Denken





Techniken des Denkens

   





D i s k u s s i o n


 Beitrag 0-160
Der Urknall: Wo selbst die Wissenschaft an Wunder glaubt

 
 

 
Selbst Wissenschaft stößt auf Wunder

 


Terrence McKenna ( in: Denken am Rande des Undenkbaren ):
 
Die ungeheuere Unwahrscheinlichkeit, auf der die moderne Wissenschft beruht, — ohne dass sie jedoch bereit wäre, sie zur Diskussion zu stellen, — ist die Annahme, das Universum sei in einem einzigen Moment dem Nichts entsprungen.
 
Wenn man das glauben kann, dann dürfte es kaum etwas geben, was man nicht glauben könnte.
 



Augustinus ( 354-430, ein Kirchenlehrer ):
 
Wunder geschehen nicht im Gegensatz zur Natur,
 
sondern nur im Gegensatz zu dem, was wir von der Natur wissen.

 


 
Wie man sieht, vertauschen Wissenschaft und Religion schon manchmal ihre Rollen.
 
 
Quelle: Mathias Bröckers: Das sogenannte Übernatürliche, Eichborn 1998


 

 Beitrag 0-161
Der Mensch — Wird er die nächste planetarische Katastrophe verursachen?

 
 

 
Der Mensch — Saatkorn der nächsten planetarischen Katastrophe?

 


Mathias Bröckers, 1998 :
 
Vor etwa 65 Millionen Jahren hat eine Naturkatastrophe — wahrscheinlich der Einschlag eines großen Metereoiten — nicht nur sämtliche Saurier, die damals mächtigsten Bewohner der Erde, sondern in der Folgezeit auch zwei Drittel aller damals existierenden Lebewesen vernichtet.
 
Heute — so haben Wissenschaftler errechnet — hat die Massenausrottung von Arten ein ebenso großes Tempo erreicht wie nach jenem kosmischen Unfall in der Kreidezeit.
 
Doch dieses Mal heißt die Katastrophe » Mensch « :

 
Nach dem jahrhundertelangen Irrglauben, dass der Mensch die Krone der Schöpfung sei, die Welt beherrsche und sich auf aufsteigendem Ast befinde, kommt uns heute mehr und mehr der Verdacht, dass wir auf dem besten Wege sind, den Ast, auf dem wir — als Gattung — sitzen, abzuschneiden.
 


 
 
Quelle: Mathias Bröckers: Das sogenannte Übernatürliche, Eichborn 1998


 

 Beitrag 0-174
Warum es Kreativität, aber keine nicht relativen Wahrheiten gibt

 
 

 
Was formale Logik

von kreativer Logik unterscheidet

 
 
Nur formale Logik arbeitet garantiert fehlerfrei, denn sie konstruiert auf mathematischem Wege aus als wahr angenommenen Aussagen (sog. Axiomen) mit Hilfe einiger weniger, wiederholt angewandter, absolut eindeutiger Regeln Aussagen, die dann ebenfalls als wahr eingestuft werden.
     
  • Der Vorteil formaler Logik liegt darin, dass sie absolut objektiv arbeitet.
     
  • Wie man heute jedoch weiß, führt formale Logik keineswegs immer zum Ziel (Gödels Unvollständigkeitssatz).

 
Neben formaler Logik gibt es etwas, das man Beurteilungslogik nennen könnte: Man sucht — auf welchem Weg auch immer — nach Aussagen, die plausibel erscheinen, und wird sie als wahr einstufen, wenn sie unter Berücksichtigung möglichst umfangreichen Wissens als » mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wahr « eingestuft werden. Diese Einstufung allerdings wird genau dann subjektiv geprägt sein, wenn sich die Wahrheit der Aussage nicht über formale Logik erschließen lässt.
     
  • Der Vorteil von Beurteilungslogik liegt vor allem darin, dass sie den Denkenden kreativ machen kann (und in sehr viel mehr Fällen zum Ziel führt, als rein formale Logik).
     
  • Erkauft wird dieser Vorteil durch die Tatsache, das Beurteilungslogik notgedrungen fehleranfällig ist.

 
Beiden Denkwegen gemeinsam ist, dass alle mit ihrer Hilfe gefundenen Wahrheiten  b e d i n g t e  Wahrheiten sind, d.h. Implikationen der Form
 
 
{ D, P }  impliziert  W

 
wo P eine Menge wohldefinierter, als wahr anerkannter Aussagen ist und D die Menge aller Definitionen der Konzepte, über die W und P sprechen.
 
Wo unterschiedliche Parteien per Beurteilungslogik zu unterschiedlichen Überzeugungen kommen, liegt das nicht selten daran, dass sie — ohne sich das klar gemacht zu haben — von leicht unterschiedlichen Definitionen D ausgehen.
 
 
Somit gilt stets ( auch im Sinne von Realität vs Wirklichkeit ):
 
 
Alle Logik ist entweder  kreativ = subjektiv und bestechlich:  r e a l e  Logik
 
oder  formal = objektiv und unbestechlich:  w i r k l i c h e  Logik.


 

 Beitrag 0-141
Kann menschliches Denken vollkommen objektiv sein?

 
 

 
Kann menschliches Denken absolut objektiv sein?

 
 
Sicher nicht, denn immer wieder lässt sich feststellen, dass auch wirklich ehrlich um Objektivität bemühte Menschen logisch allzu einseitig argumen­tieren — und das umso deutlicher, je fester sie davon überzeugt sind, recht zu haben.
 
Hier ein prominentes Beispiel:


Der Physiker Honerkamp stellt fest (2015):
 
Papst Bendedikt XVI. wird oft dafür gerühmt, dass er so beherzt gegen den Relativismus gekämpft habe. In diesem Zusammenhang wurde häufig auf die Predigt verwiesen, die er in der Messe des Kardinalskollegiums vor der Wahl des neuen Papstes im Jahr 2015 gehalten hat, wo es u.a. heißt:
 
    Wie viele Glaubensmeinungen haben wir in den letzten Jahrzehnten kennen gelernt, wie viele ideologische Strömungen, weie viele Denkweisen [...].
     
    Das kleine Boot des Denkens vieler Christen ist nicht selten von diesen Wogen zum Schwanken gebracht, von einem Extrem ins andere geworfen worden: vom Marxismus zum Liberalismus bis hin zum Libertinismus; vom Kollektivismus zum radikalen Individualismus; vom Atheismus zum Synkretismus, und so weiter [...].
     
