigkeiten, die Wissenschaftsphilosophen mit der Quantenmechanik und dem Unbestimmtheitsprinzip haben.

Quelle: Mein Standpunkt

|
 
Ich nehme den positivistischen Standpunkt ein, daß eine physikalische Theorie nur ein mathematisches Modell darstellt und daß es nicht sinnvoll ist, zu fragen, ob dieses der Realität entspricht. Man kann nur fragen, ob seine Vorhersagen mit den Beobachtungen in Einklang stehen.

 

 Beitrag 0-410
Wie weit kennen wir die Wirklichkeit?

 
 

 
Wie weit kennen wir die Wirklichkeit?

 
 
Realität ist meist nur etwas durch unseren Verstand Konstruiertes: etwas Subjektives, von dem wir nur  g l a u b e n , es sei objektiv genau so vorhanden.
 
Erst Wirklichkeit ist das objektiv Vorhandene: das tatsächlich Wirkende.
 
 
Wahrscheinlich sind  mathematische Wahrheiten  der einzige Teil der Wirklichkeit, den wir — wenn auch nur teilweise — kennen.

 

  Beitrag 949-9
Die Welt, in der wir leben, ist uns noch gar nicht bekannt

 
 
Maximilian aus 949-1:
 
Die Welt und deren Bedeutung lässt sich nach Belieben durch Vorstellung und Illusion erweitern.


Wie findet ihr dieses Zitat, wie steht es um deren Richtigkeit, was möchtet ihr dazu sagen, und welches kennt ihr und haltet es für diskussionwürdig.


Die moderne Physik bestätigt mehr und mehr die schon recht alte Erkenntnis, dass wir die Welt und deren Bedeutung noch gar nicht kennen, sondern dass ALLES um uns herum nur Vorstellung und Illusion ist.

Parmenides (geboren etwa 530 v. Chr.) lehrte: "Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen; die Welt ist nur Meinung ...".

Und genau das bestätigt uns im 20. Jahrhundert der Physiker Niels Bohr.

 

  Beitrag 949-16
Über die Begriffe Bewusstsein und Wirklichkeit

 
 
H... aus 949-12:
 
warum versucht der Mensch häufig, das wirkliche Etwas zu erfassen??? Was ist denn "wirklich"?


Hallo H...,

wenn deine Frage gemeint war als

Warum versucht der Mensch häufig, das eigentliche Etwas zu erfassen?


scheint mir die Antwort klar: Er ist schlicht und einfach neugierig und frägt sich deswegen, ob das, was er bisher für unbegründbar hielt, nicht vielleicht doch eine Begründung hat.

Ob das, was er dann findet, von höherer oder geringerer Wirklichkeit ist, als das, was er schon kannte, steht auf einem ganz anderen Blatt (und könnte von Fall zu Fall verschieden sein).

Aus Sicht der Quantenphysik jedenfalls ist der Zustand, in den ein Quantum springt, wenn man es beobachtet, sicher konkreter als der Überlagerungszustand, in dem es sich vorher befindet. Ist er aber deswegen auch wirklicher? Mir erscheinen beide als gleich wirklich (es sind halt nur Zustände unterschiedlicher Art).

Wenn ich aber einer Person die Hand schütteln kann, wird sie mir sicher mehr wirklich sein, als wenn ich sie nur über ein Photo kenne (selbst dann, wenn ich sicher sein kann, dass es nicht manipuliert wurde).

 
H... aus 949-12:
 
Was ist den eigentlich Bewusstsein und Wahrnehmung???


Ich definiere:

Ein Ding hat Bewusstsein, wenn es sich selbst von anderen unterscheiden kann.


Die Tatsache allerdings, dass die Philosophen auf diese einfache Erklärung noch gar nicht gekommen zu sein scheinen, macht mich sprachlos.

Dass ein Ding D1 ein anderes Ding D2 wahrnehmen kann, bedeutet in meinen Augen,
  • dass D1 von D2 kommende Signale empfängt
  • und die dazu nutzen kann, sich ein ihm selbst bewusstes Bild (Modell) von D2 zu machen.
Es ist dabei unerheblich, ob die von D2 kommenden Signale durch D2 erzeugt oder (man denke an einen Spiegel) von ihm nur in Richtung D1 umgelenkt wurden.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-27
Wie ein Ding uns erscheint, hängt vom Ding, aber auch von uns ab

 
H... aus 949-21:
Hallo grtgrt,

Grtgrt aus 949-16:
wenn deine Frage gemeint war als

Warum versucht der Mensch häufig, das eigentliche Etwas zu erfassen?


scheint mir die Antwort klar: Er ist schlicht und einfach neugierig und frägt sich deswegen, ob das, was er bisher für unbegründbar hielt, nicht vielleicht doch eine Begründung hat.

die Frage ging in Richtung des ewigen Zweifels "Ist meine Wahrnehmung Wirklichkeit" (also von mir unabhängig...)?

Grundsätzlich haben wir es ja mit dem Fall selbsorganisierter Materie zu tun (Erd-Leben), die in einen merkwürdigen Zustand gerät: Widerspiegelung/Selbserkenntnis.
Kann man dem trauen (was ist das nun wieder?) und aus diesem Zustand tatsächlich ableiten, dass die
Widerspiegelung unabhängig von der widerspiegelnden Materie ist?

Hallo H...,

mir scheint, dass wo immer wir (als Mensch) etwas wahrnehmen,

der Prozess des Wahrnehmens gleichzeitig auch ein Prozess des Abstrahierens ist.


Was uns dann also wirklich als das Ding erscheint, das wir beobachten, ist das Ergebnis jener Abstraktion.

Nun kann aber jedes Ding auf recht verschiedene Weise abstrahiert werden: Abstrahieren bedeutet, Aspekte zu ignorieren, die mir unwichtig erscheinen — was genau mir unwichtig erscheint hängt ab vom Kontext, in dem ich beobachte, und hängt auch davon ab, wie weit ich denn gedanklich überhaupt in der Lage bin, Details zu verfolgen und in ihrer Bedeutung richtig einzuschätzen. Ignorieren werde ich, was mir bedeutungslos erscheint.

Damit ist nun klar: Was der einzelne wahrnimmt, hängt nicht nur ab von dem, was er beobachtet, sondern hängt wesentlich auch von ihm selbst ab.

Genau deswegen werden wir einen Stuhl, auf den wir uns setzen, anders wahrnehmen, als z.B. Heisenberg es täte in einem Moment, in der er daran denkt, dass jener Stuhl nicht nur ein Gebrauchsgegenstand, sondern auch ein Quantensystem ist. Man könnte sagen:

Was ich wahrnehme, hängt davon ab, welche Rolle das Ding, das ich beobachte, nach meinem Dafürhalten gerade spielt.


Da ein solches Ding aber auch Rollen spielen kann, an die ich gerade gar nicht denke (ja sogar Rollen, die mir völlig unbekannt sein könnten), ist es kein Wunder, dass unsere Wahrnehmung jenes Ding vielleicht NIE in seiner ganzen Existenz erfassen wird.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-30
Wie könnte man sich kosmisches Bewusstsein vorstellen?

 
 
H... aus 949-21:
 
... wieder die Frage, was "bewusst" ist. Also, wir haben da eine Menge Materie, die sich irgendwie sinnvoll verknüpft hat.
Dann fließen da elekt. Ströme. Und solange die fließen, kann diese Materie in geheimnivoller Weise auf andere Materie reagieren.
Hier geht es wohl noch weiter...
 

Hi H...,

mir scheint, wenn man davon spricht, dass physikalische Objekte ein "Bewusstsein" haben könnten, sollte man dieses Wort nicht allzu wörtlich nehmen — es scheint mir unter allen verfügbaren Begriffen der, der am besten passt. Vielleicht muss das richtige Wort dafür aber erst noch erfunden werden.

Ein Beispiel für physikalisches Bewusstein (so werde ich in Zukunft sagen), spricht zu mir aus Bildern, die zeigen, wie sich Elektronen in den Orbitalen eines Atoms von selbst anordnen (bzw. wie sich Atome in Molekülen nach einem gewissen Muster anordnen). Sie etwa

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob sich da Elektronen bzw. Moleküle treffen wie Menschen, wenn zu einem Meeting kommen und sich dann ja auch um einen Tisch herum selbst geeignet anordnen (da sie sich der jeweils anderen bewusst sind).

Dieser gedankliche Ansatz scheint mir die Schiene, auf der man sich physikalisches Bewusstsein vorstellen muss: als eine Art Gleichgewicht also, das sich von selbst einstellt. Es kommt zu Störungen, wo solches Gleichgewicht gewaltsam gestört oder verhindert wird, und Störungen in diesem Sinne könnten durchaus vergleichbar sein mit Störungen der Gesellschaft, die eintreten, wenn z.B. Mörder morden, Diebe klauen, oder Diktatoren herrschen, wie Stalin geherrscht hat.

Im einen wie im anderen Fall garantieren die Gesetze der Natur, dass solche Störungen wieder verschwinden (das Gleichgewicht sich also wieder einpendelt). Das kosmische Bewusstsein könnte schlicht und einfach in dem Drang der Natur bestehen, mathematischen Gesetzen folgend immer wieder Gleichgewichte herzustellen (so etwa, wie es passiert, wenn man Wasser in einem Kübel umrührt: Hört man auf umzurühren, wird die Wasseroberfläche schnell wieder glatt).

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-32
Unser Bewusstsein schafft Abstraktionen — keineswegs aber alles, was ist

 
 
Hallo Henry,

mein Beitrag 949-29 sollte dich eigentlich nur darauf aufmerksam machen, dass das, was ein Schreiber (du etwa) in eine Aussage reinlegt bzw. reingelegt zu haben denkt, nicht notwendig genau das ist, was der Leser (ich etwa) dort wiederfindet.

Nun aber zu unserem eigentlichen Thema:


Henry aus 949-31:
 
Wenn du schreibst, ALLES um uns herum sei nur Vorstellung und Illusion, muss die Frage erlaubt sein, ob es jenseits dieser Illusion und Vorstellung eine Wirklichkeit gibt bzw., ob es denn tatsächlich so ist, das alles um uns herum nur Vorstellung und Illusion ist.
 

Meine Meinung ist:

Die Wirklichkeit hinter all dieser Illusion und Vorstellung gibt es tatsächlich.
Es scheint aber so zu sein, dass wir sie stets nur durch uns selbst gefiltert und abstrahiert zu sehen in der Lage sind (mehr dazu in Beitrag 949-27).


Zitat von Henry:
 
...zumal es fraglich ist, ob Bohr tatsächlich der Ansicht war, die Welt um uns herum sei nur vermeintlich und nur Meinung.
 

Ich kenne keinen Beleg dafür, dass Bohr der Meinung gewesen sein könnte, "die Welt um uns herum sei nur vermeintlich und nur Meinung".
Er sagte lediglich, dass — wie sie sich uns (in unseren Augen) zeigt — nicht verwechselt werden darf mit dem, wie sie tatsächlich ist.


Zitat von Henry:
 
Die Frage ist: Gibt es eine unabhängige physikalische Welt oder schafft unser Bewusstsein die Welt?
 

Unser Bewusstsein schafft Abstraktionen — nicht mehr und nicht weniger.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-34
Parmenides, Kant und Bohr kommen auf unterschiedlichen Wegen zum selben Urteil

 
 
Hallo Henry,

zunächst mal: Die Umgangssprache ist nun mal nicht in der Lage, so unzweideutig zu formulieren wie eine formale Sprache. Und deswegen ist, was ich in Beitrag 949-29 sage, auch gar kein Vorwurf an dich, sondern einfach nur eine Feststellung.

Dass ich dir nichts vorwerfen will, geht allein schon daraus hervor, dass ich als Beispiel Beitrag 949-28 nenne, worin es ja nicht um einen Text von dir geht, sondern um einen, der von  m i r  zu ungenau formuliert wurde.

Was nun speziell Beitrag 949-9 angeht, so habe ich da ja einfach nur zwei Zitate nebeneinader gestellt: Das von Parmenides und jenes von Bohr (bitte beachte: der Name "Niels Bohr" ist mit einem Link hinterlegt, der zum Zitat führt).

Dass zwei Personen, die zu derart unterschiedlicher Zeit gelebt haben, nicht  w o r t w ö r t l i c h  das Gleiche sagen, sondern eben nur  s i n n g e m ä ß , kann man nicht anders erwarten. Wenn ich mir aber vor Augen führe, was die beiden jeweils gemeint haben, komme ich zur Auffassung, dass sich in ihren Köpfen tatsächlich ein und dasselbe Urteil gebildet hat.

Es ist dir unbenommen, mir da nicht zu folgen, und genau  d a m i t  sich jeder Leser selbst ein Urteil bilden kann, macht Beitrag 949-9 ihm beide Zitate zugänglich (das von Parmenides direkt, das von Bohr — und zudem noch eines von Kant — über den Link).

Ich für mich kann jedenfalls nicht anders als zu sehen:

Parmenides, Kant und Bohr waren exakt der gleichen Auffassung.


Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-35
Die echte Wirklichkeit ist nicht die von uns wahrgenommene - 2 Beispiele

 
 
Guten Morgen, Henry,

vielleicht interessieren dich noch zwei Beispiele, die sehr schön zeigen, dass das, was Lebewesen wahrnehmen, i.A. eine mehr oder weniger verfälschte Sicht auf die Wirklichkeit ist (sie sich also letztlich ihre eigene Wirklichkeit schaffen):
  • In seinem Buch "Evolution and Modification of Behavior" (1966) berichtet Konrad Lorenz, dass ein gewisser Barlow entdeckt hat, dass die Nervenbahnen im Kopf eines Frosches, die von seinem Auge zu seinem Gehirn führen, über eine dort existierende Schaltstation laufen, welche nur die Bilder von fliegenden, nicht aber die Bilder von sitzenden Fliegen ans Gehirn weiterleitet. Das Bild einer bewegungslosen Fliege auf der Retina wird einfach nicht wahrgenommen, da der Frosch nur an mit Sicherheit frischer, sprich: fliegender Mahlzeit interessiert sei.
  • Die menschliche Gesellschaft (als lebender Teil des Kosmos) modiziert ihre Wahrnehmung ebenfalls selbst: Wenn nämlich Lobbyisten oder Politiker wollen, dass der Wähler was Bestimmtes glaubt, wiederholen sie einfach immer wieder eine gewisse Lüge. Der Anteil der Bevölkerung, der die entsprechende Behauptung dann für wahr erkennt, wächst mit jeder Wiederholung dieser Lüge.

Schönen Tag noch,
grtgrt
 

  Beitrag 949-36
Kant genauer verstehen (1)

 
Grtgrt aus 949-35:
 
Guten Morgen, Henry,

vielleicht interessieren dich noch zwei Beispiele, die sehr schön zeigen, dass das, was Lebewesen wahrnehmen, i.A. eine mehr oder weniger verfälschte Sicht auf die Wirklichkeit ist (sie sich also letztlich ihre eigene Wirklichkeit schaffen):
  • In seinem Buch "Evolution and Modification of Behavior" (1966) berichtet Konrad Lorenz, dass ein gewisser Barlow entdeckt hat, dass die Nervenbahnen im Kopf eines Frosches, die von seinem Auge zu seinem Gehirn führen, über eine dort existierende Schaltstation laufen, welche nur die Bilder von fliegenden, nicht aber die Bilder von sitzenden Fliegen ans Gehirn weiterleitet. Das Bild einer bewegungslosen Fliege auf der Retina wird einfach nicht wahrgenommen, da der Frosch nur an mit Sicherheit frischer, sprich: fliegender Mahlzeit interessiert sei.
  • Die menschliche Gesellschaft (als lebender Teil des Kosmos) modiziert ihre Wahrnehmung ebenfalls selbst: Wenn nämlich Lobbyisten oder Politiker wollen, dass der Wähler was Bestimmtes glaubt, wiederholen sie einfach immer wieder eine gewisse Lüge. Der Anteil der Bevölkerung, der die entsprechende Behauptung dann für wahr erkennt, wächst mit jeder Wiederholung dieser Lüge.

Schönen Tag noch,
grtgrt
 

Auch guten Morgen, Gebhard!

Deine beiden Beispiele zeigen mir, was ich schon vermutet habe – du hast überhaupt nicht verstanden, worum es bei Parmenides und Kant geht (sorry, wenn ich das so hart ausdrücke!). Es geht bei beiden, wenn sie von der Welt als etwas sprechen, was unseren Sinnen nicht zugänglich ist, NICHT darum, dass unsere Sinne uns über die physikalisch vorhandenen Welt täuschen, und schon gar um Täuschung im Sinne von bewusstem Verfälschen einer sozialen oder individuellen Wahrheit, sondern darum, dass es eine Welt jenseits der physischen Welt gibt, die unseren Sinnen PRINZIPIELL nicht zugänglich ist, das ist nämlich mit META-Physik gemeint.

Wenn Kant von seinem "Ding an sich" spricht, dann ist das nicht ein Objekt, dass in unserem Geist von einem Objekt der physikalischen Welt abstrahiert existiert, sondern das "Ding an sich" ist das, was von allen Eigenschaften, die wir ihm zusprechen, gelöst existiert. Es ist sozusagen das Wesen eines Objektes, und es ist NICHT das Elektron, dessen Ort wir nicht in Abhängigkeit der Geschwindigkeit beliebig bestimmen können.

Du darfst nicht vergessen, dass eine Vorstellung von Geist, der als Grundlage etwas Physikalisches hat (nämlich unser Gehirn), bis vor ein paar Jahrzehnten nicht denkbar war, Geist war etwas vom physischen völlig Getrenntes.

Von Bohr spreche ich in diesem Zusammenhang gar nicht, denn er bezog sich einzig und allein auf elementare Quantenobjekte (die aber ebenfalls Objekte der physikalischen Welt sind und nichts mit Metaphysik zu tun haben).

Ebenfalls noch einen schönen Tag!

Nachtrag: Wegen dieses Missverständnisses hast du auch meine Einwende nicht verstanden.
 

  Beitrag 949-37
Kant genauer verstehen (2)

 
 
Hi Henry,

du tust so, als wäre der Begriff "das Ding" bei Kant stets NUR "das Ding als Konzept".

Kant aber benutzt den Begriff "das Ding" recht unterschiedlich. Im Kant-Lexikon von Rudolf Eisler steht als erste und daher (wie ich denke) wichtigste Definition:

Zitat:
 
Unter "Ding an sich" versteht Kant die Wirklichkeit, wie sie unabhängig von aller Erfahrungsmöglichkeit, für sich selbst besteht, die absolute Realität.

 

Warum bitte, so frage ich dich, sollte diese Definition nicht auch auf so was wie ein Elektron anwendbar sein?

Im selben Artikel steht aber auch — und nur daran denkst du wohl —

Zitat:

Zuweilen erscheint das Ding an sich gar nur als reines Denkgebilde,

als reiner, von allen sinnlichen Bestimmungen losgelöst gedachter Dinggedanke

(Schwanken zwischen mehr realistischer und rein idealistischer Fassung des Begriffs "Ding an sich").
 

Es steht in jenem Lexikon weiter:

Zitat:
 
Jedenfalls will Kant sagen, daß die Art und Weise, wie sich das Wirkliche sinnlich-kategorial uns darstellt, das Wesen desselben nicht erschöpft.

 

Warum also sollte man unter "Wirklichem" dann nicht auch die Fliegen verstehen dürfen, deren eigentliches Wesen der Frosch aus dem ersten Beispiel in Beitrag 949-35 zu nur einem kleinen Teil wahrzunehmen in der Lage ist?


Kurz: Meiner Meinung nach spricht Kant keineswegs nur über Metaphysik — er spricht über ALLE Dinge, angefangen von anfassbaren aus unserem Alltag bis hin zu solchen, die wirklich NUR gedanklich existieren.

Und ganz im Ernst: Welchen Wert hätte Philosophie, wenn sie nichts mit dem praktischen Leben zu tun haben wollte?

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-39
Über den Wert von Philosophen

 
 
Henry aus 949-38:
Und zum Elektron: Kant kannte das Konzept "Elektron" nicht, und in seinem Sinne ist das Elektron nicht unabhängig von der Erfahrungsmöglichkeit, das Elektron ist Teil der physikalischen Wirklichkeit.

Es wäre schon seltsam, wenn die Erkenntnisse von Philosophen nur auf Dinge anwendbar wären, die jene Philosophen kannten — wenn dem so wäre, hätte die Erkenntnis griechischer Philosophen heute gar keinen Wert mehr. Dem ist aber definitiv NICHT so.


Zitat von Henry:
Wenn er vom "Ding an sich" spricht, ist das zwangsläufig Metaphysik.

Diese Ansicht teile ich nicht.

Zitat von Henry:
Die Frage nach dem Nutzen der Philosophie musst du tatsächlich allen Philosophen stellen, die wenigsten haben sich mit einem praktischen Nutzen der Philosophie befasst (von der Neuzeit mal abgesehen).

Auch diese Ansicht teile ich nicht, denn den Nutzen, den Philosophie hat — insbesondere für mich selbst — den beurteile ich lieber selbst.

Was ich an Philosophen schätze, ist vor allem, dass sie mich auf Ideen bringen, auf die ich sonst nicht käme.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-42
Zur Einordnung der "Erkenntnisse" griechischer Philosophen

 
Henry aus 949-40:
 
Von welchen "Erkenntnissen" sprichst du? Was die griechischen Philosophen geleistet haben und was unumstritten großartig ist, ist, dass sie sich über den "Mythos" hinaus damit beschäftigt haben, wie sich die Welt uns darstellt. Ist aber "alles fließt" eine wissenschaftliche Erkenntnis?

Und es wird auch das vollkommenen Gegenteil behauptet, nämlich unter anderem von Parmenides, "alles ist statisch und unveränderlich". Sind die "Universalien" wissenschaftliche Erkenntnis? Ist die Welt letztlich "Idee"?
 

Hallo Henry,

die "Erkenntnisse" von denen ich spreche, sind nicht notwendig "wissenschaftlich" (obgleich man da bei einigen durchaus geteilter Meinung sein kann).

Einige davon halte ich für sehr wertvolle Einsichten, über die es sich lohnt, weiter nachzudenken.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die griechischen Philosophen keineswegs in allen Punkten einer Meinung waren (es gibt halt verschiedene Aspekte, und sie alle unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach).

Die Welt ist sicher nicht einfach nur "Idee" — das Bild aber, das wir uns von ihr machen, kommt dem Begriff der "Idee" recht nahe.

Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 949-43
Wird Kant durch Eisler richtig interpretiert?

 
E... aus 949-41:
 
... völlig unorthodox ist die Tatsache das Rudolf Eisler ein sogenanntes [Kant- Lexikon verfasst hat, welches keines ist. Denn ein Lexikon verzeichnet ausschließlich Fakten und nichts anderes. Alle Deutungen, Auslegungen und Interpretationen gehören dort nicht hin. Das hat Herr Eisler aber komplett übersehen. Entweder vorsätzlich oder aus Gedankenlosigkeit.

Beide Gründe sollten einen selbstdenkenden Mitmenschen veranlassen dem Werk keine allzugroße Beachtung zu schenken.
Zumal dieser Autor 25 Jahre zuvor die "Kritische Einführung in die Philosophie. Berlin 1905." publiziert hat.

Nichts desto Trotz verblüfft mich Dein Interesse für "fremde" Interpretationen umso mehr als Du um die Gefahren einer Manipulation weist.
 

Hi E...,

da Rudolf Eisler Kants Schriften mit Sicherheit gründlicher studiert hat, als mir das den ganzen Rest meines Lebens noch gelingen könnte, wäre es dumm von mir, zu glauben, ich könne Kant treffender interpretieren als Eisler.

Die Gefahr also, dass er ihn nicht so ganz richtig interpretiert, muss ich deswegen in Kauf nehmen — auf jeden Fall so lange, bis mir jemand nachweisen kann, dass Kant sich Eislers Interpretation wegen im Grabe umdrehen würde.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-46
Sprechen Kant und Bohr über nicht Vergleichbares?

 
Zitat von Gebhard:
Man sollte seinen Verstand benutzen.

Ich tue das, indem ich bei irgend jemand (sei das nun Kant, Kant interpretiert durch Eisler, Peremides, oder Peremides interpretiert durch mich) Aussagen und Definitionen finde, die mir wahr bzw. hilfreich erscheinen, und die ich mir deswegen zu eigen mache.

Mit anderen Worten: Für mich steht im Vordergrund, ob ich dem Gesagten zustimmen kann oder nicht.

In welchem Kopf genau so eine Aussage dann wirklich entstand, scheint mir zweitrangig zu sein. Die Köpfe aber, in denen sie ihre Wurzel hat, nicht zu erwähnen käme geistigem Diebstahl gleich.

Beste Grüße,
grtgrt

PS: Wo ein Philosoph einen anderen hinführt, kann es ja durchaus vorkommen, dass der zweite es ist, der die dort gefundene Erkenntnis genauer und treffender wahrnimmt als der erste. Am Ende der Kette aber stehe stets ich mit MEINEM Urteil. Das zu wissen und entsprechend selektiv zu nutzen oder nicht zu nutzen, was ich lese, darin besteht meine Selbstängigkeit. Mit anderen Worten: Auch Kant ist nur EIN Schritt auf dem Weg hin zur Erkenntnis.

 


Gebhard, sei gegrüßt!

Ich will noch einmal versuchen, meinen Standpunkt zu erläutern. Es ist jedem unbenommen, den Verfasser einer Schrift zu zitieren und sich auch auf ihn zu berufen. Ich denke, es ist sogar lobenswert, sich mit dem Gedankengut anderer auseinander zu setzen. Aber wenn ich mich auf den Verfasser einer Schrift berufe und meine Gedanken dazu äußere oder ihn auch interpretiere, dann muss ich mir klar machen (weil wir es in unserer Diskussion mit Philosophie zu tun haben), aus welchem Weltbild heraus der Verfassern argumentiert und zu seiner Auffassung kommt.

Und hier setzt nun meine Kritik an, denn du zitierst und vereinnahmst die Aussagen von z. B. Kant, ohne dich auf den Hintergrund SEINER Weltsicht zu berufen, sondern mit dem Hintergrund deiner Sicht. Wenn du systematisch vorgehen willst, musst du erst seine Sicht mit deiner vergleichen um dann entscheiden zu können, ob es Übereinstimmungen in euren Sichtweisen gibt.

Um ein Beispiel zu nehmen: Der Satz: "Es gibt eine Welt jenseits unserer Erfahrungsmöglichkeit" hat eine grundsätzlich andere Bedeutung, ob ich an eine Welt jenseits jeder physikalischen Gesetzmäßigkeit glaube oder daran, dass aus kausalen Gründen oder aus Gründen fehlender Information ein Zugang zu dieser Welt nicht möglich ist. Bin ich z. B. der Auffassung, dass es eine Welt jenseits unserer Erfahrung gibt, glaube aber, dass alles, was existiert, letztlich auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten beruht, so darf ich zur Unterstützung dieser Auffassung nicht einen Autor zu zitieren, der daran nicht glaubt, sondern auch an eine Welt, die eben jenseits physikalischer Gesetzmäßigkeiten liegt.

Die Bedeutung von Aussagesätzen ergibt sich aus ihrem Kontext. Und wenn ich diesen Kontext ignoriere, komme ich zu falschen Interpretationen bzw. ich berufe mich fälschlicher Weise auf den entsprechenden Autor.

Henry
 

  Beitrag 949-47
Blutsband oder Fan-Verhältnis?

 
 
Hallo Henry,

zunächst mal vielen Dank, dass du dir die Mühe machst, mir deinen Standpunkt nochmals genau zu erklären. Als Antwort darauf will ich nun das Gleiche tun:

Stell dir mal vor, da sei eine Schar von Kindern, die ein Spiel spielen, welches den Namen trägt " Sag mir aus welcher Familie du kommst, dann sag ich dir welchen Beruf du hast". Nehmen wir weiter an, dieses Spiel kenne
  • drei Familen: TeileDerNatur, TeileDerPhysik, TeileDerMetaphysik
  • und zwei Berufe: Objekt, Konzept.

So wie du mir deinen Standpunkt erläuterst, kann er reduziert werden auf die Ansicht: "Wo Kant und Bohr Gleiches sagen, reden sie von Dingen völlig unterschiedlicher Natur, so dass die Tatsache, dass sie das Gleiche sagen, keineswegs so zu interpretieren ist, dass sie auch Gleiches meinen."

Mit anderen Worten:

In deinen Augen haben Mitglieder der Familie TeileDerPhysik einen anderen Beruf als die Mitglieder der Familie TeileDerMetaphysik und deswegen könne man, wo sie nur über ihren Beruf sprechen, zufällig gleiche Wortwahl nicht als Darststellung ein und derselben Erkenntnis sehen.


Betrachten wir die Aussagen
    A: Ein (metaphysisches) Konzept ist etwas völlig anderes als ein (physikalisches) Objekt,
    B: Die in Beitrag 1896-52 zitierten Aussagen von Bohr und Kant sind NICHT miteinander vergleichbar.
    C: Aus A folgt B.

Du stellt dich auf den Standpunkt: " A ist wahr, und deswegen ist auch B wahr."

Mein Standpunkt aber ist: "WENN A wahr ist, DANN ist auch B wahr."


Ich sehe also Anlass zu fragen:

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass A zutrifft?

Könnte es nicht sein, dass die Natur eben doch eine gemeinsame Wurzel von all dem kennt,
was der Mensch als physisch oder als metaphysisch einstuft?


Lothar Schäfer ist aufgefallen, dass wir (als Mensch) uns unwohl fühlen, wenn wir uns völlig entgegengesetzt aller ethischen Normen verhalten. Und so frägt er sich, ob ethische Normen nicht vielleicht Ausdruck eines uns noch nicht bekannten Naturgesetzes sein könnten, einer Art Kraft, die einen durch uns noch nicht identifizierten transzendenten Teil unserer Welt ebenso formt, wie die Gravitationskraft die Struktur der Raumzeit formt.


Kommen wir jetzt zurück zum Spiel von oben:

Sicher besteht Einigkeit darüber, dass Mitglieder der Familie TeileDerNatur den Beruf Objekt haben, und die TeileDerMethaphysik den Beruf Konzept.

Wir haben uns in diesem Forum schon mal darüber unterhalten, was denn nun eigentlich ein physikalisches Objekt sei. Bohr und ich sind der Meinung, es handle sich da um ein gedankliches Konzept, dessen Verhalten dem Verhalten der Natur entspricht.

Die Umgangssprache aber (und alle anderen, die mir damals antworteten) verstehen darunter einen Teil der Natur — und das wahrscheinlich aus 2 Gründen:
  • Wer Umgangssprache benutzt, unterscheidet zu wenig zwischen physikalisch einerseits und physisch andererseits.
  • Wer über Bohrs Erkenntnis nur wenig nachgedacht hat, kann wohl auch nicht so richtig einsehen, warum der Unterschied ein so gravierender sein sollte.

Mir ist nun aber völlig klar:

Sämtliche TeileDerPhysik sind von Beruf Konzept ( nicht aber Objekt ).


Konsequenz daraus:

Der Begriff "physikalisches Objekt" ist in sich widersprüchlich.

Man sollte ihn ersatzlos streichen und stattdessen die Begriffe "physisches Objekt" und "physikalisches Konzept" gebrauchen.


Leider wird sich der ungeeignete Begriff "physikalisches Objekt" ebenso wenig ausrotten lassen wie die von Einstein eingeführte Summen-Kurznotation (von der selbst Penrose sagt, dass sie ihn hin und wieder verwirre, wir aber wohl auf immer mit ihr werden leben müssen).

Auf jeden Fall ist nicht zu übersehen:
  • Sämtliche TeileDerPhysik und TeileDerMetaphysik haben etwas gemeinsam: Sie alle sind durch unseren Verstand erzeugte Dinge, Konzepte also.
  • Dies offenbart eine enge Verwandschaft dieser beiden Familien — eine Art Blutsband, wohingegen das Verhältnis von TeileDerPhysik und TeileDerNatur eher vergleichbar ist mit der Beziehung, die Fußballfans mit Fußballern verbindet: Die einen versuchen, den anderen möglichst ähnlich zu werden, blutsverwandt mit ihnen sind sie deswegen aber keineswegs.

Damit, Henry, sollte nun klar sein, warum ich nicht glauben kann, dass die Ähnlichkeit der Aussagen von Kant und Bohr nur eine zufällige, rein formale ist. Schließlich sind da zwei Personen — mit Peremides sogar drei — auf völlig unterschiedlichem gedanklichen Weg zur selben Aussage gelangt (!).

Man sollte daher nicht ausschließen, dass es da einen tiefen inneren Zusammenhang gibt. Bohr würde, könnten wir ihn noch fragen, so einen Zusammenhang vielleicht nicht sehen. Auch das aber wäre noch lange kein Beweis, dass er nicht doch existiert. Meine Überlegung ( Blutsband vs Fan-Verhältnis ) lässt mich feststellen:

Die Wahrscheinlichkeit, dass Aussage A falsch ist, dürfte größer als nur 0.5 sein.


Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-49
Kann uns ein physikalisches Objekt auf den Kopf fallen?

 
 
E... aus 949-48:
... denn physikalische Objekte sind alles andere als nur Konzepte.

Hi E...,

du scheinst nicht verstanden zu haben, dass
  • Physik und Natur keinswegs dasselbe sind
  • und dass mir zwar ein physisches Objekt auf den Kopf fallen kann (der Hammer etwa), aber eben nicht ein physikalisches.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-53
Parmenides, Steinwerfer, und der Stein

 
 
Okotombrok aus 949-51:
ich stimme dem Beitrag von E... Ellert weitestgehend zu.

Grtgrt aus 949-9:
Die moderne Physik bestätigt mehr und mehr die schon recht alte Erkenntnis, dass wir die Welt und deren Bedeutung noch gar nicht kennen, sondern dass ALLES um uns herum nur Vorstellung und Illusion ist.
 

dass die moderne Physik so etwas bestätigt mag ja deine Meinung wiederspiegeln, es aber so als Faktum darzustellen halte ich für arg überzogen. 

Hi Okotombrok,

ich kann diese deine Meinung durchaus nachvollziehen.

Andererseits nehmt ihr meinen Ausspruch, der den Leser ja aufrütteln will, darüber nachzudenken, wie er denn gemeint sein könnte, etwas zu wörtlich:

Auch dem Parmenides wird sehr wohl klar gewesen sein, dass der Stein, den andere ihm an den Kopf geworfen haben mögen, weil sie seine Aussage zu wörtlich nahmen, durchaus real und sehr hart war. Er wird dann aber sicher auch traurig gewesen sein, dass andere einfach nicht sehen wollen, dass sein Ausspruch auch so interpretierbar ist, dass er wahr ist.

In meinem Fall jetzt bedeutet das: Was ich sage, ist insofern wahr, als der Stein, der mir an den Kopf fliegt, als Quantensystem betrachtet etwas ganz anderes ist als der kompakte feste Klumpen, als den Steinwerfer ihn sehen. Meine Aussage will darauf hinweisen, dass man sich durchaus darüber streiten kann, welche dieser beiden Formen denn nun eigentlich die wirklichere ist. Und wer will so genau wissen, ob es nicht noch eine dritte, von diesen beiden Sichten wesentlich verschiedene gibt?

Nimmt ein Steinwerfer den Stein also wirklich in vollem Umfang wahr?

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-58
Physikalisches Objekt = eine Sicht der Physiker auf die Natur

 
 
Henry aus 949-57:
es reicht, darauf hinzuweisen, dass sich "physisch" auf den (materiellen) Körper bezieht und physikalisch auf die Wissenschaft, die sich mit Gesetzen und Zusammenhängen befasst, die wir durch Messung über die Welt erhalten können - die Physik.

Siehst du, Henry,

nach eben dieser deiner Definition ist ein physikalisches Objekt eben doch nur eine durch die Physik (als Wissenschaft) konstruierte  S i c h t  auf das Objekt.

In der Informatik nennt man so was einen "View" (und der ist i.A. weit weniger als das gesamte Objekt).

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 949-63
Die Natur als Black Box (im Sinne der Informatik)

 
 
Henry aus 949-61:
 
Physik beschäftigt sich mit Objekten der Natur, was du jetzt ansprichst, ist aber eine Beschäftigung mit den Objekten der Physik, ...
 


Hallo Henry,

hinsichtlich der 3 verschiedenen Ebenen stimme ich dir voll zu.

Wovon ich in meinem Beitrag spreche, ist aber nicht die Physik gesehen als Beschäftigung mit der Natur, sondern das Ergebnis dieser Beschäftigung (das aber ist etwas rein Gedankliches, nämlich unser Verständnis von der Natur). Bohr hat uns darauf hingewiesen, dass wir damit aber nur das Verhalten der Natur uns gegenüber erfassen können, nicht mehr.

In der Sprache der Informatik bedeutet Bohrs Aussage, dass wir die Natur nur als Black Box verstehen und erforschen können. Sie kennt ein "Implementierungsgeheimnis" ihrer selbst, das uns unzugänglich ist.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1896-53
Keine Beobachtung kann uns das wahre Wesen der Wirklichkeit enthüllen

 
 

Das Credo von Lothar Schäfer — einem Physiker:

  • An der Wurzel der physikalischen Wirklichkeit erweist sich die Natur der materiellen Dinge als nicht-materiell.
  • Örtliche Ordnung wird durch nicht-lokale, unverzögert fernwirksame Phänome beeinflusst.
  • Die Wirklichkeit der Raumzeit hängt möglicherweise von Prozessen ab, die außerhalb der Raumzeit verankert sind.

Er sagt ferner:

Transzendente Wirklichkeit ist ihrem Wesen nach unbeobachtbar.

Die moderne Physik ist in zunehmendem Maße bereit, sie zur Erklärung der Wirklichkeit dennoch zuzulassen.

Die Botschaft moderner Physik ist, dass die Wirklichkeit an ihren Grenzen nicht im Nichts verklingt, sondern im Bereich des Metaphysischen.


 

  Beitrag 949-64
Wichtige Details zur Kopenhagener Interpretation

 
 
E... aus 949-62:
Wie soll ein makroskopisches System mit Bestandteilen funktionieren die quantenphysikalische Eigenschaften haben, nicht stabil, nicht fassbar, nicht berechenbar und zeitlos sind? Antworte bitte nicht auf die Frage ...
 

An alle,

es mag ja sein, dass E... die Antwort ganz genau kennt, ich aber weiß nur folgendes:

Zitat von Lothar Schäfer, Hochschullehrer:
 
Die Kopenhagener Interpretation betrachtet den Kollaps der Wellenfunktion in einem Messakt NICHT als plötzliche Änderung des Zustandes des Universums, sondern lediglich als plötzliche Änderung unseres Wissens um irgendein Phänomen der physikalischen Wirklichkeit.

Henry Stapp hat in seinem Buch "Mind, Matter, and Quantum Mechanics" (1993) diese Ansicht so charakterisiert: In der Kopenhagener Interpretation ist das wahre Wesen von ψ nicht ein Problem der Ontologie, sondern eines der Epistomologie.
 

Auf die Frage, wer Stapp denn nun eigentlich ist, bekommt man zur Antwort: "Stapp is a leading quantum physicist who has given particularly careful thought to the implications of the theory that lies at the heart of modern physics. In this book, which contains several of his key papers as well as new material, he focuses on the problem of consciousness and explains how quantum mechanics allows causally effective conscious thought to be combined in a natural way with the physical brain made of neurons and atoms."

Gruß, grtgrt

PS: Was ich an Schäfer so mag ist, dass seine Sprache ebenso klar ist, wie seine Gedanken.
 