    Einen klaren Glauben nach dem Credo der Kirche zu haben wird oft als Fundamentalismus abgestempelt, wohingegen der Relativismus — das sich 'vom Windstoß irgendeiner Lehrmeinung Hin-und-her-treiben-lassen' — als die heute zeitgemäße Haltung erscheint.
     
    Es entsteht eine Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und als letztes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten lässt.

Dass man als Hüter eines religiösen Glaubens kein Freund des erkenntnistheoretischen Relativismus ist, muss man aus Konsistenzgründen wohl akzeptieren.
 
Aber muss man deswegen den philosophischen Relativismus als ein » vom Windstoß irgendeiner Lehrmeinung Hin-und-her-treiben-lassen « diskreditieren und verächtlich machen und dieses ihm unterstellte Treibenlassen dann auch noch auf die moralische Ebene übertragen?
 
Und sollte der Relativismus wirklich eine Diktatur sein, dann wäre sie mir lieber als eine Diktatur der "Wahrheit".
 
Der italienische Philosoph Gianni Vattimo hat das auf den Punkt gebracht: » Ich kenne viele Blutbäder, die von Menschen verübt wurden, die dachten die Wahrheit zu besitzen, aber ich habe noch nie von Blutbädern gehört, die von fanatischen Relativisten verübt worden wären. «
 


 
Meine (grtgrt's) persönliche Meinung:
 
So wie selbst mathematische Wahrheiten fast immer nur auf Basis bestimmter Voraussetzungen zutreffen, wird das wohl für alle durch Menschen erkannten Wahrheiten gelten. Und welcher Theologe möchte denn wirklich die Hand dafür ins Feuer legen, dass nicht auch Gott relativ denkt und urteilt?

 

  Beitrag 2110-26
Was Meinungen von Argumenten unterscheidet

 
 

Argumente wollen beantwortet werden.

Meinungen aber wollen nur zur Kenntnis genommen werden.


 

  Beitrag 1489-72
Vererben interessanter Webauftritte

 
 
Bernhard Kletzenbauer in 1489-71:
 
Manu hielt es zum Beispiel für sinnvoll ein Zeitforum zu errichten.
Wird es abgeschaltet wenn er stirbt?


Ich denke da auch an andere Webauftritte, die viel Knowhow enthielten und doch plötzlich verschwunden waren.

Deswegen sollte meiner Meinung nach jeder Webauftritt in seinem Wurzelverzeichnis eine Liste all der Seiten haben und pflegen, die Suchmaschinen (wie Google) als der Öffentlichkeit geschenktes Backup betrachten und deswegen auch noch zeigen dürfen, wenn das Original nicht mehr existiert.

Natürlich bedürfte es dazu der Mitarbeit der Suchmaschinen-Betreiber (bei Google, so denke ich, könnte man da auf offene Ohren stoßen).

Stichwort: Vererbung (Schenkung) von Webauftritten

 

  Beitrag 1149-147
-

 
 
Hans-m aus 1149-142:
 
Hallo Henry,
es ist schön, wie du dich in der Welt der Fremdwörter auskennst.
es wäre schöner, wenn die von deiner Identität ausgeführten schriftlichen Passagen nicht permanent die Nutzung Interaktiver Enzyklopädien, zur Findung einer verbalen Erklärung erforderlich machen würden.
 


Hallo Hans-m,

Henry ebenso wie sehr viele andere, die Fremdwörter (genauer: Fachjargon) benutzen, tun es nur aus dem Grund, weil jenes Wort seiner Semantik nach genauer definiert ist als ein deutsches Wort bzw. eines aus der Umgangssprache.

Auch sollte uns bewusst sein: Jeder von uns kann nur dort dazulernen, wo er auf etwas trifft, das er noch nicht wirklich versteht — und sei es ein Fremdwort.
Es in Wikipedia nachzuschlagen, wird uns immer Gewinn bringen: letztlich verursacht durch den, der uns mit jenem Wort konfrontiert hat.

Gruß, grtgrt

 

  Beitrag 1907-1
Meine kleine Theorie des Denkens

 
Hier zur Diskussion gestellt:

Meine kleine Theorie des Denkens


An mir selbst glaube ich beobachtet zu haben, dass es zwei grundsätzlich verschiedene Modi des Denkens gibt, die sich — wie in einem Staffellauf — regelmäßig abzuwechseln haben:
  • Wer im Büro vor seinem Schreibtisch sitzt (um dort eine konkrete, vielleicht recht knifflige Aufgabe zu lösen), denkt völlig anders als jemand, der z.B. im Zug sitzt, die Landschaft an sich vorbeiziehen sieht, und dennoch in Gedanken dasselbe Problem wälzt:
  • Im Büro bewegt sich mein Verstand, wie ein Hund, der an einer Leine durch einen Park geführt wird und deswegen den Gehweg um nicht mehr als wenige Handbreit verlassen kann.
  • Im Zug dagegen (genauer: wenn ich meine Gedanken in Muße schweifen lassen kann), bewegt sich mein Verstand — wie jener Hund, wenn er von der Leine gelassen wird — eher neben dem Weg, auch mal weiter von ihm entfernt, und hin und wieder unter diesen oder jenen Busch schuppernd. Nicht selten entdecke ich so, an was ich sonst nie gedacht hätte.

Mir ist zudem schon lange klar geworden:

Sich gedanklich in ein Problem zu verbeißen, kann nur über kurze Zeit hinweg hilfreich sein. Genauer:

  • Als Mathematiker hat man hin und wieder Beweise für Theoreme zu finden, die bis dahin noch niemand bewiesen hatte. Einen Beweis für eine schon lange im Raum stehende Vermutung zu finden, kann Wochen, ja sogar Monate dauern. Sich in diesem Fall zu verhalten, wie ein Roboter, der niemals ermüdet, ist völlig falsch aus folgendem Grunde:
    Wer so einen Beweis sucht, ist vergleichbar mit einer Person, die vor einem Urwald steht, in ihm irgendwo — sagen wir in bestimmter Richtung R(1) — einen kleinen Weiher vermutet und sich jetzt mit einer Machete einen Weg nach dort zu erkämpfen beginnt.
  • Unter der Voraussetzung, dass die vermutete Richtung genau stimmt, wäre man tatsächlich am besten ein Roboter, eine Maschine also, die nie ermüdet. Falls die angepeilte Richtung aber nicht genau die richtige ist, würde der Roboter — eben deswegen, weil er nie ermüdet — den Weiher nie finden: Er würde dann ja unaufhörlich in Richtung R(1) laufen und somit am Weiher vorbei, was schließlich zur Folge hätte, dass er sich immer weiter von ihm entfernt.
    Wer den Weg aber als jemand sucht, der ermüdet und deswegen irgendwann mal innehalten muss, um sich auszuruhen, wird während dieser Ruhepause seinen Verstand "von der Leine lassen" und dann wahrscheinlich feststellen, dass statt Richtung R(1) eine etwas andere Richtung R(2) die wahrscheinlichere ist (z.B. deswegen, weil man sich plötzlich bewusst wird, dass die bisherige Richtung, aus diesem oder jenem Grund, an den man zunächst gar nicht gedacht hatte oder der erst jetzt bemerkbar wird, nicht wirklich richtig sein kann). Mehrfache Korrekturen solcher Art führen uns dann i.A. wirklich hin zum gesuchten Ort.