  Beitrag 1730-54
Was ist (menschliches) Bewusstsein?

 
Bevor wir einen gemeinsamen Nenner finden können, sollten wir erst einmal miteinander abgleichen, was wir unter Bewusstsein verstehen.

Für mich ist Bewusstsein das, was wir bewusst wahrnehmen.
Also alles dass, was wir mit unseren Sinnen erfassen können.
Sehen hören, schmecken fühlen etc. all das erleben wir bewusst. Unser Gehirn nimmt es war, und wir wissen darüber.
Bewusst kommt von Wissen.

Was wir nicht wissen, spielt sich auch nicht in unserem Bewusstsein ab.

Wir wissen z.B nicht, was sich vor unserer Existenz abgespielt hat. man kann nur durch Physikalische Erkenntnisse darauf schliessen, was da passiert ist. Aber bewusst hat das niemand erlebt.

Somit ist alles, was sich jenseits unseres Wahrnehmungshorizonts abspielt, sei es räumlich oder zeitlich, kein Bewusstseinsereignis.

Deshalb kann tote Materie auch kein Bewusstsein haben

Nehmen wir einmal an, das Universum gäbe es genau so, wie es ist.
Lediglich gäbe es keine Menschen und keine Tiere mit Bewusstsein. Vielleicht gäbe es auch überhaupt keine Lebewesen.

Wo wäre denn dann das Bewusstsein?


 

  Beitrag 1915-122
Der erste Trunk aus dem Becher ...

 
 
Gregor Lämmer aus 1915-118:
 
Kein Geringerer als Werner Heisenberg hat den Ursprung sehr treffend formuliert mit der Aussage:

"Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott".


Es geht mir keinesfalls um religiöse Propaganda. Das ist für mich einfach Logik pur.


Hierin, Gregor, sind wir beide einer Meinung.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1917-1
Lothar Schäfers Weltmodell (und sein entscheidender Schritt)

 
 

Wie uns Philosophie hilft, den Kosmos zu verstehen


Was ich als philosophische Erkenntnis bezeichne ist eine Meinung, die sich über lange Zeit hinweg mindestens einer Person mehr und mehr aufgedrängt hat, die mindestens eine Person immer wieder erwogen, mit Hilfe streng logischer Argumentation kritisch überdacht, mit anderen Meinungen verglichen, dann aber doch als einzig plausiblen Standpunkt eingestuft hat.

Eine so entstandene Überzeugung ist deutlich mehr als nur eine Meinung unter vielen: Sie ist wenigstens diesem Menschen eine Art Erleuchtung, obgleich auch er sie nicht wirklich beweisen kann.


Wer philosophische Erkenntnisse ignoriert, ist selten gut beraten.

Ein uns alle angehendes Beispiel ist Kants Überzeugung, dass der Mensch Zweck an sich ist (und daher nie nur als Mittel zum Zweck benutzt werden darf):

Zitat von Kant (1785):
 
Jeder Mensch, und überhaupt jedes vernünftige Wesen,
existiert als Zweck an sich
und keineswegs nur als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen.

 

Zitat von Kant:
 
Handle so, dass du die Menschheit — sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen — jederzeit zugleich als Zweck,
niemals [aber bloß als Mittel brauchest.

 

Zitat von Lothar Schäfer (2004):
 
Kants Imperativ enthüllt die akute Immoralität unseres heutigen Gesellschaftsystems. Wir stehen dauernd unter dem Druck der Verderber: im Geschäftsleben wie in der Politik sind wir ständig gefordert, Menschen nur als Mittel zum Zweck zu betrachten.
 


Dass philosophische Erkenntnisse sehr wertvoll sein können (wie dieses Beispiel zeigt), ist eine Sache.

Eine ganz andere aber ist, dass – wo es um Naturwissenschaft geht – oft völlig unklar bleibt, wie man der Philosophen Aussage zu interpretieren hat, damit sie uns zur Erleuchtung wird.

Schlimmer noch: selbst der Philosoph selbst, weiß das oft nicht wirklich. Es scheint vielmehr so zu sein, dass besonders tiefe Wahrheiten sich auch ihm nur einen kurzen Augenblick lang offenbaren. Er kann so eine Wahrheit dann nicht mehr vergessen, weiß jetzt, dass sie existiert, kann sie aber doch nicht weiter greifbar machen.


Gutes Beispiel dafür mag George Berkely’s Erkenntnis sein:

esse est percipi   ( zu sein bedeutet wahrgenommen zu werden ).


Wie einige andere Philosophen sein Werk in allzu vielen Worten interpretieren, geht meiner Meinung nach völlig an dem vorbei, was sich ihm da einen kurzen Moment lang als tiefe Wahrheit gezeigt haben mag. Treffender zu interpretieren scheint ihn Lothar Schäfer, der denkt:


Berkely ist der Meinung, dass alles, was wirklich existiert, eine Art Bewusstsein hat.

Damit sagt er umgekehrt, dass wo immer wir ein Ding wahrnehmen, welches KEIN Bewusstsein zu haben scheint,
wir es in seiner wirklichen Existenz noch gar nicht gesehen, geschweige denn begriffen haben.


Nehmen wir also mal an, das betrachtete Ding sei der Stuhl, auf dem ich eben sitze. Hat der ein Bewusstsein? Wohl nicht (würden wir meinen). Also, so sagt Berkely, ist das, was ich sehe, wenn ich ihn fühle, greife, betrachte nur eine durch mich selbst produzierte Illusion — eine Art Abstraktion könnte man sagen. Sie zeigt ihn nur projeziert in meine eigene gedankliche Welt.

Und tatsächlich: Ein Physiker wie Heisenberg etwa, sieht jeden Stuhl ganz sicher auch als ein Quantensystem, woraus ihm dann sofort klar wird, dass der Stuhl eine wesentlich weniger materielle Existenz hat als er sie in den Augen dessen hat, der ihn gerade als Sitzgelegenheit benützt. Kann man sich dann aber nicht mit Recht fragen, ob nicht vielleicht auch Heisenbergs Vorstellung von der Natur der Existenz des Stuhls noch sehr weit von der entfernt ist, die des Stuhles wirklich wahre ist — jene also, in der er dann tatsächlich Bewusstsein haben könnte?


Hier angekommen, wird so mancher versucht sein zu sagen: Wenn wir nicht wissen, was eine ganz bestimmte Aussage eines Philosophen denn nun genau bedeutet — und wenn er selbst noch damit kämpft, sie zu verstehen — mache es wohl keinen Sinn, sich länger damit zu befassen.

So zu denken aber wäre falsch, wie uns gleich drei Beispiele zeigen:

  • Chemiker und Physiker des 19. Jahrhunderts haben Demokrits Atomtheorie – sie geht eigentlich zurück auf seinen Lehrer Leukippos (etwa 500 v.Chr.) – neu ausgegraben und konnten sie erstaunlich genau bestätigen. Wer mir das nicht glaubt, der wird es sicher Heisenberg glauben.
  • Und Heisenberg gibt gleich noch ein zweites Beispiel: "Die Wahrscheinlichkeitswelle von Bohr, Kramer und Slater ... bedeutete so etwas wie eine Tendenz zu einem bestimmten Geschehen. Sie bedeutete die quantitative Fassung des alten Begriffes der » Potentia« in der Philosophie des Aristoteles."
  • Noch erstaunlicher: Parmenides (geboren um 530 v.Chr.) lehrte: "Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen; die Welt ist nur Meinung ...". Und genau das bestätigt uns im 20. Jahrhundert der Physiker Niels Bohr.

Wir sehen: Die moderne Physik bestätigt mehr und mehr die schon recht alte Erkenntnis, dass

wir die Welt und deren Bedeutung noch gar nicht kennen,
sondern dass ALLES um uns herum nur Vorstellung und Illusion ist.


Wo aber stehen wir dann? Sind wir beim Versuch, die Welt zu verstehen, in eine Sackgasse gelangt? Es sieht nicht so aus:


Der Astrophysiker und Mathematiker Sir James Jeans (1877-1946) schrieb 1931:

Zitat:
 
Man kann sich das Universum am besten ... als aus einem reinen Gedanken bestehend vorstellen, wobei wir den Gedanken woran, mangels eines umfassenden Wortes, als den eines mathematischen Denkers beschreiben müssen ...

Das Universum sieht immer mehr wie ein großer Gedanke aus als wie eine große Maschine. Geist erscheint nicht mehr wie ein zufälliger Eindringling in das Reich der Materie, sondern wir fangen an, Verdacht zu schöpfen, dass Geist Schöpfer und Herrscher im Reich der Materie ist — natürlich nicht unser eigener individueller Geist, sondern der, in dem die Atome als Gedanken existieren, aus denen unser eigenes Bewusstsein gewachsen ist ...

Wir entdecken, dass das Universum Hinweise auf eine planende und kontrollierende Kraft offenbart, die etwas mit unserem individuellen Geist gemein hat.
 

Ist Jeans dann aber mit diesem Verdacht nicht schon ganz nahe an dem, was George Berkely mit seinem esse est percipi wohl erahnt hat?


Meiner Ansicht nach, könnte der nächste große Schritt, den Philosophen und Physiker sich wünschen gehen zu können, sehr wohl über das Weltbild des Lothar Schäfer führen. Wenn ich ihn richtig verstehe, lässt es sich so zusammenfassen:



Lothar Schäfers philosophische Meinung


Schäfer, ein Professor für Physik in Arizona, nicht der gleichnamige Philosoph, sieht drei Wurzeln unseres Wissens:
  • das Erfahren, Beobachten und Interpretieren der raumzeitlichen Wirklichkeit,
  • den gezielten Gebrauch unserer Vernunft in Übereinstimmung mit jedem anerkannten Gesetz logischen Denkens,
  • daneben aber auch die epistemischen Prinzipien des sich selbst bewussten Geistes (der mindestens uns, möglichwerweise aber sogar dem gesamten Kosmos Bewusstsein verleiht).
    Man beachte: Schäfer spricht hier von epistemischen (nicht aber von epistomologischen) Prinzipien. Was er als dritte Quelle unseres Wissens sieht, ist demnach all das, was logische Konsequenz dessen ist, was unser "sich selbst bewusster Geist" als "ganz offensichtlich wahr" einstuft.

Schöpfend aus diesen 3 Quellen des Wissens kommt Schäfer zu einem Weltbild, welches das von Bohr und Heisenberg um einen, wenn er denn richtig sein sollte, ganz entscheidenden Schritt weiter denkt (in Punkt 3):
  • Die Grundlagen der materiellen Welt sind nicht-materiell.
  • Fast alle Dinge sind aufgebaut aus Dingen, die weit weniger konkret sind als sie selbst.
  • Über quanten-physikalische Experimente haben wir Zugang zu einer anderen Wirklichkeit gefunden: Sie könnte die Welt der platonischen Ideen sein.
    Hinweis: Die platonische Idee — das sollte man wissen — bezeichnet kein mentales Erzeugnis, keinen Einfall oder Gedanken. Platon geht davon aus, dass die Welt, wie sie vom Menschen sinnlich wahrgenommen wird, einem eigenständig existierenden Reich sog. Ideen nachgeordnet ist, welches einen Teil unserer Welt darstellt, den man nur auf geistigem Weg erkennen und erforschen kann, da alles dort Existierende sinnlicher Wahrnehmung entzogen sei [also nicht Gegenstand der Experimentalphysik sein kann .

Schäfers gedanklicher Weg ist bemerkenswert, da er uns hin zu einem Punkt führt, an dem man nicht mehr wirklich ausschließen kann, dass unser Universum — eher noch der gesamte Kosmos — eine überaus wichtige transzendente Dimension hat, die
  • Ideen ( Konzeption) im Sinne Platons darstellt
  • und vielleicht sogar dem gesamten Kosmos wirklich eine Art Bewusstsein gibt.

Schäfer meint: Die Annahme, das das menschliche Bewusstsein einfach nur Fortsetzung eines kosmischen Bewusstseins sein könnte, würde einige Rätsel erklären, darunter z.B.

Wenn, wie Schäfer da vermutet, der menschliche Geist tatsächlich Teil eines kosmischen Bewusstsein sein sollte, so würde das erklären, warum gewisse Denkergebnisse griechischer Philosophen sich zwei Jahrtausende später als so erstaunlich richtig erwiesen.


Gebhard Greiter (grtgrt)

PS: Ich würde mich freuen, wenn gerade zu diesem Thema hier im Forum eine wirklich lebhafte Diskussion entstünde.

 

  Beitrag 1917-3
Wo endet Meinung, und wo beginnt Erkenntnis?

 
 
Harti aus 1917-2:
 
Zu der Themenfrage "Ob Philosophie Erkenntnis bringt oder nur Meinung ist" würde ich antworten:
Es handelt sich um einen konstruierten Gegensatz.. Philosophie kann beides bringen/sein.
 


Hallo Harti,

dass Philosophie ganz offensichtlich beides liefert ist sicher richtig. Wo aber liegt im konkreten Fall die Grenze zwischen "schon Erkenntnis" und "noch Meinung"?

Der Pferdefuß bei der Philosophie ist, dass sie nicht in der Lage ist, diese Grenze klar genug zu ziehen. Und genau das unterscheidet sie ja von den sog. exakten Wissenschaften (und insbesondere von der Mathematik, auch wenn die — jetzt mal nur als Denkmethodik verstanden — als ein Spezialfall der Philosophie entstand).

Da die Anwendbarkeit rein mathematischer Denkwenge in sehr vielen Fällen gar nicht gegeben ist, wird uns Philosophie weiterhin unentbehrlich sein. Nur sie ist an keine Grenze des Denkens gebunden (Logik mal ausgenommen, weswegen ich deren Regeln denn auch als Naturgesetz sehe).

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1917-4
Berkelys » esse est percipi « scheint weder beweisbar noch widerlegbar

 
 
Harti aus 1917-2:
 
Die widersprüchlichen Behauptungen, außerhalb unserer Wahrnehmung existiert etwas und außerhalb unserer Wahrnehmung existier nichts, können wir mit Wahrnehmung (Wissen) nicht entscheiden, da dieses "Etwas" und diese "Nichts" ja gerade außerhalb unserer Wahrnehmung angesiedelt sind.
 

Dennoch lässt sich feststellen:
  • Wir entdecken immer wieder etwas, das wir zuvor nie wahrgenommen haben.
  • Auch kommt immer wieder vor, dass dieses bisher nicht Wahrgenommene von unterschiedlichen Personen unabhängig voneinander zu unterschiedlicher Zeit entdeckt wird.
  • Daraus aber folgt: Es hat ganz offensichtlich — jedenfalls in der Mehrzahl aller Fälle — auch schon vorher existiert.
  • Konsequenz daraus: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit existiert eine ganze Menge, was noch gar kein Mensch wahrgenommen hat.
  • Ein Widerspruch zu Berkleys Meinung muss das noch keineswegs sein, denn sollte der Kosmos ein Bewusstsein haben, kann er sich ja durchaus selbst wahrnehmen.
 

  Beitrag 1917-7
Was man unter Bewusstsein (im Sinne der Physik) verstehen könnte

 
 
U...bus aus 1917-5:
 
Was ist denn Bewußtsein?
 

U...bus:

In Beitrag 949-28 und Beitrag 949-30 steht, wie ich diese Frage beantworten würde.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1917-9
Wie Schrödinger und die moderne Chemie zwei Auffassungen von Demokrit bestätigen

 
 

Wie Schrödinger und die moderne Chemie zwei Auffassungen von Demokrit bestätigen


Schon die Griechen (Demokrit, etwa 430 v.Chr.) waren erstaunlich treffsicher, wenn es darum geht, zu erklären, welche Form Materie hat:

Nach Demokrit besteht der Raum aus aneinandergepackten Atomen, die festen Umriss haben und die, je nachdem wie sie angeordnet sind, zur Vielfalt der wahrnehmbaren Qualitäten aller materiellen Dinge führen: Farbe, Geruch, Geschmack, etc.


Besonders interessant ist, dass er schon der Meinung war, dass Atome andere Qualität besitzen als gewöhnliche Dinge.


Ein gewisser E. Paulus hat 2004 einen in Demokrits Schriften gefundenen Satz aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzt wie folgt:

Zitat von Demokrit:
Man nimmt freilich Farbiges als gegeben hin, man nimmt Süßes als gegeben hin, man nimmt Bitteres als gegeben hin, in Wirklichkeit aber gibt es Atome und Leeres.

Noch im 19. Jahrhundert war man, was ein zutreffendes Atommodell betrifft, bei weitem nicht so weit, wie Demokrit. Thomson etwa (1856-1940) glaubte an das sog. Rosinenpudding-Modell, nach dem man sich die Atome vorzustellen hatte als Kleckse einer elektrisch geladenen Masse, in denen die Elektronen stecken wie Rosinen in einem Pudding.

Erst Rutherford (1871-1937) erkannte, dass jedes Atom fast nur aus Leere besteht. Zu Atom und Atomkern schrieb er:

Zitat von Rutherford:
 der Atomkern — ein Staubkörnchen auf dem Boden einer Kathedrale;

die Elektronen — wie ein paar Fliegen im Gewölbe der Kathedrale.

Dazwischen Leere — nichts.


In Schrödingers Bild vom Atom, unserem heutigen Weltbild also, sind die Elektronen stehende Wahrscheinlichkeitswellen, festgezurrt am Atomkern. Sie sind leer, tragen weder Energie noch Masse und stellen lediglich Information dar: Information über die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron hier oder dort für einen Augenblick nachweisen zu können.

Im Grundzustand des Wasserstoffatoms etwa, wo Atome dieses Typs nur ein Elektron enthalten, ist der wahrscheinlichste Ort es zu finden dicht am Kern, weil da die Amplitude der Wellenfunktion am größten ist. Doch weil diese Wellenfunktion nirgendwo im Raum zu Null wird, kann es im Prinzip passieren, dass ein Elektron, das eigentlich zur Nase eines Lesers dieser Zeilen gehört, auf dem Mond beobachtet wird; dass die Wahrscheinlichkeit dafür über alle Maßen gering ist, steht auf einem anderen Blatt.

Die Spektren der Atome — das Resultat ihrer Wechselwirkung mit Licht — zeigen, dass die Elektronen in den Atomen in verschiedenen Quantenzuständen existieren, die sich durch ihre Energie unterscheiden. Jeder Zustandswechsel ist mit Emission oder Absorption von Licht verbunden.

Während Bohr noch dachte, dass diese Zustände verschieden weit gezogenen Kreisbahnen der Elekronen um den Atomkern herum entsprächen, ist man heute — mit Schrödinger — der Meinung, dass jeder Zustand einer bestimmten Wellenform entspricht. Bei einem Quantensprung verändert ein Elektron ruckartig das Muster seiner Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Man kann diese Formen, berechnen, grafisch darstellen, aber NICHT sehen: Sie sind ja nur Zahlen, die Wahrscheinlichkeiten darstellen, aber nichts sonst. Trotzdem scheinen diese Wellen zu existieren, da ihre Interferenzen in sichtbaren Phänomenen zutage treten, z.B. in den messbaren Eigenschaften von Molekülen, die sich bilden, wenn Atome eine chemische Bindung eingehen.


Welche Form also hat ein Atom? Die Antwort ist: Es hat gar keine.

Alle Abbildungen atomarer oder molekularer Wellenfunktionen, die man in Lehrbüchern findet sind künstlich erdachte Gebilde: errechnete Oberflächen von Volumen mit einem bestimmten Prozentsatz, dort ein Elektron anzutreffen.

Heisenberg Mahnung war: " Man soll sich über die Atome keine bildlichen Vorstellungen machen ".


Demokrit also lag nicht falsch mit seiner Meinung, dass da eine große Leere sei obgleich doch die Atome den Raum füllen und in ihrer verschiedenen Anordnung zur Vielfalt der wahrnehmbaren Qualitäten der Dinge führen.

Wir wissen es heute nur insofern genauer, als wir chemische Formeln kennen, diese Qualitäten zu beschreiben, und unsere berechneten Bilder verschiedene Regionen dieser großen Leere im Atom oder Molekül so einzufärben, dass die Intensität der Einfärbung die Wahrscheinlichkeit dafür zeigt, an dieser oder jener Stelle einen Blitz zu sehen, den wir dann als das dort eben noch gewesene Elektron interpretieren können.

Nachtrag:

Selbst der Schritt weg vom Konkreten hin zur reinen Idee wurde durch die Griechen schon getan:


Nach Platon waren die Atome reguläre Festkörper: die der Luft Oktaeder, die des Feuers Tetraeder, die des Wassers Icosaeder, und die der Erde Kuben. Im Zusam­menhang mit Platons allgemeiner Philosophie verstehen viele seiner Interpreten diese Beschreibung aber als: Platons Atome sind nur vordergründig reguäre Körper mit bestimmten Gestalten, er versteht sie als mathematische Formen, die reine Idee sind.

Heisenberg etwa — den Platons Philosophie sehr beeindruckt hat — bestätigt das auf Seite 99 in "Physics and Philosophy" (1958):

Zitat von Heisenberg:
 
Die kleinsten Teile der Materie sind also [ nach Platon nicht primär existierende Dinge, wie in der Philosophie des Demokrit, sondern mathematische Formen.
Es wird deutlich, dass die Form hier wichtiger ist als der Stoff, aus dem die Form besteht oder der in dieser Form erscheint.

 

Nochmals also: Die Griechen schon verstanden die Welt, so wie wir sie heute verstehen — die moderne Physik hat das durch sie skizzierte Bild lediglich konktretisiert und durch zahlreiche Beobachtungen als das einzige nachgewiesen, gegen dessen Gültigkeit nichts spricht, was der Mensch bisher beobachten konnte.

Wer will mir da noch weismachen, dass Philosophie — reines Nachdenken also — nicht auch den Weg hin zu einer physikalischen Erkenntnis beginnen kann?


Gebhard Greiter (grtgrt)
einer Darstellung von Lothar Schäfer folgend

 

  Beitrag 1916-21
Zur schier unglaublichen Treffsicherheit von Demokrits Vorstellung

 
 
Okotombrok aus 1916-19:
 
Wie Interferenzversuche zeigen sind Demokrits Atome nicht bestätigt.

Hi Okotombrok,

ich weiß zwar nicht, auf welche Interferenzversuche du hier Bezug nimmst, ansonsten aber bin ich eher bei Heisenberg, der 1973 schrieb:

Zitat von Heisenberg:
 
Im 19.Jh. folgten Chemie und Physik (Wärmelehre) ziemlich genau und mit großem Erfolg der von Leukipp und Demokrit entwickelten Atomlehre.


Einiges im Beitrag 1917-9 Erklärte — z.B. was in Richtung Chemie geht oder seine Aussage, dass Atome andere Qualität hätten als gewöhnliche Dinge — sehe ich als schier unglaubliche Treffsicherheit von Demokrits Vorstellung. Ich kann mir nicht vorstellen, wie er darauf wohl kam.

Dass man dann natürlich weitergedacht hat, ist eine andere Sache. Auch das aber stellt Heisenberg im selben Vortrag ja durchaus klar:


Zitat von Heisenberg:

...die kleinsten Einheiten der Materie sind tatsächlich nicht physikalische Objekte im gewöhnlichen Sinn des Wortes;
sie sind Formen Strukturen oder - im Sinne Platos - Ideen, über die man unzweideutig nur in der Sprache der Mathematik sprechen kann.
... wie Demokrit schon vermutete: Elementarteilchen haben andere Qualität als gewöhnliche Dinge.


Gruß, gtrtgrt
 

  Beitrag 1917-11
Die Grundlagen der materiellen Welt sind nicht-materiell.

 
 
Quante aus 1917-10:
Zu lesen steht geschrieben:
» Die Grundlagen der materiellen Welt sind nicht-materiell. «

Hi Quante,

diese Aussage zu erklären habe ich den Beitrag 1924-1 geschrieben.


Quante aus 1917-10:
... frage ich den Philosophen Grtgrt, was für ihn denn Grundlagen, im ganz konkreten, sind?

Grundlagen sind für mich die Naturgesetze — von denen die meisten, wenn nicht sogar alle, in ihrer ursprünglichsten Form wohl sämtlich auf mathematische Gesetzmäßigkeiten zurückführbar sind. Auf die Frage, woher die kommen, fällt auch mir nichts mehr ein.

Kurz also: Mathematische Gesetzmäßigkeiten sind Naturgesetz (das ist für mich offensichtlich) — und womöglich ist nichts sonst Naturgesetz.

Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1917-12
Fast alle Dinge sind aufgebaut aus Dingen, die weit weniger konkret sind als sie selbst.

 
 
Quante aus 1917-10:
Die 2. "These" wird dann noch unheimlicher:

» Fast alle Dinge sind aufgebaut aus Dingen, die weit weniger konkret sind als sie selbst. «


Diese Formulierung muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen, im Kopf angekommen wird’s dann nur noch ein grauer Brei, aber es ist in seiner Konsequenz, die Weiterführung ... der Grundlagenbedeutung, und, so vermute ich, auf einer höheren Ebene?

Hi Quante,

das ist folgendermaßen gemeint (und auf eine "höhere Ebene" muss man sich deswegen keineswegs bemühen):

Alle Dinge, die wir als Materie sehen, haben aus unserer Sicht eine recht handfeste Existenz (denk mal z.B. an Steine, dein Haus, dein Auto, dich selbst).
Dennoch bestehen sie alle aus Elementarteilchen. Die aber sind WEIT WENIGER KONKRET.

Nachdem du mir das, wie ich mal annehme, nicht glauben wirst, hier zwei Zitate eines Experten:


Zitat von Heisenberg, Seite 101:
Wenn man eine genaue Beschreibung des Elementarteilchens geben will — und hier liegt die Betonung auf "genau" — so ist das einzige, was als Beschreibung niedergeschrieben werden kann, die Wahrscheinlichkeitsfunktion. Aber daraus erkennt man, dass nicht einmal die Eigenschaft des "Seins" ... dem Elementarteilchen ohne Einschränkung zukommt. Es ist eine Möglichkeit oder eine Tendenz zum Sein.

Zitat von Heisenberg, Seite 162:
In den Experimenten über Atomvorgänge haben wir es mit Dingen und Tatsachen zu tun, mit Erscheinungen, die ebenso wirklich sind wie irgendwelche Erscheinungen im täglichen Leben. Aber die Atome und Elementarteilchen sich nicht ebenso wirklich. Sie bilden eher eine Welt von Tendenzen oder Möglichkeiten als eine von Dingen und Tatsachen.


Die beiden Zitate sind genommen aus Heisenbergs Buch "Physics and Philosophy" (1958). Ob die Seitenangaben sich auf die englische oder deutsche Ausgabe beziehen, weiß ich nicht.

Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1922-1
Was würde ein geeigneter Detektor uns offenbaren — eine weitere Kraft?

 
 

Ist die Physik ( noch oder für immer? ) auf einem Auge blind ( ohne Detektor )?


Lothar Schäfer (Professor für physikalische Chemie, nur nebenbei Philosoph, und nicht identisch mit einem in Deutschland lebenden Philosophen gleichen Namens) schreibt:

Im Bereich der Physik gibt es kein Instrument, das in der Lage ist, den vollen Bereich des elektromagnetischen Spektrums zu vermessen: Radioempfänger können Radiowellen empfangen, aber keine Mikrowellen; unsere Augen registrieren sichtbares Licht, aber keine ultravioletten Strahlen. Für jeden Bereich des elektromagne­tischen Spektrums ist ein spezifischer Detektor nötig, obwohl doch die Wellen an sich von nur einer Art sind: elektromagnetisch.

Genauso könnte es sich mit der Ordnung der Wirklichkeit verhalten ...


Grtgrt aus 949-47:
 
Schäfer ist aufgefallen, dass wir (als Mensch) uns unwohl fühlen, wenn wir uns völlig entgegengesetzt aller ethischen Normen verhalten.

Und so frägt er sich:

Könnten ethische Normen nicht vielleicht Ausdruck eines uns noch unbekannten Naturgesetzes sein,
— einer Art Kraft —
die einen durch uns noch nicht identifizierten transzendenten Teil unserer Welt ebenso formt, wie die Gravitationskraft die Struktur der Raumzeit formt?

 


Schäfer beschreibt den Schlusspunkt seines eigenes Weltbilds wie folgt:

Zitat von Lothar Schäfer:
 
Es wird hier die Ansicht vertreten, dass der menschliche Geist die geistige Ordnung der Wirklichkeit genauso in moralische Gesetze übersetzt wie die physische Ordnung in physikalische Gesetze. Die transzendente Ordnung der Wirklichkeit ist, was der Fall ist. Die aus ihr von unserem Geist abgeleiteten moralischen Gesetze sagen uns, was getan werden soll:
  • Wie die Gesetze der Physik sind auch die moralischen Gesetze Naturgesetz. Wenn sie nicht beachtet werden, ist ein Preis fällig: der innere Frieden.
  • Man kann nicht in Frieden mit seinem eigenen Ich leben, wenn man die Prinzipien des eigenen Geistes verletzt — das heißt: die Prinzipien des "geistes­ähnlichen" Hintergrunds des Universums.


Dieses Grundprinzip, im Einklang mit der Ordnung der Wirklichkeit zu leben, und die Auffassung, dass auch die ethischen Prinzipien letztlich Teil der Ordnung des Universums sein könnten, sind praktisch identisch mit zentralen Prinzipien der stoischen Ethik des Zenon aus Kition (etwa 300 v.Chr.).

Bemerkenswert ist: Erst nachdem Schäfer (so schreibt er) sein Buch schon niedergeschrieben hatte, las er über Zenon und hat erst dann den eigenen Standpunkt "mit Überraschung als stoische Prinzipien erkannt".


Falls es jemand noch interessiert:

Zenon aus Kition gründete in Athen (etwa 300 v.Chr.) die Schule der Stoiker. Er entwickelte ein ethisches System, dessen Grundprinzip die Forderung war "im Einklang mit der Natur zu leben". In seiner "Geschichte der Ethik" (1997) erklärt Hauskeller das so:

Einer griechischen Tradition folgend besteht die Tugend jeder Sache darin, dass sie ihre definierende Eigenschaft, das also, was ihr Wesen ausmacht, möglichst zu ver­vollkommnen sucht. Die Tugend eines Messers etwa bestehe darin, scharf zu sein; die eines Athleten, stark zu sein. Die definierende Eigenschaft des Menschen sei seine Vernunft. Daher müsse er sie zu ihren besten Möglichkeiten zu entwickeln. Das aber setze voraus, dass er in Harmonie mit der Natur und den Regeln der Vernunft lebt.

Obgleich nun aber Vernunft das eigentliche menschliche Wesen ausmache, komme sie, so Zenon, nicht aus dem Menschen selbst, sondern sei ein Geschenk des Universums: ein " Weltprinzip, das im Menschen Wirklichkeit erlangt — wenn es Wirklichkeit erlangt ".


Auch hier könnte man sich jetzt fragen:

Kann es Zufall sein, dass der Philosoph Zenon (300 v.Chr.) zu fast derselben Einsicht kommt, wie 2300 Jahre später völlig unabhänging von ihm der Physiker Schäfer, dessen Ausgangspunkt Erkenntnisse der Quantenphysik waren?

Ich weiß, ich weiß, einige von euch sagen, man solle keine Äpfel mit Birnen vergleichen. Aber ...


Gebhard Greiter (grtgrt)
 

  Beitrag 1922-9
Eine Klarstellung (auch, aber nicht nur, was den Begriff » transzendent « betrifft)

 
 
An Henry und Gregor:

Eurer beider Reaktion zeigt mir, dass mein Beitrag 1922-1 folgender Klarstellung bedarf:

Wenn ich das Wort » transzendent « benutze, dann meine ich damit einfach nur etwas, das direkt wahrzunehmen uns der entsprechende Sinn fehlt, das sich aber hin und wieder — ganz selten — indirekt bemerkbar macht insofern, als uns etwas korreliert erscheint, wo wir beim besten Willen keinen Grund für eine solche Korrelation erkennen können: etwas, das uns dann als absolut zufällige, aber dennoch extrem erstaunliche Ähnlichkeit auffällt.

Lothar Schäfer spricht in solchen Fällen gerne von einem » geistigen Hintergrund « physikalischer Objekte oder von der » sich selbst bewussten « Natur — beides Begriffe, die ich für nicht jedem zumutbar halte — sie suggerieren geradezu Esoterisches.

Dennoch: Wer sein Buch gelesen hat, und wem dabei bewusst wurde, wie scharf und wirklich wissenschaftlich im besten Sinne des Wortes er analysiert, und wie sorgfältig er zusammengetragen hat, was tatsächlich extrem erstaunliche Ähnlichkeiten sind, kann kaum anders, als zuzugeben, dass da vielleicht doch eine Verbindung sein könnte, die sich unserer Wahrnehmung bisher entzogen hat.

Was nun speziell Anton Zeilinger angeht, so hat der die Gabe, in seiner Rolle als Wissenschaftler wirklich nichts zu behaupten, was er nicht belegen kann. ABER: In seiner Rolle als jemand, der seine Ergebniss auch geschickt zu vermarkten versteht, pfeift er keinen Journalisten zurück, wenn der in seiner Berichterstattung ein wenig übertreibt in dem Sinne, dass er mit Begriffen operiert, die etwas suggerieren, was eine breite Öffentlichkeit als sehr spektakulär empfinden muss, was aber — kritisch hinterfragt — der Sache dann doch nicht wirklich gerecht wird.
  • Beispiel 1: Im von Gregor gefundenen Artikel empfinde ich den Abschnitt 6 (aber auch NUR den) als eine derartige Übertreibung. [Allerdings würde ich die dort in Abschnitt 2 gegebene Definition des Begriffes » transzendent « lieber durch meine ersetzt sehen.
  • Beispiel 2: In der Berichterstattung über Anton Zeilingers Ergebnisse wird hin und wieder angedeutet, zukünftige Ereignisse wären — so sähe es aus — in der Lage, das Ergebnis ihnen vorangegangener Ereignisse mit zu beinflussen. Das klingt spektakulär, ist aber falsch, denn jene zukünftigen Ereignisse liefern nur den Schlüssel, in Daten, die man in der Vergangenheit gesammelt hat, Information zu entdecken, die ohne jenen Schlüssel einfach nicht entdeckbar ist. [Wer in Zeilingers Buch "Einsteins Spuk" das Kapitel "Teleportation von Nichts" gelesen hat — und insbesondere die letzte Seite daraus (Seite 311) — wird wissen, wovon ich spreche.

Beste Grüße,
Gebhard Greiter (grtgrt)

 

  Beitrag 1922-4
Alles, was existiert, kann nur die Natur seiner Voraussetzung widerspiegeln

 
Grtgrt aus 1922-1:
Das aber setze voraus, dass er in Harmonie mit der Natur und den Regeln der Vernunft lebt.

Gebhard Greiter (grtgrt)
 

Hallo Gebhard,

besten Dank für diesen Artikel. Ich stimme Dir voll und ganz zu.

Alles, was existiert, kann nur die Natur seiner Voraussetzung widerspiegeln, auch der menschliche Geist und seine Freiheit.

Anders ausgedrückt: Nichts, was existiert, kann sich selbst widersprechen. Würde es das tun, wäre es nicht existenzfähig.
 

  Beitrag 1927-28
Zur genauen Definition der Begriffe » Geist « und » Materie «

 
Gregor Lämmer aus 1927-26:
... was bringt dann Materie hervor und plant diese?

Wer oder was Materie entstehen lässt, scheint mir überzeugend erklärt in Beitrag 1924-1.

Wer sie plant, ist weit schwieriger zu beantworten. Soweit man (als Physiker) sehen kann, sind das Naturgesetze, die in einer nur auf Geist basierenden zusätzlichen Dimension unserer Welt ihren Ursprung haben.


PS: Ich habe es bisher strikt vermieden von "Geist" zu sprechen und stattdessen den Ausdruck "nur gedanklich existierend" verwendet.

Da ich nun aber festgestellt habe, dass der Begriff "gedanklich" fast alle meine Geschrächspartner an aus Menschen kommende Gedanken erinnert, kann ich diesen Ausdruck nicht weiter verwenden.

Unter » Geist (in der Natur) « verstehe ich etwas,
  • auf dessen Existenz es zahlreiche indirekte Hinweise gibt,
  • das zweifelsfrei nachzuweisen der Mensch bisher aber keinerlei Geräte entwickelt hat.

John Archibald Wheeler war in der zweiten Hälfte seines Lebens mehr und mehr der Meinung, die Wurzel der Natur könnten rein nur aus Information bestehen.
Sollte er damit recht haben, wäre Geist (in meinem Sinne) der Mechanismus, der eben diese Information verarbeitet.

grtgrt
 

  Beitrag 1927-33
Wie realisiert die Natur erst Gedankliches, und sogar Geist?

 
 
Henry aus 1927-31:
Grtgrt aus 1927-28:

PS: Ich habe es bisher strikt vermieden von "Geist" zu sprechen und stattdessen den Ausdruck "nur gedanklich existierend" verwendet.

Da ich nun aber festgestellt habe, dass der Begriff "gedanklich" fast alle meine Geschrächspartner an aus Menschen kommende Gedanken erinnert, kann ich diesen Ausdruck nicht weiter verwenden.

Dein gesamte Fragestellung war nach meiner Ansicht nur vorgeblich ergenbnisoffen, du wolltest von Anfang an genau diese auch bestätigt sehen.

Nein, Henry,

mein Grund war, dass ich unter "Geist" eigentlich weit mehr verstehe als nur "Gedanken" oder das, was sie erzeugt und verwaltet.

Können wir denn tatsächlich sicher sein, dass Gedanken nicht auch von — was auch immer — gesteuert sein können (etwa so, wie man einen Dia-Projektor steuert und mit den Bildern füttert, die er an die Wand werfen soll)?

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1927-47
Was steckt hinter nicht-lokalen Phänomenen?

 
C... aus 1927-43:
Hallo Grtgrt, Henry, Bauhof,

Grtgrt aus 1927-37:
Warum eigentlich denkt niemand an die Möglichkeit, dass wir Teil seiner selbst sein könnten?

Ich denke nicht nur, sondern glaube schon ziemlich lange an diese Möglichkeit.

Eine Analogie ist für mich die Eltern/ Kind-Beziehung. Betrachtet man die genetische Verwandschaft (vgl. auch Informationsbegriff in Beitrag 1948-1 unter Nr. 6) und die erzieherische Beeinflussung durch die Eltern, so lässt sich m.E. durchaus die Auffassung vertreten, ein Kind sei Teil seiner Eltern. Dennoch ist das Kind ein (in gewissen Grenzen) eigenständiges, also freies, Individuum.

Hi C...,

dein Argument finde ich überzeugend.

Ich selbst habe die Sache zunächst aber weniger abstrakt gesehen. Mein Gedanke ging eher in folgende Richtung:

Die Tatsache, dass es nicht-lokale Phänomene gibt (Qantenverschränkung ist vielleicht nur ein erstes Beispiel), legt in meinen Augen die Vermutung nahe, dass die Gesamtheit dessen, was wir beobachten können, nur einen Teil der Natur darstellt — dass da also vielleicht noch ein zweiter Teil ist, den wir bisher noch nicht mal seinem Wesen nach kennen.

Eine erste Vermutung war ja, es könne da "verborgene Variable" geben. Dass sich diese Vermutung als falsch erwies, schließt aber in meinen Augen nicht aus, dass da doch irgendwas sein könnte: Etwas, das uns verborgen ist ebenso wie 10/11 jeden Eisbergs unter der Wasseroberfläche existieren und daher zunächst unsichtbar sind. Das sichtbare 1/11 so eines Eisbergs — sein über Wasser existierender Teil also — kann gut die Form von Spitzen haben, die demjenigen, der nicht unter die Wasser­oberfläche sehen kann, anmuten wie eine ganze Reihe deutlich kleinerer, einzelner Eisberge.