Meine Konsequenz daraus:

Die Tatsache, dass der Mensch unweigerlich ermüdet, mag ein Grund dafür sein, dass er kreativ ist, also Dinge findet, die er niemals finden würde, wenn er ermüdungsfrei wäre und so seinen Geist auch niemals "von der Leine lassen" würde.

Wer jetzt denkt "Hurra, da brauch’ ich mich bloß ein bisschen auf die faule Haut zu legen und schon wird alles gut", den muss ich enttäuschen:

Es gibt Aufgaben, z.B. Rechenaufgaben bestimmter Art, die sind so schematisch und dennoch so komplex, dass sie sich wirklich nur mit engelsgleicher Geduld lösen lassen und unter unbeirrbarem Festhalten am einmal gewählten Weg (ich denke da z.B. an Störungsrechnung in der Physik).

Solche Rechnungen aber lösen wir i.A. dadurch, dass wir ein Programm schreiben, das uns gestattet, sie einem Computer zu überlassen — immer vorausgesetzt, wir halten vorher inne, um so zu erkennen, dass dieser Weg der bessere ist.

Dass Leute zu wenig innehalten und deswegen stur wie ein Ochs die Ackerfurche entlang gehen, ist gar nicht so selten. Wenig erfahrene Software-Tester etwa, so meine Beobachtung, werden oft nicht müde, ein und dieselben komplizierten, sterbenslangweiligen Eingaben immer wieder im Dialog zu machen, ohne sich Rechenschaft darüber zu geben, dass den Test zu automatisieren, viel besser wäre (und ihn zudem noch nachvollziehbar machen würde).

Auch das ist ein Beispiel dafür, dass "den Verstand von der Leine zu lassen" oft effektiver ist, als wild "an der Leine zu zerren", an der man selbst oder andere ihn zu führen suchen.
 

  Beitrag 1907-2
Zunehmende Weisheit geht einher mit abnehmender Kreativität

 
 
Interessant ist auch, welche Art des Denkens man in welchem Alter bevorzugt:


Richard Feynman war einer der wenigen Physiker, die wirklich ihr ganzes Leben lang mathematische Denkwege mit derselben Leichtigkeit gegangen sind, wie rein umgangsprachlich formulierte.

Dennoch war auch ihm schmerzlich bewusst, dass das Alter kein Freund des Physikers ist. An vielen Bürotüren im Caltech hing folgender Vers, den man Dirac zuschreibt, der lange Zeit Feynmans Vorbild war (dessen Widerstand gegen die Renormierungsmethodik Feynman dann aber doch nicht mehr verstehen konnte — was ihm die Wahrheit im Vers wohl besonders präsent machte):


Age, of course, is like a fever chill
That every physicist must fear.
He is better dead than living still
When once he's past his 30-th year.



Man kann diese Beobachtung auf Kreativität ganz allgemein bezogen sehen, doch denke ich, dass insbesondere rein formales Denken uns Menschen mit zunehmendem Alter zunehmend schwerer fällt (ich kann das auch an mir selbst durchaus beobachten).

In diesem Zusammenhang ist eine Studie interessant, die zeigt, dass selbst Leute, die hauptberuflich Wissenschaftler sind, mathematische Formulierung fürchten und zu meiden suchen: siehe den Artikel Schreckgespenst Mathematik.

Das ist schade, denn es könnte schon in wenigen hundert Jahren — dann nämlich, wenn der Mensch gelernt haben wird, Roboter zu bauen, die man von Menschen kaum noch unterscheiden kann — dazu führen, dass Roboter zu einer Art Übermensch werden ...

Isaak Asimov scheint mir ein wirklicher Visionär gewesen zu sein ...

 

  Beitrag 1942-1
Zu wörtlich Genommenes führt an der Wahrheit vorbei

 
 
Eine Meinung Platons war:

Alles sinnlich Wahrnehmbare ist nur unvollkommenes und daher recht fragwürdiges Abbild der Wirklichkeit.


Hier EINE mögliche Anwendung dieser Erkenntnis:


Wenn ich Platons Höhlengleichnis neben das stelle, was Niels Bohr uns über der Physiker Möglichkeiten sagt, die Natur zu verstehen (siehe 1896-52), so scheint mir klar:

Beider Beispiele sind treffende Illustration ein und derselben Erkenntnis, die da wäre:


Zu wörtlich genommene Beobachtung führt an der Wahrheit vorbei.

Was wir registrieren, ist schon allein deswegen ein meist nur unvollkommenes Bild der eigentlichen Sache.



Und das ist auch so, wo wir uns gegenseitig Konzepte oder Wahrheiten gezielt mitzuteilen versuchen:

Die Sprache nämlich, die zu nutzen wir gezwungen sind, ebenso wie Beispiele, auf die wir uns mit beziehen müssen, um überhaupt verstanden zu werden, wirken nicht selten wie zu wenig robuste Kartons, in denen beschädigt wird, was wir zu transportieren wünschen.

Man könnte auch sagen: Wie ein Photo übers Fax nur unvollkommen ankommt, so unvollkommen kommt an, was wir zu sagen versuchen. Nur diejenigen unserer Zuhörer, die auf derselben Abstraktionsebene denken wie wir auch, werden uns RICHTIG verstehen.

Wer z.B. die Schöpfungsgeschichte in der Bibel allzu wörtlich nimmt, kommt zum Schluss, was in der Bibel steht, sei Unsinn. Wer sich aber vor Augen führt, welche sprachlichen Bilder den Autoren der Bibel damals zur Verfügung standen und IHNEN somit am ehesten geeignet erschienen, die mitzuteilende "Idee" zu transportieren,
dem wird schnell klar, wie große Ähnlichkeit die moderne Urknalltheorie mit den wesentlichen Aussagen der biblischen Schöpfungsgeschichte hat.