Ebenso könnte alle Lebewesen in unserem Kosmos etwas verbinden, das — wenn wir es registrieren könnten — uns klar machen würde, dass alles, was Bewusstsein hat, Teil eines einzigen großen Wesens ist.

Mein "könnte ..." steht hier für "rein logisch gedacht, kann man nicht ganz ausschließen, dass ...".

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1924-28
Was ist eine Platonische Idee?

 
 

Platonische Idee = etwas (als Idee) absolut genau Definiertes

Bitte beachten: Messungen können niemals absolut genau in diesem Sinne sein.


 

  Beitrag 1924-33
Nicht jedes Objekt ist ein physikalisches (oder gar materielles)

 
Grtgrt aus 1924-32:
U...bus aus 1924-31:
 
Was gibt es denn deiner Meinung nach für Elemente, die nicht physischer Natur wären?
Alles, was sich innerhalb des Universums befindet, ist physisches Objekt, oder glaubst du an Götter?

Nein, U...bus,

an Götter habe ich da nicht gedacht, wohl aber an Platonische Ideen (wie etwa die in Beitrag 1924-30 explizit definierten Mengen).

Gruß, grtgrt
 

Gebhard,

die Richtigkeit deiner These fällt und steht mit der Richtigkeit der These über die Existenz der Idee im platonischen Sinne. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung hast du aber noch nicht erbracht (so wenig wie im Übrigen Plato selbst und seine große Anhängerschar).
 

  Beitrag 1924-1
Wie aus Platonischen Ideen (sämtliche) anfassbare Materie wird

 
 

Erst Platonische Ideen machen Energie zu anfassbarer Materie


In Anhang 14 seines Buches "Versteckte Wirklichkeit" erklärt Lothar Schäfer, wie es zum Pauli-Prinzip kommt:

Es ist Folge der Tatsache, dass Elementarteilchen gleichen Typs ununterscheidbar sind und ihre Wellenfunktion deswegen gewisse Symmetrie-Eigenschaften hat. [Es gibt für dieses Identitätsprinzip keinen Beweis, doch wird es als Axiom allgemein anerkannt.

Wie Schäfer durch recht einfache Argumente zeigt, folgt aus dem Identitätsprinzip, dass die Wellenfunktion eines Systems von N gleichen Teilchen beim Vertauschen von zwei Teilchenzuständen höchstens ihr Vorzeichen ändert, ansonsten aber gleich bleibt.

Je nachdem, ob Vertauschen zweier Teilchenzustände das Vorzeichen ändert oder nicht, nennt man die Wellenfunktion antisymmetrisch bzw. symmetrisch.
In der Natur beobachtet werden beide Fälle: Teilchen, deren Spin durch ganzzahlige Quantenzahlen bestimmt ist, haben symmetrische Wellenfunktion, alle anderen haben antisymmetrische.

Da nun aber jedes Quantum durch nur 4 Zahlen (n = Energie, l = Bahnelement, m = Richtung des Bahnelements, s = Richtung des Spinmoments) eindeutig charakterisiert ist, erkennt man: Jeder über so ein Quadrupel gegebene Zustand eines Elektrons kann durch ein Elektron besetzt sein oder nicht, kann aber nie mit mehr als nur einem besetzt sein.
    Beweis: Wenn nämlich zwei Elektronen denselben Zustand hätten, würde Zustandsvertauschung die Wellenfunktion nicht ändern im Gegensatz zur Tatsache, dass Elektronen (als Fermionen) antisymmetrische Wellenfunktion haben.

Aus verschiedenen Gründen, die Blochinzew in "Grundlagen der Quantenmechanik" (1963) erörtert hat, gilt diese Formulierung des Pauliprinzips nur näherungsweise: Der Begriff "Zustand eines einzelnen Elektrons in einem N-Elektronen-System" ist nämlich nur unscharf definiert, da ein Heraustrennen des Zustandes eines Elektrons ohne Änderung des Gesamtsystems unmöglich ist. Genauer formuliert sagt das Pauliprinzip: "Die Wahrscheinlichkeit, in einem System von Spin-1/2-Teilchen zwei zu finden, für die die Messergebnisse aller den Teilchenzustand charakterisierenden charakteristischen Größen gleich sind, ist null."

Für die Elektronen eines Atoms folgt daraus, dass sie nicht alle den energiemäßig vorteilhaftesten Zustand besetzen können, denn dieser Grundzustand (n,l,m) = (1,0,0) ist voll besetzt, sobald ihn zwei Elektronen mit unterschiedlichem Spinmoment eingenommen haben. Wenn ein Atom also mehr als nur 2 Elektronen hat, so müssen diese — wie auf einer Stufenleiter — energetisch immer höhere Zustände besetzen: (2,0,0), (2,1,0), (2,1,1), (3,0,0), usw.

Daraus resultiert eine elektronische Struktur, welche Grundlage des Periodensystems der Elemente ebenso wie aller chemischen Gesetze ist.

Wichtig ist nun (siehe H. Margenau in "The Miracle of Existence", 1963):

Die Vermeidung besetzter Zustände ist NICHT eine Folge elektrostatischer Abstoßung — wie man meinen könnte —
oder irgendeiner anderen mechanischen Eigenschaft,

sondern beruht lediglich auf der Antisymmetrie der Wellenfunktionen der Elektronen (!).


Wenn nun zwei Moleküle oder Gegenstände weit voneinander entfernt sind, kann man für alle praktischen Anwendungen davon ausgehen, dass ihre Wellenfunktionen ψA und ψB unabhängig voneinander sind.

Erst wenn diese Objekte einander sehr nahe kommen (ihr Abstand etwa die Größenordnung 10-10 m erreicht), kommt es zu nicht mehr vernachlässigbarer Interferenz beider Wahrscheinlichkeitswellen, so dass man dann nicht mehr von zwei getrennten Zuständen sprechen kann. Die durch diese neue Wellenfunktion definierten Zustände des Gesamtsystems können stabilisierende oder destabilisierende Wirkung haben. Auf jeden Fall entdecken die im System vorhandenen Elektronen sofort, wo sie sich auf Zustände höherer Energie zurückziehen müssen, weil vorteilhaftere schon besetzt sind.

Nach diesem Prinzip enstehen auch die abstoßenden Kräfte zwischen zwei Molekülen oder anderen Gegenständen, die sich hinreichend nahe kommen. Der einzig und allein aus der Symmetrie-Eigenschaften der Wellenfunktion kommende Zwang, besetzte Zustände zu meiden, ruft dann physische Kräfte hervor: Platonische Ideen — die Symmetriegesetze — erzeugen dann also fühlbare Kraft, und so entsteht aus etwas, das nur gedanklich existiert, in der Tat anfassbare Materie — z.B. der Stein, von dem in Beitrag 949-59 die Rede war.


Deswegen sage ich mir:

Die durch uns bisher übersehene, in der Raumzeit fehlende zusätzliche Dimension unserer Welt ist gar nicht wirklich transzendent — es ist eine rein geistige Dimension, die aus sämtlichen mathematischen Gesetzen besteht, deren einige man als Eigenschaften mathematischer Objekte gut kennt (z.B. die Symmetrie-Eigenschaften der Wellenfunktionen).

Neu ist das alles nicht, denn schon 1995 schrieb Hans-Peter Dürr, vormals Leiter des Max-Planck-Institutes für Physik und Astrophysik in München:

... An manchen Stellen verdickt sich der Geist, gerinnt, und wird zu dem, was wir die Materie nennen.
Materie ist geronnener Geist, ...


Nüchterner und genauer ausgedrückt:

Der physische Teil unserer Welt wird geschaffen, geformt, und regiert durch nur gedanklich Existierendes.


Gebhard Greiter (grtgrt)
einer Darstellung von Lothar Schäfer folgend

 

  Beitrag 1924-2
Das Weltbild, das uns die moderne Physik nahelegt

 
 

Das Weltbild, das die moderne Physik uns nahelegt


Die zusätzliche — rein geistige — Dimension unser Welt, von der z.B. in Beitrag 1924-1 spricht, werde ich in Zukunft die Platonische nennen.

Sie ist die Heimat aller Naturgesetze. Jene existieren auf nur logischer Ebene, führen aber dennoch zum Entstehen des einen oder anderen Universums. Sie formen seine Raumzeit und erschaffen, prägen und steuern alles, was darin existiert (sei es Objekt oder Prozess).

Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass unser Universum das einzige oder gar das einzig mögliche sei.

grtgrt
 

  Beitrag 1924-11
Ist das sich selbst bewusste Bewusstsein des (oder der) Menschen Teil eines kosmischen Bewusstseins?

 
E... aus 1924-8:
 
Grtgrt aus 1924-1:
Nüchterner und genauer ausgedrückt:
 
Der physische Teil unserer Welt wird geschaffen, geformt, und regiert durch nur gedanklich Existierendes.

Gebhard Greiter (grtgrt),
der hiervon überzeugt wurde durch Argumente von Lothar Schäfer

Was selbst bei der genaueren Formulierung immer noch fehlt, ist ein Hinweis darauf wer oder was da denkt.

Gedanklich existierendes setzt voraus das gedacht wird. In diesem Fall sollte man wissen wer oder was gedacht hat als z. B. unser heimisches Sonnensystem oder noch davor unser Universum entstand. Auch Schäfers Lothar macht dazu leider keine Angaben. Vielleicht hast Du einen Tip, der auch mich in die Lage versetzt, Lothar Schäfer zu folgen.
 

Hi E...,

hiermit sprichst du eine ganz besonders wichtige Frage an. Leider habe ich noch nicht einmal die Ahnung einer Antwort darauf.

Lothar Schäfer scheint " das sich selbst bewusste Bewusstsein " des Menschen wohl als so eine Art Zipfel eines versteckten " kosmischen Bewusstseins " zu sehen. Er verkennt aber keineswegs, dass das verdammt schwierige Fragen, unseren " freien Willen " betreffend, aufwirft. Hier scheint auch er (indirekt) zu sagen: "Leider habe ich noch nicht einmal die Ahnung einer Antwort darauf."

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1924-19
Sich Platonische Ideen vor Augen zu führen bedeutet nicht, sie zu erschaffen

 
U...bus aus 1924-14:
 
"Gedanklich Existierendes" benötigt einen Denkenden, der es denkt. Also ist doch der physische Teil der Welt Voraussetzung für "gedanklich Existierendes" und nicht umgekehrt. Ohne Denkerbse kein Denken.

... ohne Denken keine Existenz, das versuche ich Physikern immer klarzuachen.
 

Hi U...bus,

was du hier sagst ist falsch, denn:
  • Erstens: Nicht alles, was nur gedanklich existiert, ist eine Platonische Idee. Bilder etwa, die wir träumen, oder Geschichten, die wir im Traum erzählt bekommen, existieren nur gedanklich, sind aber dennoch keine Platonischen Ideen.
  • Zweitens: Nirgendwo habe ich behauptet, dass erst unser Denken Platonische Ideen erschaffen würde. Ganz im Gegenteil: Die einzigen Beispiele Platonischer Ideen, von denen ich gesprochen habe, waren Folge mathematischer Gesetze, und die — darauf habe ich nun schon sehr oft hingewiesen — sind Naturgesetz.
  • Drittens: Das einzige Werkzeug, eine Platonische Idee in aller Klarheit wahrzunehmen, ist — für Menschen jedenfalls — der menschliche Verstand. Alle anderen Werkzeuge, die Werkzeuge der Experimentalphysik etwa, zeigen uns nur schattenähnliche Projektionen davon.


Meine Aussage war:

Der physische Teil unserer Welt wird geschaffen, geformt, und regiert durch nur gedanklich Existierendes.


Das Missverständnis, das ich jetzt in deinem Beitrag vorfinde, zeigt mir, dass ich mich genauer so hätte ausdrücken sollen:


Der physische Teil unserer Welt wird geschaffen, geformt, und regiert durch Naturgesetze, die Platonische Ideen sind.



Nochmals also: Die erste dieser Aussagen ist Folge der zweiten, genaueren Aussage. Es ist aber keineswegs so, dass erst unser Denken jene als Naturgesetz auf­tretenden Platonischen Ideen erschafft. Sie existieren völlig unabhängig von uns.

Beste Grüße,
grtgrt

PS: Natürlich gilt auch: Nicht alles, was jemand denkt, wurde durch ihn selbst erschaffen (also zum ersten Mal gedacht).
 

  Beitrag 1924-27
Warum Nicht-Stoffliches wohl doch existiert

 
Stueps aus 1924-23:
 
Die Dinge in unserer Welt gehorchen einer Ordnung, die sich empirisch untersuchen lässt. Daniel Kehlmann sagte in einem seiner Romane: "Und auf dem Grunde dieser Welt liegen die Zahlen." Dinge können erst in unserer Welt stabil existieren und wechselwirken, wenn sie dieser, na ich will mal sagen, "Überordnung" gehorchen.

Dies ist für mich ein Indiz, dass etwas Nichtstoffliches real existiert, dem Materie und Energie gehorchen. Wir kleiden diese Ordnung in Sprache, um sie begreifen und beschreiben zu können. Diese Sprache heißt bei uns Mathematik. Und ich verstehe Mathematik eben als das "Ordungs-Ding", nicht als menschliche Sprache allein. Die Beschränkung: "Mathematik ist ausschließlich etwas von Menschen erdachtes." ist mir persönlich wesentlich zu wenig. Ich erhebe keinesfalls Anspruch auf Richtigkeit dieser Meinung, das möchte ich betonen!
 

Ich sehe es ebenso,

grtgrt
 

  Beitrag 1924-34
Platonische Ideen existieren

 
Henry aus 1924-33:
 
die Richtigkeit deiner These fällt und steht mit der Richtigkeit der These über die Existenz der Idee im platonischen Sinne.
Den Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung hast du aber noch nicht erbracht (so wenig wie im Übrigen Plato selbst und seine große Anhängerschar).

Henry,

es handelt sich hier um keine These, sondern schlicht und einfach um eine Definition – siehe dazu Beitrag 1924-28.

Spannende Frage aber: Ist mathematische Notation wirklich die einzige Sprache, in der sich Platonische Ideen formulieren lassen?

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1924-38
Zwei weitere Beispiele Platonischer Ideen

 
U...bus aus 1924-36:
Grtgrt aus 1924-32:
 
.......an Götter habe ich da nicht gedacht, wohl aber an Platonische Ideen (wie etwa die in Beitrag 1924-30 explizit definierten Mengen).
 
Ich glaube, wir drehen uns wieder mal im Kreis:
Platonische Ideen sind das geistige Konstrukt eines Platon, d.h. in dessen Hirn sind sie entstanden und dieses Hirn war ein physisches Objekt.

Zunächst mal:

unter einer Platonischen Idee verstehe ich praktisch nie etwas, das in Platons Kopf gedacht wurde, sondern genau das, was meine Definition in Beitrag 1924-28 sagt:

Eine absolut exakt definierte Idee ( in wessen Kopf auch immer, vielleicht in gar keinem ).


Platonisch nenne ich solche Ideen nur zur Ehren Platons, weil der als erster gemerkt hat, dass es einen Unterschied gibt zwischen z.B. der Idee eines Kreises und dem Bild eines Kreises, das er in den Sand gezeichnet haben mag oder als das er den Rand des runden Schildes eines Soldaten erkannt haben wird.


Nehmen wir jetzt mal an, es wäre schon lange bevor es Menschen gab, Licht durch einen hinreichend feinen Doppelspalt gefallen und hätte auf einer Fläche dahinter ein entsprechendes Interferenzmuster erzeugt. Die konkrete Form des Musters wird sich auch damals schon aufgrund der den Quanten zugeordneten Wellenfunktion ergeben haben — obgleich die damals noch nicht mal dem Begriff nach irgend einem Hirn bekannt war.

Als Teil der Natur hat sie dennoch schon existiert — es war halt nur niemand da, der sie damals schon hätte hinschreiben können.

Da mathematische Notation (als Teil erst unserer Methodik, mit mathematischen Gesetzmäßigkeiten umzugehen) damals auch noch nicht existiert hat, scheint mir offensichtlich, dass die Natur andere Wege (Sprachen) kennt, so ein Gesetz, eine Platonische Idee also, festzuhalten.

Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1924-41
Eigenschaften der platonischen Beschreibung eines "Dings"

 
Grtgrt aus 1924-40:
 
Hi Stueps,

ja: du hast völlig recht, wenn du sagst, es ginge um die das "Ding"  d e f i n i e r e n d e n  Eigenschaften.

Ganz genau muss man so sagen: Die platonische Beschreibung des "Dings"
  • muss alle dieses "Ding" definierenden Eigenschaften enthalten,
  • muss sie absolut präzise beschreiben
  • und darf von nichts sonst sprechen.

Gruß, grtgrt
 

Gebhard,

was hat das denn mit Platon zu tun? Du definierst exakt, was ein "platonisches Ding" gerade NICHT ist! Die "Idee" laut Platon ist das Urbild (Idee bedeutet unter anderem "Urbild" und genau so ist Platon zu verstehen) des Objektes, das wir sinnlich wahrnehmen. Die Idee ist das Gemeinsame einer Art, einer Klasse von Objekten, das, was sie zu einer Art macht. Es ist ein erkenntnistheoretischer Ansatz, nämlich die Frage, wie wir Objekte erkennen, z. B. ein Pferd als Pferd, einen Baum als Baum, einen Kreis als Kreis. Laut Platon erkennen wir die Objekte, weil wir durch unsere Fähigkeit zur Erkenntnis auf das Urbild eines jeden Objektes zugreifen, wir "schauen" im Objekt das Gemeinsame und eben gerade NICHT den Unterschied. Diese Urbilder, Ideen, sind das, was man unter Universalien versteht. SIE sind das, was "über" oder "hinter" dem Physischen als "Vorlage" existiert, und zwar unveränderlich und ewig. Deshalb ist für Platon die Welt "hinter" der physikalische Welt die "wahre" Welt. Das, was ein physisches Objekt zu einem unterscheidbaren Objekt macht, ist das, was dem "wirklichen" Objekt eben gerade nicht zukommt, die Eigenschaften eines Objektes müssen abstrahiert werden, um auf das eigentliche Objekt zu stoßen, auf das "Wesen" eines Objektes. Und genau damit beginnt für mich der Zweifel an der Richtigkeit dieser Vorstellung, denn was bleibt eigentlich übrig, wenn ich ein Objekt aller physischen Eigenschaften entledige? DAS ist die Frage!

Viel zu früh, ich werden noch eingehender auf das "Wesen" eingehen, wie gesagt, nächste Woche habe ich Urlaub

Schönen Abend!
 

  Beitrag 1924-42
Den Begriff "Platonisches Objekt" besser verstehen

 
 
Henry aus 1924-41:
 
Die "Idee" laut Platon ist das Urbild (Idee bedeutet unter anderem "Urbild" und genau so ist Platon zu verstehen) des Objektes, das wir sinnlich wahrnehmen.

Die Idee ist das Gemeinsame einer Art, einer Klasse von Objekten, das, was sie zu einer Art macht.


Es ist ein erkenntnistheoretischer Ansatz, nämlich die Frage, wie wir Objekte erkennen, z. B. ein Pferd als Pferd, einen Baum als Baum, einen Kreis als Kreis. Laut Platon erkennen wir die Objekte, weil wir durch unsere Fähigkeit zur Erkenntnis auf das Urbild eines jeden Objektes zugreifen, wir "schauen" im Objekt das Gemeinsame und eben gerade NICHT den Unterschied. Diese Urbilder, Ideen, sind das, was man unter Universalien versteht. SIE sind das, was "über" oder "hinter" dem Physischen als "Vorlage" existiert, und zwar unveränderlich und ewig. Deshalb ist für Platon die Welt "hinter" der physikalische Welt die "wahre" Welt.

Das, was ein physisches Objekt zu einem unterscheidbaren Objekt macht, ist das, was dem "wirklichen" Objekt eben gerade nicht zukommt, die Eigenschaften eines Objektes müssen abstrahiert werden, um auf das eigentliche Objekt zu stoßen, auf das "Wesen" eines Objektes.

Hi Henry,

diesem Teil deiner Aussage stimme ich ohne jede Einschränkung zu. Als Informatiker würde ich das auf den Punkt bringen, indem ich feststelle:


Die Platonische Idee ist genau das, was all ihren Implementierungen gemeinsam ist.


Wieso du nun aber sagst

Henry aus 1924-41:
 
Du definierst exakt, was ein "platonisches Ding" gerade NICHT ist!

ist mir absolut schleierhaft. Bitte erkläre mir das genauer (ich warte gerne bis nächste Woche).

Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1924-44
Nicht jede Idee ist platonisch beschreibbar

 
 
Henry aus 1924-43:
 
Zu den "platonischen Objekten", also Ideen oder Urbildern zählen auch z. B. Schönheit, Liebe, Hass.

Definiere doch mal, was ein Pferd ist, wenn du alle Erfahrungen durch die Sinne beiseite lässt, also das "Urbild" des Pferdes, oder definiere Schönheit, Liebe, Hass usw., und zwar anhand "aller definierenden Eigenschaften, absolut präzise und sonst auf nichts bezogen".

Hi Henry,

du hast völlig recht: Auch diese Dinge kann man platonisch oder in konkreten Beispielen sehen.

Du bringst mich hier aber auf einen wichtigen Punkt:
  • Nicht alle Ideen haben eine platonische Beschreibung (auch wenn viele vielleicht noch annäherend platonisch gedacht werden können).

Die Platonische Idee ist genau das, was all ihren Implementierungen gemeinsam ist.


Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1924-46
Mehr zum Begriff der » Platonischen Idee «

 
 
U...bus aus 1924-45:
 
Das, was ihr platonische Ideen nennt, sind die Wirkprinzipien der Natur, die sind jedoch der metaphysischen Basis der Natur inhärent, existieren nur als Eigenschaften dieser Basis. Eines der Grundprinzipen, wenn nicht sogar das einzige, ist das Kausalitätsprinzip actio=reactio, es ist eine fundamentale Eigenschaft der Natur.

Was ihr da mit eurem "nichtstofflich" macht entspricht der Trennung von Körper und Geist der Religionen. Aber es gibt, außer in religiösen Schriften und Teilen der Philosophie, keinen körperlosen Geist, auch wenn von den heute 7 Milliarden Menschen 5 Milliarden das Gegenteil glauben.
 

Hi U...bus,

die "platonische" Form einer Idee ist die Form, in der nichts erwähnt wird, was nicht notwendigerweise genannt sein muss, diese Idee inhaltlich zu charakterisieren.

Betrachten wir z.B. die Idee "Uhr":

Wer an eine Uhr denkt, kann sich vorstellen:
  • eine Atomuhr,
  • eine Armbanduhr,
  • eine Kirchturmuhr,
  • eine Eieruhr,
  • eine Sonnenuhr,
  • eine pendel-getriebene Standuhr,
  • oder irgend eine andere Form von Uhr.

All diese Beispiel sind, was ich als je eine spezielle "Implementierung" des Konzepts "Uhr" bezeichne. Jede solche "Implementierung" enthält alles, was eine Uhr ausmacht, enthält aber vor allem noch viele weitere Eigenschaften, die nur dieser einen — sehr speziellen — Uhrenimplementierung zukommen: Eigenschaften, die unwesentlich sind insofern, als sie nichts mit dem eigentlichen Konzept "Uhr" zu tun haben.

Die einzige platonische Beschreibung des Konzepts "Uhr", die mir einfällt, wäre "ein Gerät, welches geeignet ist, die Länge eines Zeitintervalls zu bestimmen".

Damit, so denke ich, sollte nun klar sein, dass
  • das Attribut "platonisch" eine Idee auf ihren Kern reduziert (auf ihr "Urbild", wie Henry in Beitrag 1924-43 sagt)
  • und keineswegs jede Platonische Idee ein Wirkprinzip der Natur sein muss (obgleich einige Ideen — wie etwa die Wellenfunktion eines Quantums oder eines Quantensystems — es wirklich sind).

Nebenbei: Was in einem Kontext lediglich Implementierung eines Konzepts ist ("Armbanduhr" etwa ist Implementierung des Platonischen Konzepts "Uhr") kann in einem anderen Kontext selbst das platonische Konzept sein: "Armbanduhr" etwa ist die Platonische Idee aller am Arm mit sich tragbaren Uhren.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1924-76
Idee — Formulierung — Implementierung: Das sind 3 Paar Stiefel.

 
 
Henry aus 1924-74:
 
Was die 180 Grad angeht, ... deine Behauptung gilt nur in der euklidischen Geometrie und ansonsten nur lokal, denn auf der Erdkugel z. B. ist die Summe der Winkel keineswegs 180 Grad, sondern größer.


Guten Morgen, Henry,

wie ich in Beitrag 1924-61 zu erklären versucht habe, ist jede Formulierung einer Idee einer Tüte vergleichbar, in der die Idee transportiert wird. Als Formulierung ist diese Tüte eine Kodierung, die so beschaffen sein muss (aber leider nicht immer ist), dass der Empfänger sie korrekt dekodiert — der Tüte also genau das entnimmt, was der Sender dort reingesteckt hat.

Dazu allerdings muss der Sender beim Empfänger bestimmtes Vorwissen als gegeben annehmen.

Im Beispiel der Aussage

"Die Winkelsumme im Dreieck wird immer 180 Grad betragen."


geht der Sender der Idee (Nora Leuschner) davon aus, dass der Empfänger (jeder Leser ihrer Charakterisierung von Platons Ideenlehre) wissen wird, dass
  • wir hier von der Default-Geometrie sprechen (für uns die euklidische)
  • und dass ganz grundsätzlich jedes mathematische Gesetz G gelesen werden muss in der Form "A impliziert G" (d.h. in der Form: G oder NOT A), wo A die Menge aller dem Theorem G zugrundeliegenden Definitionen und Axiome ist.
  • Im Beispiel ist das die Menge aller Definitionen, die den Begriff euklidischer Geometrie definiert und zudem noch die Begriffe "Dreieck", "Winkel", "Grad" und "die additive Halbgruppe aller reller Zahlen" (worin sich dann auch das findet, was man unter "180" und als "Summe" bezeichnet).


Lass uns den zweiten dieser Punkte noch genauer betrachten:

Jedes mathematische Gesetz G muss man so lesen, als wäre es formuliert in der Form


w( G(DG) oder NOT A(DA) ) = TRUE ,

worin
  • w die Funktion ist, die jeder Aussage einen Wahrheitswert TRUE oder FALSE zuordnet, und
  • DA bzw. DG die Menge aller Definitionen ist, die notwendig sind, das Axiom A bzw. das Gesetz G zu formulieren.

Für das Axiom A selbst — welches ja auch als mathematisches Gesetz gesehen werden muss —, reduziert sich das auf die Aussage


w( A(DA) oder NOT A(DA) ) = TRUE ,


und die ist offensichtlich richtig, macht also Sinn.


Man erkennt hier sehr schön den Unterschied zwischen dem, was wir das mathematische Gesetz G nennen im Unterschied zu einer seiner Formulierungen G(DG).

Dass ein und dasselbe mathematische Gesetz G extrem unterschiedliche Formulierungen G(DG) haben kann, zeigen sehr schön zwei Theoreme der Mengenlehre, die man

Man kann beweisen, dass beide zueinander äquivalent sind, so dass man das Paar ( Auswahlaxiom, Zornsches Lemma ) als Paar ( A, G ) ebenso wie als Paar ( G, A ) sehen kann.

Eine dritte, wieder völlig anders aussehende Formulierung des Auswahlaxioms ist übgrigens der sog. Wohlordnungssatz.


Beste Grüße,
grtgrt

PS: So auf den ersten Blick könnte man versucht sein, das Auswahlaxiom, das Zornsche Lemma und den Wohlordnungssatz als 3 verschiedene Implementierungen ein und derselben "Idee" zu sehen. Das aber wäre falsch: Sie sind ebenfalls "Ideen" im Sinne Platons (und nicht "Dinge" in seinem Sinne).

Als Formulierung einer "Idee" dürfen sie dennoch nicht mit eben dieser "Idee" verwechselt werden.

 

  Beitrag 1924-58
Platon genauer verstehen (1)

 
 
Hallo Henry,

diesen Artikel in Wikipedia hatte ich schon auch gelesen. Er scheint mir aber nicht so ganz richtig (soweit das jemand sagen darf, der — wie ich — das Original in Griechisch nicht lesen kann).

Richtig scheint mir davon auf jeden Fall:

Zitat von Wikipedia:
 
Die platonische Idee ist – im Unterschied zum modernen Begriff "Idee" ... – kein Einfall oder Gedanke. Platon geht davon aus, dass die Welt, wie sie vom Menschen sinnlich wahrgenommen wird, einem sinnlicher Wahrnehmung entzogenen, aber realen und eigenständig existierenden Reich der Ideen nachgeordnet ist, welches nur auf geistigem Weg erkannt werden kann.


Nicht richtig aber scheint mir, was in jenem Zitat an der Stelle mit den 3 Pünktchen steht: dass nämlich Platons Ideen kein mentales Erzeugnis seien. Selbst wenn er selbst das so gesehen haben sollte (was ich nicht ausschließen möchte), wissen wir heute, dass dem NICHT so ist.

Wie ich schon in 1924-38 sagte: Das Bemerkenswerte an Platon war, dass er als erster unterschieden hat zwischen dem (vollkommenen) Idealbild eines Dings und dem (meist eben keineswegs mehr vollkommenen) Ding selbst.

In der heutigen Sprache der Informatik bedeutet das: Er hat unterschieden zwischen dem Konzept (dem Typ eines Dings) und dessen Implementierungen, die dann das Ding selbst in verschiedenen Instanzen darstellen.

Auf jeden Fall gilt:
  • Wer heute vor allem Details seiner Auffassung betont, die sich durch neuere Erkenntnisse überholt haben, ist auf dem falschen Dampfer (wenn er nicht gerade Historiker sein sollte).
  • Wichtig ist zu betonen, was Platon richtig sah, dass das was ganz Wesentliches darstellt (von ihm also eine große Leistung war), und dass es deswegen durchaus angebracht ist, seinen Namen in diesem Zusammenhang weiter zu verwenden.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1924-61
Platon genauer verstehen (2)

 
Stueps aus 1924-59:
Grtgrt aus 1924-58:
Wie ich schon in 1924-38 sagte: Das Bemerkenswerte an Platon war, dass er als erster unterschieden hat zwischen dem (vollkommenen) Idealbild eines Dings und dem (meist eben keineswegs mehr vollkommenen) Ding selbst.


Hallo Gebhard,

und hier interveniere ich. Es gibt absolut keinen logischen, oder sonstwie für uns ersichtlichen, ja sogar überprüfbaren Grund, zwischen einem Idealbild eines Dinges und dem Ding selbst zu unterscheiden. Das Ding kann dem Idealbild des Dinges vollkommen entsprechen, ja, muss es sogar:
Denn nach der Logik wäre eine Nichtvollkommenheit ein Umweg, und zwar ein absolut unnötiger, ja sogar ein nicht erklärbarer! -(Und deshalb nach den Regeln der Logik ein verbotener.)

Alles andere macht für mich jedenfalls momentan wenig Sinn.

Vielleicht auf den Punkt gebracht: Ein Kreis entspricht vollkommen der Idee eines Kreises. Alles andere zusätzlich anzunehmen, ist mit Logik nicht vereinbar. Wenn wir keinen perfekten Kreis zeichnen können, oder wenn es ihn in unserer Natur nicht gibt:

Es wäre jedem gelungen, der es versucht hat. Wenn er nicht gestört worden wäre.

Hi, Stueps!

Ich könnte dir soweit zustimmen, du solltest aber nicht vergessen, dass der Grund für Platons Vorstellung war, wie wir zu einer Erkenntnis dessen kommen, was ein Kreis ist. Der Kreis ist deshalb nicht das beste Beispiel, weil ein Kreis halt rund ist, und wir nur bei genauer Betrachtung sehen, dass kein Kreis, den wir entwerfen, tatsächlich vollkommen rund ist (zumal es in der Natur überhaupt kein Kreise gibt). Jetzt könnte man sagen, egal, auch wenn der Kreis nur annähernd rund ist, ist es ein Kreis - aber genau das ist der springende Punkt: Wie können wir erkennen, dass Objekte, die immer nur annähernd gleich sind, zu einer Klasse von Objekten gehören? Woran erkennen wir, das ein Nackthund ebenso ein Hund ist, wie ein Bernhardiner? Das ist eine hochmoderne Frage, weil sie nämlich immer noch nicht eindeutig geklärt ist. Und Platon erklärte sie damit, dass es für jedes Objekt, das wir mit unseren Sinnen erfassen, ein Urbild (eine Idee) gibt, dass uns durch unsere Erkenntnisfähigkeit zugänglich ist. Diese Urbild ist ewig und unvergänglich. Wir kennen quasi das Urbild und nehmen darauf Bezug und können nur auf diese Weise einen Hund der Klasse Hund zuordnen.

Nachtrag, warum der Kreis ein nicht so gutes Beispiel ist: Es ging Platon in erster Linie um Objekte, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, wie eben z. B. einen Stein, ein Pferd usw., und nicht in erster Linie um Kreise in mathematischem Sinne.
 

  Beitrag 1924-64
Nach welcher Kodierungsregel arbeitet die Natur?

 
 
H... aus 1924-60:
 
Zu sagen, dass eine W-Welle geistig ist (ja, was denn sonst, "alien???"), ist trivial. Das steckt kein Inhalt hinter.

Und: "Geistiges: weder Materie, noch Energie."
Ja selbstverständlich, das sind Zustände der Materie (resp. Energie).

Hallo H...,

dein Standpunkt (soweit er sich im ersten Statement und deinen früheren widerspiegelt) scheint mir widersprüchlich: Einerseits stört es dich, wenn ich Begriffe wie "Geist" und "rein Geistiges" benutze, andererseits sagt du jetzt, das sei ja trivial. Ob man etwas als trivial (= natürlich richtig) oder als nackten Unsinn bezeichnet, ist ein großer Unterschied.

Das mal vorweg gesagt und nicht weiter betrachtet, lass' mich jetzt bitte erklären, warum ich glaube, dass dein rein mechanistisches Weltbild zu kurz greift:


Wir müssen uns dazu überlegen, wie sich der Begriff "Information" denn nun eigentlich charakterisiert.

Dein PC, vor dem du eben jetzt sitzt, hat eine Festplatte. Auf der — so denkst du — sei Information gespeichert. Aber stimmt das wirklich?

Tatsächlich verhält sich die Sache so:
  • Die Oberfläche deiner Festplatte gliedert sich in Kreisringe, deren jeder sich seinerseits gliedert in kleine Abschnitte, deren jeder als ein kleiner Magnet aufgefasst werden kann, der sich in zwei verschiedenen Richtungen ausrichten lässt: Die eine interpretiert man als 1, die andere interpretiert man als 0.
  • Irgendwann wirst du deine Festplatte wegwerfen. Nimm mal an, du hast sie vorher nicht gelöscht und so etwa 2500 n.Chr. findet sie jemand. Aus irgend einem Grund, so lass uns weiter annehmen, sei sie noch ebenso magnetisiert, wie sie war, als du diese Platte zum letzten Mal beschrieben hattest.
  • Der Finder wird fast sicher noch merken, dass, was er da fand, eine sehr lange Folge von Bits darstellt.
  • Er wird aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erkennen, welcher Code (sprich: mit welchem Betriebssystem aus ferner Vergangenheit) diese Bitfolge erzeugt wurde. Mit anderen Worten: Die Bitfolge wird für ihn keinerlei Information mehr darstellen, da er ja nicht weiß, nach welcher Regel das Gerät, das sie schrieb, damals Information kodiert hat.

Konsequenz daraus:

Eine Darstellung D von Information ist noch lange nicht jene Information selbst.

Erst wer die zur Herstellung von D genutzte Kodierungsregel R kennt, hat im Paar ( D, R) Information vorliegen.



Auf unseren Fall angewandt bedeutet das:
  • Die Wellenfunktion ist mit D vergleichbar — wir kennen weder den Mechanismus, der D erstellt, noch die Regel R, die uns sagen würde, was D eigentlich genau kodiert. Nur Beobachtungen lassen uns vermuten, dass es sich hierbei um Wahrscheinlichkeiten handelt, die sagen, wo ein Quantum sich zeigen wird, wenn wir versuchen, es zu beobachten.
  • Die Natur selbst aber kennt mehr als nur D: Sie kennt das Paar ( D, R). Wie sie — als Rechenmaschine — es nutzt, um D stets so anzupassen, dass es zu keinem Zeitpunkt zu einem Widerspruch zwischen der Wellenfunktion einerseits und dem Pauli-Prinzip andererseits kommt, wissen wir nicht.

Nun: Wie ich in Beitrag 1927-28 schon sagte: Als » Geist « bezeichne ich eben diese, uns noch völlig unbekannte Rechenmaschine.

Würdest du mir wenigstens dahingehend recht geben, dass sie doch eigentlich existieren müsste?

Wer sonst würde R kennen? Dein "Zustand der Materie" ist ja schließlich nur D.


Man könnte jetzt auf die Idee kommen zu sagen: R ist Information und kann somit ebenfalls im "Zustand der Materie" kodiert sein. Das würde aber zur Folge haben, dass auch diese Kodierung einer Regel und einer sie durchführenden Rechenmaschine bedürfte.

Wie also verträgt sich all das mit deinem Weltbild?


Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1914-23
Wo Wissen endet beginnt — ganz unvermeidlich — Glaube

 
Gregor Lämmer aus 1914-21:
U... aus 1914-12:
Mein Fazit: Glauben beginnt nicht da, wo Wissen aufhört, sondern da, wo Denken fehlt.
Tja, das könnte man meinen, aber ich habe dazu eine andere Einstellung:

Glaube ist zwingend notwendig, wenn das Denken an seine Grenzen gekommen ist, wenn es also erkannt hat, wie begrenzt seine Möglichkeiten sind. Denken führt immer zum Glauben, weil Denken zeigt, dass Wissen begrenzt ist und somit begrenzte Erkenntnis liefert.

Hallo Gregor,

das sehe ich grundsätzlich auch so. Es hat nur zur Konsequenz, dass jeder glauben kann, was er will. Und dies führt wiederum zur Forderung von Toleranz gegenüber Glaubensinhalten. Auch ein Atheist glaubt; eben nur in einem negativen Sinn, dass er die Existenz eines höheren Wesens verneint.

Allerdings ist auch zu akzeptieren, dass jemand nicht an etwas konkret Vorgestelltes glaubt, wie es die Agnostiker tun. Deshalb führt die Erkenntnis der Begrenztheit unserer Erfahrungsmöglichkeiten nicht zwangsläufig zu konkreten Glaubensinhalten.

Zu welchen auch ?

MfG
Harti
 

  Beitrag 1914-28
Glauben kann man auf vernünftige, aber auch auf unvernünftige Weise

 
 
U... aus 1914-12:
Mein Fazit: Glauben beginnt nicht da, wo Wissen aufhört, sondern da, wo Denken fehlt.

Hi U...,

was du hier meinst, ist blinder ( unkritischer) Glaube.

Es gibt auch einen Glauben, den man gezielt entwickelt. Von dem kann man dann sicher NICHT sagen, dass er entsteht, wo Denken fehlt.