Interessant noch:

Mathematische formulierte Wahrheiten sind die einzigen, die man nie zu wörtlich und auch nie zu wenig wörtlich nehmen kann.

Sie sind — genau deswegen — die einzigen, die sich beschädigungslos von Kopf zu Kopf transportieren lassen.


grtgrt

 

  Beitrag 1942-10
Über den (sehr) hohen Stellenwert perfekter Sprachbeherrschung

 
 
Gregor Lämmer aus 1942-9:
 
Die Sprache richtig zu beherrschen, ist eine Kunst, derer nur wenige fähig sind. Trotz aller Mängel der Sprache kann ein genialer Mensch mit der Sprache mehr ausdrücken, als in ihr enthalten ist.

Hierbei denke ich an Nicolás Gómez Dávila, der dies sehr trefflich ausgedrückt hat in dem Satz:

Unnütz, jemandem einen Gedanken erklären zu wollen, dem eine Anspielung nicht genügt.

An alle:

Was Gregor hier sagt, spricht mir aus der Seele.

Leider wissen heute zunehmend weniger Deutsche den Wert perfekter Sprachbeherrschung zu schätzen.


Das gilt leider auch für Germanisten, wie sie mit ihrer misslungenen Rechtschreibreform selbst bewiesen haben — Schande über sie!

grtgrt
 

  Beitrag 1942-30
Daten — Information — Deutung — Reaktion

 
 
Irena aus 1942-29:
 
wenn man beginnt, sich mit der Deutung der Information zu beschäftigen, kommt man zum Schluss, dass die Erklärung der Information als alleinigen Gründer der Materie unsinnig ist. Weil die Information immer mit einer Deutung komplementär ist.

Hallo Irena,

im Grunde genommen, muss man die folgenden 4 Begriffe nebeneinander stellen:
  • Daten (als Form, in der uns Information — irgendwie kodiert — erreicht),
  • diese Information selbst,
  • ihre Deutung
  • und die aufgrund der Deutung erfolgende Reaktion auf jene Information.

Zunächst ist festzustellen:
  • Ein und dieselbe Information kann in Form verschiedener Daten vorliegen (kann also verschieden kodiert und transportiert sein).
  • Geeignetes Abstrahieren von diesen Formen liefert uns die Information selbst (sofern wir beim Dekodieren keinen Fehler machen).
  • Jene Information zu deuten bedeutet dann nichts anderes, als zu versuchen, sich all ihre Konsequenzen auszumalen (formal gesprochen: Deutung = Übergang zur transitiven Hülle). Da jenen Übergang zu finden, schwierig sein kann, wird man dabei i.A. Fehler machen — und wenn es nur der Fehler ist, einige Konsequenzen schlichtweg zu übersehen.
  • Der Wissensstand, bei dem man so angelangt ist, triggert dann eine Reaktion, die die Realität verändert und so zu neuen Daten führt.

Diesen Zyklus immer und immer wieder zu gehen, bezeichnet man als Informationsverarbeitung — was nichts anderes als ein Prozess ist, der schrittweise Daten entgegennimmt und schrittweise Reaktion darauf erzeugt.

Der den Prozess treibende Mechanismus — ein Mensch, oder die Natur selbst — funktioniert nicht voll deterministisch.

Das wiederum hat zur Folge, dass die Reaktion durch die eingehenden Daten nicht wirklich eindeutig definiert ist (als Mensch macht man Fehler, als Natur funktioniert man im Kleinsten absolut zufällig, liefert also für unteilbare Ereignisse zufällige Reaktion, die statistisch gesehen aber dennoch wieder durch existierende Information ψ beschrieben ist).

Der Korridor der Möglichkeiten, die so zu Realität werden können und teilweise auch werden, ist demnach durch ψ — die Wellenfunktion des Universums — beschrieben und eingegrenzt.

Die Natur — als der Mechanismus, der den Prozess abarbeitet — ist gegeben durch die 4 Grundkräfte. Sie, so vermutet man heute, könnten auf eine einzige Kraft zurückführbar sein, die man dann — so meine ich — gut als den "Geist" der Natur sehen könnte.

Materie wird dann also letztlich — so wie in Beitrag 1924-1 beschrieben — durch jenen "Geist" geschaffen.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1942-32
Wie Informationsverarbeiter funktionieren sollten

 
 
Irena aus 1942-31:
Hallo grt,
ich denke, du bist zu sehr gefangen in der Welt der Programmierer.

Du magst recht haben, denn derzeit bin ich in erster Linie Informationsverarbeitungs-Experte (das beinhaltet Programmierung, ist aber noch deutlich mehr).

Auch sehe ich mich in dieser Rolle selbst als einen Information verarbeitenden Mechanismus, der nach dem oben beschriebenen Prinzip funktioniert und sich dabei bemüht, möglichst wenig Fehler zu machen, d.h.
  • gründlich zu lesen und genau zuzuhören (d.h. bei der Überführung empfangener Daten in Information jene dann nicht verfälscht oder zu stark reduziert vorliegen zu haben)
  • so erhaltene Information korrekt zu deuten (sprich: nichts dazu zu phantasieren, keine Vorurteile zu haben, und beim Bilden ihrer transitiven Hülle logisch korrekt vorzugehen) und schließlich
  • Verarbeitungsergebnisse zu erzeugen (= Reaktion), die anderen nützen und andere provozieren, mir möglichst viele weitere Daten – weitere Information also – zu liefern.

Zitat von Irena:
Zunächst kann du die Reaktion vergessen. Nicht jede Wahrnehmung einer Information bedeutet folgende Reaktion.

Auch wenn die Reaktion leer ist, sollte man sie nicht vergessen: Auch eine leere Reaktion ist eine Reaktion (und die Tatsache, dass sie leer ist, kann Bedeutung tragen).

Die leere Reaktion auch als Reaktion zu sehen ist ebenso nützlich, wie eine Zahl 0 zu haben oder — in der Mengenlehre — den Begriff der leeren Menge.


Zitat von Irena:
Sagen wir Daten ist Information.

Man sollte die beiden Begriffe NICHT gleichsetzen, da verschiedene Daten dieselbe Information darstellen können.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1942-34
Warum es wichtig ist, Fehler machen zu dürfen (und auch tatsächlich welche zu machen)

 
 
Irena aus 1942-33:
Dennoch bist du "verdammt" Fehler zu machen.