Ansonsten finde ich sehr treffend, was Gregor und Harti in Beitrag 1914-23 sagen. Insbesondere ist Gregors Definition von Glauben die schönste, die ich bisher kenne:


Glaube ist zwingend notwendig, wenn das Denken an seine Grenzen gekommen ist,

wenn es also erkannt hat, wie begrenzt seine Möglichkeiten sind.


Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1914-31
Über unzulässige Verallgemeinerung ...

 
 
U... aus 1914-30:
 
Richtig, ich meine religiösen Glauben, weil er blind und unkritisch ist.

Hi U...,

ob du mit dieser Aussage recht hast oder nicht, hängt vom Menschen ab, den du betrachtest (oft auch noch von seinem Alter — aber ganz sicher nicht davon, zu welcher Konfession er sich denn nun konkret bekennt).

Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1914-44
Fehlgeleiteter Glaube

 
U... aus 1914-41:
Und nun schau mal, was ich weiter vorn geschrieben habe:

U... aus 1914-12:
Mein Fazit: Glauben beginnt nicht da, wo Wissen aufhört, sondern da, wo Denken fehlt.

Vielen Dank für Deine Zustimmung!


Wie ich schon sagte: Hiermit stimme ich dir NICHT zu. Ich würde dir aber zustimmen, wenn du sagen würdest:

Fehlgeleiteter Glaube (eine Form des Irrglaubens) beginnt dort, wo Denken fehlt.


Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 1926-1
Notwendige Bedingung (1) für die Eigenschaft » hat Bewusstsein «

 
 
Es gibt Leute, die behaupten, der Begriff "Bewusstsein" sei nicht in einem Satz definierbar.

Diese Meinung teile ich nicht, denn ich sage:

Ein Ding hat Bewusstsein, wenn es sich selbst von anderen unterscheiden kann.


Wer widerspricht (auf Grund welcher Argumente) und hat dann bessere Vorschläge?
 

  Beitrag 1999-2
Was  i s t  Bewusstein?

 
 
Grtgrt aus 1926-1:
 
Es gibt Leute, die behaupten, der Begriff "Bewusstsein" sei nicht in einem Satz definierbar.

Diese Meinung teile ich nicht, denn ich sage:

Ein Ding hat Bewusstsein, wenn es sich selbst von anderen unterscheiden kann.


Wer widerspricht (auf Grund welcher Argumente) und hat dann bessere Vorschläge?
 


Recht interessant erscheint mir, wie Görnitz den Begriff definiert. Er sagt:

Bewusstsein ist Information, die sich selbst kennt und erlebt.



 

  Beitrag 1926-12
Wenigstens einer, der mir da zustimmt

 
Grtgrt aus 1926-1:
Ein Ding hat Bewusstsein, wenn es sich selbst von anderen unterscheiden kann.

Richtig. Bewusstsein ist, wenn das Sein sich bewusst ist. Ganz einfach und völlig unkompliziert.
 

  Beitrag 1926-17
Wie lässt sich Bewusstsein nachweisen?

 
 
An alle:

Kann sich jemand ein Verfahren vorstellen, mit dem man testen kann, ob physikalische Objekte (und seien es nur solche bestimmter Klasse) in der Lage sind, sich selbst von anderen zu unterscheiden?

Dass die Elektronen eines Moleküls irgendwie unterschieden werden, habe ich schon in Beitrag 1926-6 erwähnt.
Die Frage dort ist nur: Unterscheiden sie sich selbst oder werden sie unterschieden?

grtgrt
 

  Beitrag 1926-66
Wie kann entschieden werden, ob ein Objekt in der Lage ist, auf Information über sich selbst zu reagieren?

 
 
Zara.t. aus 1926-65:
 
Hallo Gerhard,
wenn du eine Größe nicht messen kannst, hat sie in einer wissenschaftlichen Definition ("Bewußtsein ist....") nichts verloren. Machen wir uns also an die Arbeit und versuchen wir obige Frage zu beantworten oder streichen wir deine Definition von Bewußtsein.

Hi Zara.t,

wie würdest du denn Bewusstsein definieren?

Interessant an meiner Definition ist, dass sie Bewusstsein als Selbstbewusstsein definiert. Das vereinfacht einiges, denn:

Wer sich einer Sache bewusst ist, reagiert auf Information über jene Sache. Leider aber kann man mit rein physikalischen Begriffen wohl gar nicht unterscheiden, ob ein Objekt O auf die Existenz einer Sache S reagiert oder ob umgekehrt jene Sache auf die Existenz von O reagiert: Denk mal nur an Kräfte K, die S und O zueinander ziehen oder voneinander entfernen wollen. Erzeugen S und O so eine Kraft oder reagiert da ein Feld auf die Existenz von O und S? Wer meine Definition zugrundelegt, braucht von K oder einem K erzeugenden Feld gar nicht zu sprechen, da in meiner Definition stets O = S ist.

Meine Definition zugrundegelegt hätte man also darüber nachzudenken, wie entschieden werden kann, ob ein gegebenes physikalisches Objekt O auf Information über sich selbst reagiert.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1926-22
Kann wirklich nur Lebendes Bewusstsein haben?

 
Gregor Lämmer aus 1926-20:
Grtgrt aus 1926-1:
Ein Ding hat Bewusstsein, wenn es sich selbst von anderen unterscheiden kann.


Wer widerspricht (auf Grund welcher Argumente) und hat dann bessere Vorschläge?

Ich widerspreche nicht, sondern ergänze:

Ein Ding hat Bewusstsein, wenn es lebt und denken kann.

Hi Gregor,

wenn diese Ergänzung als Ergänzung der Definition von Bewusstsein gemeint ist, gefällt sie mir nicht, da die Gesamtdefinition sich dann auf 3 Begriffe (statt, wie bei mir, auf nur einen) abstützt. Einer davon wäre » Leben «, und der ist noch schwieriger zu definieren.

Mein Vorschlag also:

Betrachten wir deine Ergänzung doch einfach als Theorem. Seinen Beweis kann man angehen, sobald anerkannte Definitionen von » Leben « und » denken « vorliegen.

Einverstanden?

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1926-38
Eine noch treffendere Definition von Bewusstsein

 
 
Gregor Lämmer aus 1926-35:
 
Denken ist Bewusstsein.

Das zu behaupten, geht mir zu weit.

Denken ist zunächst mal nur Informationsverarbeitung. Erst wo Bewusstsein dazukommt, wird daraus mehr.

Vielleicht sollte man sagen:

Denken, das sich selbst zum Gegenstand haben kann, bezeichnet man als Bewusstsein.



Gregor Lämmer aus 1926-34:
 
Bewusstsein ist bewusstes Sein.

Es gibt einen Unterschied von "Wissen, dass man weiß" und "Nichtwissen, wie man weiß".

Beide Aussagen finde ich treffend und richtig.

Dennoch scheint mir die erste als  D e f i n i t i o n  von Bewusstsein ungeeignet, da man dann ja sofort fragen müsste, was es denn eigentlich bedeutet, "zu sein".

grtgrt


PS: Brauchbare Definitionen sind nur solche, die
  • entweder den zu definierenden Begriff auf andere, bereits wohldefinierte Begriffe zurückführen,
  • oder den neuen Begriff implizit definieren (sozusagen als Lösung einer logischen Gleichung). In dem Fall allerdings müsste man beweisen, dass jene Gleichung auch tatsächlich Lösungen hat.

 

  Beitrag 1926-49
Ist das Gehirn des Menschen wirklich mehr als nur ein Mechanismus, der Information verarbeitet?

 
 
Grtgrt aus 1926-45:
 
Irena aus 1926-44:
 
... Unterschied zwischen dem Denken eines Menschen und Informationsverarbeitung einer Maschine?

Ich fürche, es gibt gar keinen prinzipiellen.

Unsere heutigen Computer sind lediglich noch wirklich SEHR primitiv im Vergleich zu unserem Gehirn.

E... aus 1926-47:
 
Es gibt sogar einen sehr großen prinzipiellen Unterschied.

Was kann ein Rechner "tun" oder "denken" oder an "Informationen verarbeiten" wenn Du die Software entfernst? Er kann nichts.
Kein Computer ist in der Lage weder sein Betriebssystem noch die benötigten Programme in Eigenregie herzustellen. Ohne von außen zugeführte Software ist ein Computer nur ein unnützer "Stromvernichter"!

Und genau das ist es, was Irena gemeint hat mit.... >>Selbstorganisation. (Stichworte: Emergenz, Synergie)<<

Ein Gehirn "schreibt" sich die Software selbst, entsprechend den genetischen Anlagen und der Lernprozesse. Es entscheidet selbst wie und was es mit erlangten Informationen macht, ob sie verworfen werden oder genutzt.

Damit ist eine reine "Datenverarbeitungsmaschine" in keinster Weise vergleichbar. Ihr fehlt dazu das jeweils passende Programm.
 


Hi E...,

sei gegrüßt. Es freut mich, dass du wieder da bist.

Dein Argument ist ein sehr interessantes. Dennoch bin ich nicht sicher, ob du da wirklich einen wesentlichen Unterschied entdeckt hast. Denn:
  • Wenn ein PC startet, muss da zunächst tatsächlich (als Firmware) eines erstes, wenn auch nur ganz kurzes Programm vorhanden sein. Man nennt es seinen Urlader.
  • Dieser Urlader geht dann zur Systemplatte und holt dort weiteren Code — aber schon den könnte er im Prinzip selbst generieren (es gibt jede Menge von Software, die andere Software zu generieren in der Lage ist — selbst solche, die dann ihrerseits wieder Software generiert).
  • Um zu sehen, ob der durch dich entdeckte Unterschied also wirklich wesentlich ist, müssen wir uns nur überlegen, ob die Natur nicht auch selbst solche "Urlader" erzeugen kann: Schließlich und endlich sind das ja nur kurze Folgen physikalischer Dinge, deren jedes man (als Ding oder als Zustand, in dem es sich gerade befindet) als 0 oder 1 interpretieren kann.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1929-1
Denkbare Alternativen

 
 
Wie Beitrag 1926-12 zeigt, bin ich nicht der einzige, der meine Definition von Bewusstsein als sinnig erachtet. Damit aber kommt die nächste Frage:


Welche physikalischen Objekte sind in der Lage, sich selbst von anderen zu unterscheiden?


Geistig gesunde Menschen, davon gehe ich aus, haben solches Bewusstsein.

Könnte es nun aber sein, dass auch andere physikalische Objekte — solche, von denen man es gar nicht vermuten würden — Bewusstseim im Sinne von Beitrag 1926-1 haben?


Als Beispiel hier (eine mögliche) Konkretisierung dieser Frage:

Wo Atome eine chemische Bindung eingehen, überlagern sich ihre Wellenfunktionen, führen zu Interferenz, und führen so zur weit komplexeren molekularen Wellen­funktion. Sie ist eine Wahrscheinlichkeitsfunktion, die zu allen Elementarteilchen, aus denen das Molekül besteht, gleichzeitig gehört — also nicht nur zu einem.

Die Knotenflächen, die durch die Nullstellen jener Wellenfunktion gebildet werden, partitionieren den Raum in sog. Molekül-Orbitale ( MO). Ebenso wie irgendein Orbital AO eines Atoms nur durch maximal zwei Elektronen besetzt sein kann, kann auch jedes MO nur durch maximal zwei Elektronen besetzt sein. Den stabilsten Zustand des Moleküls herzustellen besetzen Elektronen zunächst die energie-ärmsten MOs und dann Orbitale immer höherer Energie — eben solange bis alle Elektronen der Atome des Moleküls einen Platz gefunden haben. Die zahlichen weiteren MOs bleiben leer (bleiben also virtuelle Orbitale, wie die Chemiker sagen).

Die Menge aller MOs eines Moleküls kann demnach verglichen werden mit einem großen Hotel, in dem immer nur ein kleiner Teil aller verfügbaren Zimmer belegt ist.
Ganz offensichtlich wird die "Zimmerbelegung" in diesem "Hotel" gezielt gesteuert.


Wo aber residiert, ganz oder teilweise, diese steuernde Intelligenz?



Mindestens 6 Möglichkeiten sind denkbar:
  • (1) Die Elektronen könnten Bewusstsein im Sinne von Beitrag 1926-1 haben.
  • (2) Andererseits aber könnten sie auch vergleichbar sein, mit kleinen Kugeln (mit "Schussern", wie Kinder sie früher so gerne benutzt haben), die auf der Erde dahinrollen um dann schließlich in einer Kuhle, vergleichbar einem MO, liegen zu bleiben, weil eine Kraft — bei Schussern die Gravitationskraft — sie nach dorthin steuert.
  • (3) Schließlich und endlich könnte die Intelligenz aber auch eine Art Verwalter des Hotels sein.
  • (4) Oder gar das Hotel selbst, welches sich gummiartig windet und biegt und so jedem Elektron Wege naheliegt bis ins MO hinein, in dem es schließlich residiert.
  • (5) Nachdem die Architektur des Hotels ebenso wie sein sich gummiartiges Winden durch mathematische Gesetze gesteuert werden, könnte es auch sein, dass nur sie Intelligenz darstellen, die Elementarteilchen selbst aber nicht die Spur eines Bewusstseins haben.
  • (6) Und nicht zuletzt könnte es einen Architekten geben, der sich all das ausgedacht hat und dessen Werk kodiert ist in dem, was wir als mathematische Gesetze sehen. Wer ihn nicht GOTT nenne möchte, könnte ihn als kosmisches Bewusstsein sehen — und steht dann erst recht vor der Frage: Wo genau residiert es denn?

Da Menschen i.A. die Fähigkeit haben, sich von jedem anderen physikalischen Objekt selbst zu unterscheiden, könnte es zudem noch sein, dass nicht nur eine der eben skizzierten 6 bzw 7 Möglichkeiten zutrifft, sondern gleich mehrere davon (es müssten nicht alle sein).

Das also sind letzlich die spannenden Fragen, die zu entscheiden hat, wer sich — wie U...bus in Beitrag 1924-14 — frägt, wer denn da nun eigentlich denkt.


Gebhard Greiter (grtgrt)
einmal mehr angeregt durch ähnliche Ideen von Lothar Schäfer

 

  Beitrag 1929-19
Das wichtigste aller Naturgesetze: Es muss Raum bleiben für absoluten Zufall und freien Willen.

 
 
Stueps aus 1964-28:
 
Grtgrt aus 1964-21:
Es scheint mir eher so zu sein, dass
· das wichtigste aller Naturgesetze darin besteht, die Natur zu veranlassen, eben NICHT alles zu regeln.

Hallo Gebhard, hier drückst du dich m.E. sehr ungenau aus, was mich zum Raten zwingt, und einer Diskussion nicht unbedingt förderlich ist:

Welches Naturgesetz soll das sein? Die Heisenbergsche Unschärfe?


Hallo Stueps,

mit den Freiraum, auf dessen Existenz ich in Beitrag 1964-21 aufmerksam machen wollte, habe ich kein konkretes Naturgesetz gemeint, sondern vielmehr die Tatsache, dass offenbar die Summe ALLER Naturgesetze gar nicht beabsichtigt wirklich ALLES zu regeln.

Diese Tatsache also ist es, was ich dann "das wichtigste aller Naturgesetze" genannt habe.

Die Freiheitsgrade, von denen ich dort spreche (und die ich jetzt — weil sich der Begriff "Freiheitsgrad" als schon belegt herausgestellt hat — als "von den Naturgesetzen gelassenen Freiraum" bezeichne), betreffen dann also schlicht und einfach alles, was durch Zufall oder den "freien Willen" von was auch immer geregelt sein kann.

Als was solche "freier Wille" sich dann letztendlich herausstellen könnte, weiß ich natürlich auch nicht.

Beste Grüße,
grtgrt


PS: Wo ich mich nach deinem Dafürhalten zu ungenau ausdrücke, ist das keine Absicht, sondern vor allem Folge der Tatsache, dass ich es selber nicht so genau weiß. Schließlich und endlich ist sehr viel von dem, was ich hier schreibe, ja einfach nur lautes Nachdenken (!).

 

  Beitrag 1931-1
Wie nahe kann scheinbares Leben wirklichem Leben kommen?

 
An alle:

Wie sinnvoll erscheinen euch folgende Definitionen:


Ein physikalisches Objekt heiße » scheinbar lebend «, wenn gilt:
  • Das Objekt ist aktiv (in welchem Sinn auch immer).
  • Wenigstens einige seine Aktivitäten sind spontan (d.h. ohne durch Physiker erkennbare Ursache).
  • Das Objekt reagiert (wenigstens hin und wieder) auf sich ändernden Informationsstand.

Ein physikalisches Objekt heiße » wirklich lebend «, wenn gilt:

grtgrt
 

  Beitrag 1931-5
Gibt es wirkliches Leben, das kein biologisches Leben ist?

 
Hans-m aus 1931-3:
 
Auch ein Vulkanausbruch oder ein Erdbeben sind spontan und nicht vorhersehbar.

Hi Hans-m,

Vulkanausbruch oder Erdbeben fällt nicht unter meine Definition scheinbaren Lebens, denn beide haben durch Physiker (oder Geologen) erkennbare Ursachen.
Mit der Welt der Quanten aber hast du recht. Zudem gilt:

Wirklich JEDES aus Materie bestehende Objekt X ist scheinbar lebend im Sinne von Beitrag 1931-1, denn als Quantensystem betrachtet
  • ist X aktiv (viele seiner Teile — Quanten — springen unermüdlich von einem Zustand in einen anderen),
  • das geschieht sehr oft spontan (d.h. durch nichts verursacht, was Physiker als Ursache ausmachen könnten)
  • und zudem ist der Ort, an dem sich so ein Quantum hin und wieder materialisiert durch Wahrscheinlichkeiten gesteuert, die gegeben sind über die Wellenfunktion des Quantensystems — die aber ändert sich, wo sich der Informationsstand über den Quanten mögliche Aufenthaltsorte ändert (was ja in extrem minimalem Ausmaß auch schon immer dann passiert, wenn das Quantensystem sich umkonfiguriert durch einen darin stattfindenden Quantensprung).

Mein Ziel ist, den Begriff » scheinbar lebend « so zu definieren, dass er NICHT wirkliches Leben impliziert, dem aber so nahe wie nur irgend möglich kommt.

Biologisches Leben scheint mir (meistens jedenfalls) auch wirkliches Leben zu sein.
Die spannende Frage aber wäre:

Gibt es wirkliches Leben, das kein biologisches Leben ist?


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1933-15
Vergangenheit und Zukunft sind keineswegs nur Illusion

 
 
An alle:

Hinter dem ersten Link, auf den Horst uns aufmerksam macht, wird z.B. berichtet, Einstein habe 4 Wochen vor seinem Tod gesagt:

Zitat von Einstein:
 
Für uns gläubige Physiker hat die Scheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur die Bedeutung einer wenn auch hartnäckigen Illusion.

Meine Meinung:

Es gibt sicher keinen Physiker, der mehr geleistet hätte als Einstein (auch wenn ihm einige, was Leistung betrifft, durchaus nahe kommen).

Dennoch sollte man auch seine Aussagen nicht alle unbesehen glauben. Die eben genannte ist eine, mit der er wohl NICHT recht hat.


Nach meinem Urteil spricht viel dafür, dass Vergangenheit und Zukunft nicht einfach nur Illusion sind, und das begründe ich so:
  • Es gibt nur einen Weg in die Vergangenheit, und auch den kann man nur gedanklich gehen.
  • Für jeden von uns aber gibt es sehr viele Wege in die Zukunft. Wir wählen einen (oder bekommen von anderen einen aufgezwungen), den aber gehen wir keineswegs nur gedanklich: Wir gehen ihn in aller Realität.

grtgrt
 

  Beitrag 1933-16
Warum die Zeit in der Physik ein unentbehrliches Konzept darstellt

 
 
Gregor Lämmer aus 1933-1:
wasistzeit.de fragt nach dem Charakter der Zeit.

Es ist aber auch interessant, zu fragen, warum es Zeit gibt.