Das ist absolut richtig, und es gilt für mich ebenso wie für jeden anderen.

Aber ich habe mich oft gefragt, ob nicht genau diese Tatsache letztlich der Grund dafür ist, dass Menschen auch kreativ sind.


Der Grund, warum auch das Machen von Fehlern wichtig ist — ganz gleich, ob wir oder unsere Geschrächspartner sie machen — ist wohl der, dass jeder  e r k a n n t e  Fehler uns zwingt, eine Stelle genauer zu betrachten, über die wir sonst allzu flüchtig hinweg gegangen wären:

Fehler zwingen uns, Dinge genauer zu betrachten, als wir es sonst täten — und haben so nicht selten positive Konsequenzen ...


Zitat von Irena:
 
Es lässt sich hier eine Analogie mit der Mutationen zu ziehen. Wäre der Mechanismus der Zellteilung so perfekt, dass keine Mutationen entstünden, wäre keine Evolution möglich.

... und wohl auch keine Kreativität.

Denn mit dir bin auch ich der Meinung, dass — wo zu viele Mutationen einander zu schnell ersetzen — sie keine Zeit haben, einander zu ergänzen um so zu neuen Schöpfungen zu führen (zu komplexeren ebenso wie zu schöneren oder sinnvolleren).


Mit besten Grüßen,
grtgrt
 

  Beitrag 1916-7
Warum man versuchen sollte, eine Theorie zu widerlegen, bevor man sie als Unsinn einstuft

 
 
An alle (und besonders an E...):

Mein Prinzip ist das von Feynman, d.h.

Solange eine Theorie nicht schlüssig widerlegt ist,

sollte man sie nicht lächerlich machen (oder als esoterisch einordnen),

sondern man sollte Gründe finden, die dazu geeignet sind, sie als widerlegt zu betrachten.



Karl Popper bemerkt ganz richtig: Es ist einfacher, eine Theorie zu widerlegen, als sie zu beweisen.

Meine Konsequenz daraus: Wer nicht mithelfen will, sie zu widerlegen, der schweige wenigstens.

Beste Grüße,
Gebhard Greiter (grtgrt)
 

  Beitrag 1916-9
Was Karl Popper wirklich gesagt hat (1)

 
 
Okotombrok aus 1916-8:
 
Zitat von Grtgrt:
 
Karl Popper bemerkt ganz richtig: Es ist einfacher, eine Theorie zu widerlegen, als sie zu beweisen.

Das scheint aus dem Gedächtnis zitiert zu sein, gesagt hat er

Zitat von Karl Popper:
 
Ein Satz (oder eine Theorie) ist dann und nur dann empirisch wissenschaftlich, wenn er falsifizierbar ist.
Popper, Karl: Handlexikon zur Wissenschaftstheorie. München, Deutscher Taschenbuchverlag, 2. Auflage 1994. Seite 82


Man sollte nur in Ausnahmefällen aus dem Gedächtnis zitieren. Erst ein ordentliches Zitat mit Quellennachweis ermöglicht es dem Leser, die Aussage im Kontext zu verstehen und überhaupt erst zu überprüfen.
 


Ich grüß’ dich, Okotombrok,

ja, du hast recht, ich habe nur sinngemäß zitiert (eben aus dem Gedächtnis), und zudem gebe ich dir recht: Besser wäre ein wörtliches Zitat. Das aber erfordert, jene Stelle auch wirklich zu finden. Nun arbeite ich aber leider in keiner Umgebung, die mir einfachen Zugriff auf entsprechende Literatur gewähren würde. Die meisten Bücher, die ich gelesen habe, waren ausgeliehen. Sie nochmals einzusehen, könnte mich sehr viel Zeit kosten — Zeit, die ich nicht habe.


Da man mir (ebenfalls in diesem Forum) schon mal vorgeworfen hat, ich würde zu viel zitieren und zu wenig selbst nachdenken, sei an dieser Stelle festgestellt:

Um einzusehen, dass es einfacher ist, eine Theorie zu widerlegen als zu beweisen, muss man nicht unbedingt wissen, was Popper denn nun wortwörtlich gesagt hat.

Die Theorie etwa, "Alle Menschen haben rote, blonde oder schwarze Haare"
  • ist widerlegt, sobald man eine Person gefunden hat, die entweder Glatzkopf ist oder schlohweißes Haar hat.
  • Umgekehrt würde eine Bestätigung der These erfordern, die Haarfarbe sämtlicher Menschen festzustellen — was praktisch unmöglich ist.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1916-12
Was Karl Popper wirklich gesagt hat (2)

 
 
Henry aus 1916-10:
Grtgrt aus 1916-7:
 
Karl Popper bemerkt ganz richtig: Es ist einfacher, eine Theorie zu widerlegen, als sie zu beweisen.

Herr Popper bezieht sich auf Theorien, die eine experimentell bestätigte Basis haben, und nicht auf Theorien, die sich weder beweisen noch widerlegen lasse.
 

Hi Henry,

die Tatsache, dass ich keine Gänsefüßchen gesetzt habe, zeigt, dass ich nur sinngemäß zitiert habe.

Und weiter: Glaubst du wirklich, dass Popper den Gedanken in dieser einfachen Form, in der ich ihn mir gemerkt habe, nicht auch gedacht hat?

Desweiteren bin ich der Meinung: Was andere sagen — und seien sie noch so berühmt — soll uns vor allem Anregung sein, weiter zu denken. Welchen Sinn sollte es machen, dort stehen zu bleiben, wo ihnen die Kräfte ausgingen? Ihr Verdienst ist, uns den ersten Teil des Weges erspart zu haben — von jener Haltestelle dann weiter gehen müssen wir schon selbst (auch sie würden von uns sonst nur enttäuscht sein).

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 2035-187
Was Karl Popper wirklich gesagt hat (3)

 
 
Bauhof aus 2035-183:
 
Eine Theorie in der Physik ist nicht beweisbar, sondern nur widerlegbar (Karl Popper).

Hi Eugen,

wenn Popper davon spricht, dass nur widerlegbare Theorien Sinn machen, will er damit keineswegs sagen, dass eine Theorie nicht beweisbar sein kann.
Es geht ihm vielmehr darum, dass man als Theorie nur etwas bezeichnen sollte, dessen Wahrheit  e n t s c h e i d b a r  ist (prinzipiell wenigstens).

Hätte man nämlich eine Theorie, die weder beweisbar noch widerlegbar ist, wäre die ja absolut nutzlos.

Beispiel einer beweisbaren — und gerade deswegen NICHT widerlegbaren — Theorie ist z.B. die Ansicht "Die Quadratwurzel aus 625 ist 25". Sie ist
  • zutreffend,
  • beweisbar
  • nicht widerlegbar
  • und ganz sicher eine Theorie für jeden, der sich noch keinen Beweis dafür überlegt hat.

Popper spricht wohl auch nicht von "widerlegbar" sondern von "falsifizierbar" und meint damit:


Sollte die Theorie falsch sein, muss es möglich sein, ein Gegenbeispiel zu finden — einen Beweis dafür, dass sie falsch ist.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1916-15
Was es bedeutet, eine physikalische Theorie zu beweisen

 
 
An alle:

Wer schon mal in einer dunklen Nacht einen längeren, total unbeleuchteten Weg durch Wald oder Felder gegangen ist, der wird wissen, wie froh man ist, irgendwann dann doch wieder auf ein oder zwei Straßenlaternen zu treffen: Sie zeigen uns, dass wir noch auf dem rechten Weg sind.

Wo ich jemand zitiere, den ich für kompetent halte, spielen solche Zitate für mich deselbe Rolle wie jene Straßenlaternen: Sie zeigen mir — und hoffentlich auch dem Leser meiner Beiträge — dass da jemand so ähnlich dachte wie ich, und ich deswegen so falsch nicht liegen kann.

Den genauen Wortlaut zu kennen, wäre interessant, ist aber nicht so wichtig, wenn man sicher sein kann, dass derjenige wirklich so gedacht hat.

Mit anderen Worten: Was mein Verhältnis zu Theorien betrifft, ist es genau so, wie H... das in Beitrag 1916-14 beschreibt.


PS: Vielen Dank für den Link, H.... Ich wusste bisher nicht, dass jemand sich schon Gedanken darüber gemacht hat, wie Universen interagieren könnten (Ausnahme natürlich die Theorie, nach der Baby-Universen aus Schwarzen Löchern hervorgehen).

Gruß
grtgrt
 

  Beitrag 1923-19
Nur mathematische Gesetze, NICHT aber mathematische Methodik sind Naturgesetz

 
 
Henry aus 1923-15:
Die Mathematik funktioniert aber nur, wenn wir ihr Werte bereitstellen, sie liefert die Werte nicht aus sich heraus.

Hi Henry,

da kann ich dir nicht recht geben — insbesondere alle Stringtheoretiker sehen das ganz anders. Sie nämlich werden nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass
  • das Standardmodell der Elementarteilchen-Physik etwa 20 freie Variable hat (Werte also, die es NICHT selbst bereitstellt),
  • wohingegen die Stringtheorie – die das Verhalten der Natur zu modellieren, rein nur mathematische Gesetze betrachtet – alle jene Konstanten selbst schon liefert. Stringtheorie kennt nur einen Parameter: die String-Kopplungskonstante. Ihr Wert ist spezifisch zu einem (der vielen möglichen) Universen.

Henry aus 1923-15:
Außerdem wissen wir, dass die Mathematik selbst nicht vollständig ist.

Auch das ist so nicht richtig: Kurt Gödel hat lediglich bewiesen, dass kein formaler KALKÜL, der wenigstens die natürlichen Zahlen und alle für sie gültigen Gesetze der Addition und Multiplikation modellieren kann, nicht beides sein kann: vollständig UND widerspruchsfrei.

So ein Kalkül aber ist nur ein kleiner, wenn auch wesentlicher Teil der Mathematik. Im übrigen darf man mathematische Methodik nicht verwechseln mit mathematischen Gesetzen — nur jene sind Naturgesetz.


Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1923-39
Gödels Satz - eine Klarstellung

 
 
Hi Henry,

natürlich ist es für Leute, die keine Vorlesungen über mathematische Logik gehört haben, schwierig, zu verstehen, was Gödels Satz genau sagt.

Wenn du mir nicht glaubst, dann glaube vielleicht Lothar Schäfer (habe eben jetzt im Index zu seinem Buch nachgesehen und bin so zu Seite 71 geführt worden, wo steht):

Zitat von Schäfer:
 
In der Mathematik ist Gödels Theorem der Beweis, dass komplexe logische Systeme, wie Arithmetik, zu ihrer Begründung Postulate benötigen, die sie nicht mit ihren eigenen Lehrsätzen beweisen können, sondern nur mit Begriffen eines umfassenderen Systems, das sozusagen auf einer höheren Stufe operiert.

Kein mathematisches System ist in sich abgeschlossen, weil Axiome, die für den Beweis seiner Lehrsätze benötigt werden, sich nicht selbst beweisen können.
 


Der springende Punkt ist:

Jeder KALKÜL im Sinne von Gödels Satz ist nur EIN logisches System.


Die Mathematik als Ganzes (als Vereinigung ALL ihrer logischen Systeme) kann man vergleichen mit einer Ebene, die komplett überdeckt ist mit Kreisringen, die sämtlich denselben Mittelpunkt M haben. Jeder dieser Kreisringe R( K) entspricht EINEM der mathematischen Kalküle K, und es gilt:
  • Aussagem in Inneren des Kreisringes R(K) sind die Axiome, auf denen K aufbaut (die K also nicht beweisen kann bzw. als wahr voraussetzt).
  • Aussagen auf dem Kreisring R(K) sind all die Aussagen, die K beweisen kann.
  • Alle weiteren Aussagen liegen ausserhalb von R(K). Sie zu beweisen benötigt man einen mächtigeren, dem K übergeordneten Kalkül. Auch der aber ist ein mathematischer Kalkül.

Nochmals also: Verwechsle bitte nie die Mathematik mit nur einem einzigen formalen Kalkül.

Was ich als den Mittelpunkt M aller R(K) bezeichne ist im übrigen nichts anderes als das Axiom vom Widerspruch (Aristoteles hat es wohl als Erster in seiner überaus grundlegenden Bedeutung klar erkannt). Es ist Basis all unseres logischen Denkens.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 2060-47
Nur versucht, die Gedanken anderer logisch nachzuvollziehen, wird dazulernen

 
 
Emmins in 2060-45:
 
Ich neige dazu, Diskussionen durch zusätzliche Gesichtspunkte etwas komplizierter zu machen. Gerade wenn man Lösungen für Probleme sucht, tut man m.E. gut daran, Positionen anderer nachzuvollziehen ...


Gerade das scheint mir ein besonders sinnvolles und fruchtbares Vorgehen ...