Hi Gregor,

Einen Grund dafür, dass die Physik ohne den Begriff "Zeit" wohl gar nicht auskommen kann, sehe ich darin, dass die Zeit — der Zeitgraph also (siehe meine Theorie vom Zeitgraphen) — in nur EINER Richtung durchlaufen werden kann: hinein in die Zukunft.

Das ist so, da ihn rückwärts zu durchlaufen bedeuten würde, Elementarereignisse in eindeutig definierter Reihenfolge, deterministisch also, rückgängig zu machen.

Auf Quantenebene aber funktioniert rein gar nichts deterministisch.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1933-18
Warum ich nicht an ein » Blockuniversum « glaube

 
 
Hi Henry,

danke für den Hinweis auf den Begriff » Blockuniversum « (ein Stichwort, das ich noch nicht kannte).

Dennoch ändert auch die Tatsache, dass Einstein sich schließlich zum Inhalt dieses Begriffs bekannte, nichts an meinem Urteil.


Wenn ich recht habe (was wir natürlich nicht wissen), würde daraus automatisch folgen, dass auch die SCHEIDUNG zwischen Vergangenheit und Zukunft keine Illusion sein kann: Das einfach deswegen, weil dann ja ein Weg zurück in die Vergangenheit ganz andere Qualität hätte als ein Weg nach vorne in die Zukunft.

Auf jeden Fall gilt: Wer an das "Blockuniversum" glaubt — daran also, dass unsere Zukunft schon ebenso real existiert wie unsere Vergangenheit — käme zwangsläufig zum Schluss, dass der Mensch, auf seinem Weg hinein in die Zukunft KEINEN freien Willen hat. Das zu glauben, lehne ich ab.


Ich glaube, dass die Gegenwart ein 3-dimensionaler Teilraum der 4-dimensionalen Raumzeit ist,
der sich durch sie hindurch in Richtung Zukunft bewegt wie die Grenzlinie des Schattens eines Baumes,
der (sozusagen als "Vergangenheit") immer größer wird, wenn die Sonne hinter dem Baum zu versinken beginnt.


Natürlich ist dieser "die Gegenwart" genannte 3-dimensionale, sich bewegende Teilraum nicht glatt und durch einen einzigen Zeitwert gegeben (schließlich und endlich ist ja auch die 4-dimensionale Raumzeit KEIN 4-dimensionaler Vektorraum, sondern nur eine 4-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit).


Beste Grüße,
grtgrt

PS: Aus welcher (Online-) Quelle stammt dein Wissen übers Blockuniversum? Ist es diese (oder gibt es da noch bessere)?
 

  Beitrag 1968-24
Existenz an sich existiert nicht — ihre Qualität mit zu betrachten, ist unabdingbar!

 
 
Hotte aus 1968-14:
 
Sobald ich philosopisch über ein Nichts nachdenke, mache ich es sofort zu ETWAS.

Hallo Hotte,

du übersiehst hier etwas ganz Wesentliches:
    Existenz an sich gibt es gar nicht — es gibt stets nur Existenz in bestimmter Qualität.

Auf dein Beispiel angewandt bedeutet das:
    Sobald du philosophisch über ein Nichts nachdenkst, machst du es existent: Aber eben leider nur gedanklich (als Idee). Physisch existiert es deswegen noch lange nicht.

Wie wichtig es ist, diesen Unterschied stets präsent zu halten, geht schon allein daraus hervor, dass es Dinge gibt, die ganz grundsätzlich NUR gedanklich existieren können. Beispiele wären:
    ein Gegenstand, der sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegt
    oder ein exakt kreisförmiger physisch existierender Gegenstand (schon Heisenbergs Unschärfe-Relation schließt aus, dass es ihn geben kann).

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1968-28
Platon richtig verstehen

 
 
Henry aus 1968-26:
Gebhard, du kennst deinen Plato nicht - das einzig Reale ist die Idee (das ''Sein an sich") ...

Hi Henry,

Wo ich Ideen platonisch nenne, will ich damit betonen, dass ich — wie Platon — auch den Ideen selbst Existenz zubillige (sie existieren gedanklich und dürfen als Gedanke nicht verwechselt werden mit einer ihrer Implementierungen).

Solltest du Platon so verstehen, dass er jenen Implementierungen selbst keine Existenz zubilligt, so bin ich überzeugt, dass du ihn da falsch verstehst. Und das einfach deswegen, da jeder, der eine Implentierung X einer platonischen Idee Y nicht mit jener Idee verwechselt (sondern sie als Implementierung jener Idee sieht), sie — jenes X also — ja selbst auch wieder zu einer Idee macht: eben zur Idee "Implementierung von Y".

Kurz: Wer glaubt, dass Platon behaupten wollte, den anfassbaren Dingen — z.B. einem Pferd, auf dem man gerade sitzt — würde keine Existenz zukommen, der versteht ihn falsch.

Platons Anliegen war, darauf hinzuweisen, dass man oft in Gefahr ist, die Qualität, in der ein Ding X existiert, falsch zu beurteilen: Was eine ganz spezifische Ausprägung einer Idee Y ist, darf eben nicht mit jener Idee Y selbst verwechselt werden.

Beste Grüße,
grtgrt


PS: Den Begriff "Ausprägung" verwende ich hier nur widerstrebend. Er kann hier missverstanden werden. Eben deswegen gibt es heute den genaueren Begriff "Implementierung", aber den kannte Platon ja nicht. Er hätte eher von "Abbild" gesprochen.

Platon will einfach nur sagen: Der Schatten einer Ziege an der Höhlenwand existiert als Schatten, als Ziege aber existiert er nicht.
Allgemeiner:

Um zu sehen, als was ein Ding existiert, muss man es seinem Wesen nach betrachten, nicht aber wie es sich uns zeigt.

Der Schatten einer Ziege etwa existiert nicht als Ziege (denn Ziege zu sein ist nicht seine wahre Natur).




 

  Beitrag 1968-37
-

 
 
Henry aus 1968-32:
 
Die berechtigte Frage ist nun, was denn wohl bleibt, wenn man von einem Objekt alles an Eigenschaften abstrahiert?

Hi Henry,

Abstraktion bedeutet keineswegs, von allen Eigenschaften eines Objekts zu abstrahieren.

Abstraktion bedeutet, alle Details zu ignorieren, in denen sich Objekte ein und derselben Klasse (= "Idee") unterscheiden können.

Zudem gilt: Da jedes Objekt Repräsentant von mehr als nur einer Klasse sein kann, ist Abstraktion stets klassenspezifisch zu verstehen (und vorzunehmen).

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1968-49
-

 
 
Zitat von E... Bloch (1885-1977):
 
Alles Gescheite mag schon sieben mal gedacht worden sein. Aber wenn es wieder gedacht wurde, in anderer Zeit und Lage, war es nicht mehr dasselbe. Nicht nur sein Denker, sondern vor allem auch das zu Bedenkende hat sich unterdes geändert.
 
 

 Beitrag 0-201
Zeilingers Kritik an Wittgenstein ist unberechtigt

 
 

 
Zeilingers Kritik an Wittgenstein ist unberechtigt

 
 
Gleich die ersten drei Aussagen von Wittgensteins Tractatus Logico-Philosophicus lauten:

     
    1   Die Welt ist alles, was der Fall ist.
     
    1.1   Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.
     
    1.1.1   Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es alle Tatsachen sind.

 
 
Ganz offensichtlich entspricht das der Gesamtaussage
 
 
Die Welt ist alles, was Tatsache ist.

 
 
In dieser Formulierung scheint mir Wittgensteins Aussage treffender, konkreter und weniger missverständlich als Zeilingers Aussage "Die Welt ist alles, was der Fall ist, und auch alles, was der Fall sein kann."
 
 
Beweis: Wer sagt, die Welt sei alles, was Tatsache ist, macht klar, dass das, was der Fall sein kann – aber nicht der Fall ist – nur in der Rolle einer  M ö g l i c h k e i t  Teil der Welt ist: Nicht das Mögliche selbst, sondern erst die Tatsache, dass es möglich ist, ist Teil der Welt.
 
Zeilinger scheint das übersehen zu haben, als er dafür plädiert hat, Wittgensteins Aussage » Die Welt ist alles, was der Fall ist « zu ersetzen durch » Die Welt ist alles, was der Fall ist, und auch alles, was der Fall sein kann «.

 
 
Siehe auch:
 

 
 
Über Zeilingers Feststellung

» Wirklichkeit und Information sind dasselbe «

 
 
Wenn Zeilinger das Wort » Wirklichkeit « benutzt, denkt er wohl an den Durchschnitt von Realität und Wirklichkeit: an das also, was die Wirklichkeit uns über sich selbst mitteilt. Dieser Teil der Wirklichkeit ist aber tatsächlich einfach nur Information, denn er besteht einzig und allein aus den Antworten JA oder NEIN, welche die Natur uns auf quantenphysikalische Messfragen gibt.
 
Leider scheint der wichtige Unterschied zwischen Realität und Wirklichkeit den meisten Physikern — vielleicht auch Zeilinger — nur selten präsent zu sein. Warum sonst sprechen sie in ihren Research Papers immer nur von "Reality", aber eigentlich nie von "Actuality"? [ https://arxiv.org/pdf/1502.05311.pdf ]

 

 Beitrag 0-202
Verständliche Philosophie muss nicht Populärphilosophie sein

 
 

 
Warum verständlich formulierte Philosophie

nicht mit Populärphilosophie verwechselt werden darf

 
 
In der Philosophie-Zeitschrift HOHE LUFT findet sich ein interessante Diskussion zwischen Peter Trawny und Thomas Vašek. Sie beginnt mit Trawnys Artikel » Die Philosophie muss ihre Popularisierung reflektieren « und endet mit Vašeks letzter Replik » Der Markt soll Verantwortung für die Philosophie übernehmen «.
 
Wie mir scheint, wird in diesem ganzen Diskurs implizit davon ausgegangen, dass verständlich formulierte Philosophie Populärphilosophie sein müsse — eine Form der Philophie also, die Kompromisse machen muss, wenn sie überleben möchte.
 
Solche Gleichsetzung aber erscheint mir fatal, denn:

     
  • Etwas in populärer Form darzustellen behinhaltet fast immer Vergröberung (oft bis hin zur Unkenntlichkeit): Etwas "populär" zu formulieren, bedeutet, es gezielt so zu formulieren, dass es bereitwillig aufgenommen (bzw. vermarktbar) wird.
     
  • Verständlich formulierte Philosophie aber will und darf keine Kompromisse machen nur um populär zu sein. Im Gegen­teil: Sie bemüht sich um möglichst deutliche, verständliche Formulierung, damit die Einsicht dessen, der sie fand, nicht reduziert werde (teilweise verloren geht) auf dem Weg hin zu seinen Zuhörern.

 
 
Nebenbei noch: Sicher ist richtig, dass nicht alle gute Philosophie auf Anhieb für alle verständlich sein kann.
 
Mit der Philosophie - da bin auch ich sicher - ist es wie mit jeder anderen Wissenschaft auch: Es gibt stets große Teile der Argumentation (und auch der Ergebnisse), die man nur als Fachmann wirklich verstehen kann.
 
Dennoch wird stets ein kleiner Teil so mitteilbar sein, dass auch mit dieser Wissenschaft nicht vertraute Denker ihn verstehen. Es muss Ziel der Wissen­schaftler sein, daran zu arbeiten, diesen Teil möglichst groß zu machen.
 
 
Das das gelingen kann zeigt
  • einerseits das Beispiel der Theoretischen Physik: Erst nachdem Steven Hawking mit seinem Buch "Eine kleine Geschichte der Zeit" den Anfang gemacht (sozusagen das Eis gebrochen hat), begannen auch andere theoretische Physiker ähnliche Bücher zu schreiben. Vorher gab es, so weit ich sehen kann, gar keine allgemein verständlich dargestellten Teile der theoretischen Physik (höchstens kurze Berichte über spektakuläre, durch die Experimentalphysik oder die Astronomie schon bestätigte Ergebnisse).
     
  • zum anderen aber schreibt Trawny ja selbst, dass "es inzwischen viele Philosophinnen und Philosophen gibt, die sich auf die Befriedigung des philosophischen Bedürfnisses der Menschen verstehen. Sie haben die Fähigkeit, klare Fragen zu stellen und diese auch klar zu beantworten. Das unterscheidet sie von den alten, klassischen Philosophen, die sich scheinbar vorgenommen haben, ganz und gar dunkel zu schreiben. Während diese ältesten Denker dem Ideal der Klarheit nicht genügen, haben die aktuellen Philosophinnen und Philosophen die lang vermisste Fähigkeit zur Verständlichkeit entwickelt. Keine Frage, dass diese Erscheinung zu begrüßen ist". (zitiert aus [1]).

 
Wenn Verständlichkeit aber gelingen kann, dann muss man sie doch auch anstreben!
Solchem Bestreben  s i n d  Grenzen gesetzt – bisher aber werden sie selten erreicht (Kants Schriften sind gutes Beispiel hierfür).
 
 
Man lese auch:

 

 Beitrag 0-518
Wo Markus Gabriels Philosophie sich zu » Kindergartenphilosophie « macht

 
 

 
Zur Güte von Markus Gabriels erkenntnistheoretischer Argumentation

 
Wer daran interessiert ist, sich selbst ein Urteil darüber zu bilden, welcher Wert Gabriels prominentestem Forschungsergebnis "Neuer Realismus und die Existenz der Welt" denn eigentlich zukommt, dem schlage ich vor, ausgehend von folgenden beiden Seiten zu lesen:
 
Insbesondere Rey — selbst der Philosophie kundig — bringt es gut auf den Punkt im Fazit seiner Analyse:
 
    Markus Gabriel kann schreiben und argumentieren. Bloss vereinfacht er vieles, verwendet unklare Begriffe, ignoriert Widersprüche, verwendet rhetorische Kniffs, weshalb seine Gedanken auf den ersten Blick überzeugend klingen mögen — es aber bei genauerem Hinsehen nicht sind. Folgt man seinen Ausführungen kritisch, wird schnell klar, dass es die Welt eben doch geben muss — zumindest die Aussenwelt, welche von Gabriels Hauptargument gar nicht berührt wird und um die es implizit im Titel seines Buches auch zu gehen scheint.

Ich, Gebhard Greiter — Mathematiker und Informatiker — sehe das exakt ebenso.
 
Der renommierte Philosoph Peter Strasser aus Österreich fällt ein noch weit entschiedeneres Urteil in gleicher Richtung.
 
|
 
Was mich nachdenklich macht: Seitens deutscher Hochschullehrer für Philosophie ist mir bis zum heutigen Tag (Dez 2020) keine einzige Stellungnahme bekannt geworden, die Gabriels recht fragwürdiges, aber dennoch mit großer Entschiedenheit zur Selbstvermarktung genutztes Denkergebnis auch nur ansatzweise kritisch beleuchten würde. Und so frage ich mich:
 
Sind all seine deutschen Kollegen stumm geworden? Warum? Fehlt es ihnen an wissenschaftlichem Verantwortungsgefühl, Zivilcourage oder gar an Kompetenz?
 
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Wenn ich mich daran erinnere, wie Karl Jaspers die besondere Qualität philosophischen Denkens charakterisiert hat, fällt mir auf:
 
 
 
Gabriels Philosophie verliert schnell an Wert, wo er denkt,
 
beweisen zu können, was nicht mehr beweisbar ist.
 
Ab da wird sie zu » Kindergartenphilosophie « und ist dann nicht mehr ernst zu nehmen.


 

 Beitrag 0-230
Durch Information (bzw. Naturgesetze) gesteuerte Energie — nur das ist die gesamte Schöpfung

 
 

 
Die gesamte Schöpfung ist

durch Information gesteuerte Energie

 
 
Information existiert in zweierlei Form:
     
  • Als  a b s t r a k t e  Information ist Information weder Bedeutungsträger noch Nachricht, sondern einfach nur etwas, das zur Kenntnis genommen werden kann.
     
  • Als  k o n k r e t e  Information ist Information eine Nachricht, der sich Sender und Empfänger zuordnen lassen.

Eventuell gegebene Bedeutung konkreter Information ist stets durch den Empfänger konstruierte Bedeutung.
 
 
Wie die Quantenphysik uns zeigt, ist Energie ein durch abstrakte Information (die Wellenfunktion des Universums) gesteuerter Drang, Veränderung zu bewirken.
 
Diese Wellenfunktion nämlich legt fest, wie stark jener Drang in Abhängigkeit von Zeit und Ort zu sein hat.
 
Und wie wir wissen, ist jedes Elementarteilchen — jede Portion von Kraft oder Materie — einfach nur solcher Drang: Summe von Feldanregungen, die ihn periodisch auf- und abbauen.
 
 
Wenn der Drang zu wirken sich entlädt, nennt man das einen Kollaps der Wellenfunktion. Er ersetzt die Wellenfunktion schlagartig durch eine neue Version ihrer selbst. Es sind dies die einzig möglichen Ereignisse — die kleinsten Schritte —, in denen die Welt sich verändert.
 
 
Interessant ist, dass zwischen abstrakter und konkreter Information zu unterscheiden uns auch das Verhältnis von Geist zu Materie klar macht:
 
 

 
Was ist Schnittstelle zwischen Geist und Materie?

 
Alle in der Raumzeit möglichen Bewegungen lassen sich mathematisch durch die sog. Poincaré-Gruppe darstellen.
 
Dieser Darstellung lässt sich entnehmen, wie Objekte sich unter Bewegung verändern. Unveränderliche Eigenschaften (sog. Quantenzahlen) machen die Objekte unterscheidbar.
 
Wie die Mathematik der Poincaré-Gruppe zeigt, muss jedes Objekt Energie und Spin haben.
 
Hieraus folgt, dass jede in Zeit und/oder Raum bewegbare Information — schon aus mathematischen Gründen — an einen energetischen Träger gebunden ist.
 
QuBits stellen abstrakte, also nicht bewegbare Information dar. Sie sind  n i c h t  an energetische Träger gebunden.
 
 
Auf Seite 144 des Buches Thomas & Brigitte Görnitz: Der kreative Kosmos finden sich diese Tatsachen zusammengefasst wie folgt:


Görnitz (2002)
 
Konkrete (und somit auch jede durch Messung gelieferte) Information ist aus mathematischen Gründen an energetische Träger gekoppelt.
 
Nur rein abstrakte Information — Quanteninformation etwa, welche ja erst durch Messung zu klassischer Information wird — ist an nichts gebunden [ und ist daher reiner Geist ].
 


Hieraus wird klar:
 
Schnittstelle zwischen Geist und Materie ist der Kollaps der Wellenfunktion.

 
Alles Reale ist einfach nur Bedeutung.

 
 
Und tatsächlich: Unsere Sinne nehmen nur Ergebnisse quantenphysikalischer Messvorgänge wahr.
 
 
Fußnote 1: Hier wird verständlich, warum Hans-Peter Dürr Materie gelegentlich auch als geronnenen Geist bezeichnet hat.
 
Fußnote 2: Wie die Poincaré-Gruppe zeigt, sollte es über Objekte mit Energie und Spin hinaus noch genau ein weiteres geben. Ihm sind weder Energie noch Spin zugeordnet. Sein Zustand wird durch keinerlei Bewe­gung verändert. Man nennt diese Lösung das Vakuum.


 
 
Note: Wo immer eingehender Information Bedeutung zugeordnet wird, geschieht dies durch eine Verknüpfung der eingehenden Information mit schon vorhandener
k o n k r e t e r  Information. Sie kann nur vorhanden sein, wenn der Empfänger der eingehenden Information über ein Gedächtnis verfügt.
 
Gedächtnisinhalte können sein:
     
  •   genetische Information (in früheren Evolutionsschritten gewonnene Erfahrung),
     
  •   im Nervensystem gespeicherte Erfahrung (rein individuelle Erfahrung) und — nur beim Menschen —
     
  •   kulturell überlieferte Erfahrung.