Interessanter für jeden an solcher Diskussion Beteiligten wird es zudem noch sein.

 

  Beitrag 1964-93
Was man braucht, eine Hypothese als NICHT-falsifizierbar zu erkennen

 
 
Irena aus 1964-90:
Grtgrt aus 1964-89:
 
Wodurch siehst du bewiesen, dass die Hypothese der Baby Universen nicht falsifizierbar sei?

Nicht ich muss beweisen. Es muss ein beobachtbarer Tatbestand geben, dem diese Hypothese widerspräche.

Hi Irena,

aus meiner Sicht, ist die Sache so:

Eine Hypothese ist falsifizierbar, sobald man sich eine Situation vorstellen kann, die jener Hypothese widerspricht (z.B. ein Experiment mit entsprechenden Ausgang).

Daraus folgt:
    Solange man sich keine solche Situation vorstellen kann, kann man die Hypothese nicht als falsifizierbar bezeichnen — als NICHT falsifizierbar erkannt ist sie deswegen aber noch lange nicht (!). Vielmehr ist über ihre Falsifizierbarkeit einfach noch nicht entschieden.
    Das liegt daran, dass man ja nicht ausschließen kann, dass — irgendwann in der Zukunft — jemand doch ein Experiment findet, dem ein Ausgang möglich sein könnte, der die Hypothese als falsch entlarvt.
Somit ist klar:
    Eine Hypothese darf erst dann als NICHT falsifizierbar bezeichnet werden, wenn es einen Beweis dafür gibt — ein logisches Argument also, welches aus der Annahme, sie sei falsifizierbar, einen Widerspruch herleitet.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1995-22
Ontologie vs Ontosophie

 
 
Henry aus 1995-21:
 
Warum schreibst du dann nicht "mit den Sinnen erfassen", z. B.? Wenn ich dich zitieren darf: "Jeder Gegenstand G, den man anfassen und fühlen kann, ist eine Konfiguration von Elementarteilchen." Für mich ist das mitnichten hinreichend allgemein formuliert. ...


Und "Ontologie" ist die Lehre vom "Sein".


Nun, Henry,

vielleicht hast du recht. Habe das jetzt korrigiert zu "Jeder Gegenstand G, den man anfassen, fühlen oder auch nur sehen kann".


Unser Missverständnis, die Ontologie betreffend, war darauf zurückzuführen, dass

Ich würde es tatsächlich vorziehen, wenn die Philosophen statt "Ontologie" treffender "Ontosophie" sagen würden. Irgendwie scheinen sie dieses Wort aber nicht gemocht zu haben, da es ja — obgleich erst Mitte des 18. Jahrhunderts aufgekommen — heute wohl nicht mehr gebraucht wird.

Wie so oft bei Philosophen, scheint mir ihre Definition auch sonst wenig logisch: Was bitte soll "das Ende" denn mit "dem Sein" zu tun haben?

Auch der Unterschied zwischen dem "Sein" und dem "Seienden" ist mir keineswegs klar.

Und führt nicht das auf der Philosophenseite (dort von einem Philosophen) gegebene Beispiel im Bild zur Dreifaltigkeitslehre eher auf Ontologie im Sinne der Informatiker?


Danke also, habe was dazugelernt.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1997-155
Das unfruchtbare (mittelalterliche) Denken und das neue (wissen

 
 
Harti in 1997-153:
 
Der Hinweis auf irgendwelche Autoritäten, die anderer Ansicht sind, überzeugt mich nur, wenn ich aus deren Darlegungen folgern kann, dass meine Ansichten falsch sind.


Genau so soll man sich verhalten!

Nebenbei: Es gilt heute — im Gegensatz zum frühen Mittelalter — als unwissenschaftlich, Argumente, die man sich zutraut nachzuprüfen, im Zweifelsfalls nicht auch 
w i r k l i c h  nachzuprüfen und ggfs. zu  v e r w e r f e n :  Natürlich nur unter Vorlage schlüssigerer Argumente.


Wer das nicht zulassen will, denkt wie die kirchlichen Inquisitoren, welche die Begründer modernen wissenschaftlichen Denkens eingesperrt, gefoltert oder sogar am lebendigen Leibe verbrannt haben.

 

  Beitrag 2016-43
Was es bedeutet, wie ein Wissenschaftler zu denken

 
 
Henry aus 2016-41:
 
Keine (physikalische) Theorie ist beweisbar, sondern nur falsifizierbar.

Na ja: Zumindestens durch Beobachtung zu bestätigen ist so mache Theorie doch (weswegen denn auch Einstein so scharf drauf war, dass damals jemand sich die Mühe machen sollte, zu beobachten, ob man anläßlich einer Sonnenfinsternis die durch seine Theorie vorhergesagte Ablenkung des an der Sonne vorbeiziehenden Lichts im von ihm vorhergesagten Ausmaß bestätigt fände).

Nebenbei: Einstein hatte Glück, dass das deutsche Team auf der Krim damals — der Spionage verdächtigt — am Arbeiten gehindert wurde.
Zu dem Zeitpunkt nämlich, war seine Vorhersage noch um einen Faktor 2 falsch. Erst zwei britische Teams konnten ihn anlässlich einer in Afrika und Südamerika beobachtbaren späteren Sonnenfinsternis bestätigen — hinsichtlich seiner dann schon korrigierten Vorhersage.

Man sieht: Auch mit dem Falsifizieren ist das so ein Sache ....


Henry aus 2016-41:
 
... oder um nicht ganz abzuheben, es lässt sich nicht entscheiden, ob die Raumzeit real ist oder nicht, ob Raum und Zeit tatsächlich eine Einheit bilden oder nicht, ob es ein Blockuniversum ist oder nicht. Man kann die eine oder die andere Ansicht vertreten, ohne gegen physikalische Gesetze zu verstoßen.

Als mathematisches Objekt betrachtet (oder auch als physikalisches Modell) ist die Raumzeit durchaus hinreichend real, um sagen zu können, ob durch sie Raum und Zeit untrennbar verschmelzen oder ob nur ihre Beziehung zueinander — wie kompliziert auch immer die sein mag — Gegenstand des Modells ist.


Worauf es mir ankommt: Es ist unerheblich, ob man sich als Philosoph, Physiker, Informatiker, oder sonst was sieht — was zählt ist einzig und allein, dass man keiner Aussage einen Wahrheitswert zuordnet, den gültige Logik als falsch oder auch nur als derzeit unbegründet sehen müsste.

Mindestens unterscheiden sollte man hierbei die folgenden 4 einander jeweils ausschließenden Fälle
  • WAHR
  • FALSCH
  • UNENTSCHEIDBAR
  • derzeit keinem dieser Fälle hinreichend gut begründbar zuzuordnen.

Was man da als "hinreichend gut begründbar" zu sehen hat, hängt davon ab, wie sicher man sein möchte (oder anderen suggeriert zu sein).

 

  Beitrag 2016-55
Zum Stellenwert von Falsification

 
 
E... aus 2016-54:
Grtgrt aus 2016-50:
(...)
Und noch eine Sache: Zutreffende Theorien kann man natürlich niemals (zurecht) falsifizieren. Aber genau diese Theorien sind ja die wertvollen (!).
(...)

Was bitte ist denn ein (zu recht oder zu unrecht) falsifizieren?


Etwas zurecht falsifiziert zu haben bedeutet, beim Falsifizieren keinen Denkfehler gemacht zu haben.



Wer z.B. Software testet, denkt oft, der Testtreiber hätte einen Fehler gefunden. Hin und wieder aber stellt sich raus, dass der Fehler im Testtreiber lag, also nicht dort, wo man ihn vermutet hat. Analoges kann natürlich auch beim Versuch der Falsifizierung einer Theorie passieren.

 

  Beitrag 2059-1
Über Streitkultur (speziell im Umfeld Theoretischer Physik)

 
 

Das sicherste Anzeichen dafür, dass jemand die Argumente ausgehen, ist stets, dass er dazu übergeht, nur noch so zu antworten, dass er seinem Gesprächspartner Dummheit vorwirft.

Speziell für Vertreter der Theoretischen Physik gilt, was einer von ihnen selbst sagt (und viele andere denken oder dachten):

Zitat von Magueijo (2003):
 
Tatsächlich gibt es in der Wissenschaft keine bessere Methode, verrückt zu werden, als die Zweifel, die von anderen an der eigenen Idee vorgebracht werden, als persönliche Angriffe anzusehen — selbst wenn die Bemerkungen vor Verachtung oder Bosheit triefen und wenn man absolut sicher ist, dass alle Anwesenden einen für einen ausgemachten Dummkopf halten.

So ist das nun mal in den Naturwissenschaften. Jede neue Idee ist so lange dummes Geschwätz, bis sie jede erbarmungslose Kritik überlebt hat.
 

Sich solch erbarmungsloser Kritik wirklich zu stellen ist notwendig, um zu zeigen, dass die eigene Theorie — obgleich sie falsifizierbar sein sollte — nicht zum Widerspruch geführt werden kann.

 

  Beitrag 1209-32
Die Natür könnte immer "noch verrückter" sein ...

 
 
Haronimo in 1209-29:
 
Obwohl manche hier meinen, dass du zu viel Unsinn verbreitest ...


Das beste, was mir passieren könnte, wäre, wenn es jemand gelänge, mir dies oder das, was ich so schreibe, tatsächlich als Unsinn nachzuweisen ...

Aber so mancher denkt da wohl, dass hoch Spekulatives auf jeden Fall falsch sein müsse.


Ich jedenfalls will nicht vergessen, dass Bohr, Wheeler und einige andere mehrfach darauf hinwiesen, dass man als Theoretischer Physiker gar nicht gewagt genug denken könne: Die Natur könnte immer "noch verückter" sein.

Selbst die Geschichte der Mathematik kennt einige Beispiele, wo nicht die etablierten Professoren recht hatten, sondern der blutige Anfänger (Kronecker vs Cantor sind da ein recht schönes Beispiel).

 

  Beitrag 1209-33
Was Logik uns sagt, hat anderes Gewicht als was Meinungen uns sagen

 
 
Grtgrt in 1209-32:
 
Haronimo in 1209-29:
 
Obwohl manche hier meinen, dass du zu viel Unsinn verbreitest ...


Das beste, was mir passieren könnte, wäre, wenn es jemand gelänge, mir dies oder das, was ich so schreibe, tatsächlich als Unsinn nachzuweisen ...


Meinungen können falsch sein.

Strenge, unangreifbare Logik ist der einzige Kritiker, dem ich mich beuge.

 

 Beitrag 0-17
Nur mathematische Logik führt zu absolut objektiver Schlussfolgerung

 
 

 
Nur mathematische Logik führt zu absolut objektiver Schlussfolgerung

 
 
In der Medizin — das ist zweifelsfrei erwiesen — spielt die Erwartungshaltung der Patienten eine große Rolle: Ein Medikament wirkt umso besser, je mehr der Patient davon überzeugt ist, dass es Wirkung haben wird. Man nennt das den Placebo-Effekt.
 
Aber schlimmer noch: Wo Arzneimittel getestet werden, ist es wichtig, dass solcher Test im Doppel- oder gar Dreifachblindverfahren durchgeführt wird, was bedeutet, dass das Wissen darüber, welcher Patient das zu testende Mittel bekam und wem stattdessen nur ein Placebo verabreicht wurde (ein Mittel also, das gar keine Wirkung haben sollte), weder den Versuchspersonen noch den Personen, die die Versuchspersonen beobachten, bekannt wird.
 
Letzteres zu erreichen kann schwierig sein, wenn das zu testende Mittel noch während des Versuches beobachtbare Nebenwirkungen haben kann: Der die Patienten beobachtende Arzt wird, wo sich solche Nebenwirkung zeigt, — und sei es nur Übelkeit oder Schlaflosigkeit — geneigt sein, anzunehmen, dies sei ein Patient, der das echte Mittel (das Verum) erhielt. Ganz gleich, ob dem dann wirklich so sein sollte: Er wird mindestens unbewusst voreingenommen reagieren, was sich auf jeden Fall dort auf die Objektivität seiner Beobachtungsergebnisse auswirken wird, wo zwischen Wirkung und Nichtwirkung nur schwer unterschieden werden kann.
 
Mit anderen Worten: Es gibt nicht nur den Placebo-Effekt, sondern auch den sog. Experimentator-Effekt, der ebenfalls zu nur scheinbar richtigen Ergebnissen führt.
 
Somit gilt:

Absolut objektive Beobachtung
 
ebenso wie absolut objektive Schlussfolgerung,
 
sind nur möglich, wo sie sich das Erkannte allein mathematischer Gesetzmäßigkeiten wegen zeigt.

 
Mathematik ist demnach der einzige uns bekannte Denkmechanismus, mit dessen Hilfe sich absolut objektive Schlussfolgerungen ziehen lassen.